Tagebuch Eines Vampirs 03. In Der Dunkelheit
erwiderte Damon voller Charme. Dann schenkte er ihr eins seiner blitzartigen, eiskalten Lächeln.
„Aber soll das heißen, daß so deine Wahl lautet? Erinnere dich, wir haben beschlossen, daß du eine Wahl treffen wirst, wenn du deine fünf Sinne wieder beieinander hast.“ Elena starrte ihn an. Natürlich war das nicht ihre Wahl, wenn er es im romantischen Sinne meinte. Sie trug den Ring, den Stefan ihr geschenkt hatte. Sie und Stefan gehörten zusammen. Aber dann erinnerte sie sich an etwas. Nur kurz, wie an das Aufflackern eines Blitzes. Ihr fiel wieder ein, wie sie im Wald in Damons Gesicht geschaut und eine solche Erregung, einen solchen Einklang mit ihm gespürt hatte wie nie zuvor. Als ob er die Flamme, die in ihr brannte, wie niemand sonst verstehen könnte. Als ob sie zusammen alles tun könnten, was sie wollten. Die Welt erobern oder sie zerstören. Als ob sie beide besser wären als alle anderen, die jemals gelebt hatten.
Ich muß total verrückt gewesen sein, dachte sie. Aber die Erinnerung wollte nicht weichen. Und da war noch mehr. Wie Damon sich später in dieser Nacht ihr gegenüber verhalten hatte. Wie er sie beschützt hatte und wie sanft er zu ihr gewesen war.
Stefan beobachtete sie, und sein Ausdruck hatte sich von Streitlust in bitteren Ärger und Furcht umgewandelt. Ein Teil von ihr wollte ihn beruhigen. Wollte sich in seine Arme werfen, ihm versichern, daß sie zu ihm gehörte und daß nichts anderes zählte. Nicht die Stadt, nicht Damon, gar nichts.
Aber das konnte sie nicht tun. Denn ein anderer Teil flüsterte ihr zu, daß die Stadt doch wichtig war. Und der Rest von ihr war total verwirrt. So entsetzlich verwirrt... Sie fühlte, wie sie zu zittern begann und nicht aufhören
konnte. Meine Gefühle sind völlig durcheinander, dachte sie und verbarg das Gesicht in den Händen.
6. KAPITEL
„Sie hat bereits ihre Wahl getroffen. Du hast es selbst gesehen, als du in die Kirche kamst. Das stimmt doch, Elena?“ Stefans Stimme war weder selbstsicher noch fordernd, sondern voller verzweifelter Tapferkeit.
„Ich...“ Elena sah hoch. „Stefan, ich liebe dich. Aber du verstehst nicht. Wenn ich überhaupt im Moment eine Wahl treffen soll, dann ist es die, daß wir alle zusammenbleiben. Nur für jetzt. Verstehst du das?“ Als sie Stefans reglose, steinerne Miene sah, wandte sie sich an Damon. „Verstehst du es wenigstens?“
„Ich glaube schon.“ Er schenkte ihr ein heimliches, besitzergreifendes Lächeln. „Von Anfang an habe ich Stefan gesagt, daß es sehr egoistisch von ihm ist, dich nicht teilen zu wollen. Brüder sollten alles miteinander teilen, nicht wahr?“
„Das meine ich nicht.“ „Nein?“ Damon lächelte wieder. „Nein“, kam Stefan zu Elenas Frage zurück. „Ich verstehe es nicht. Und ich kann nicht glauben, daß du ernsthaft bittest, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er ist böse, Elena.
Er tötet aus reinem Vergnügen. Er hat überhaupt kein Gewissen. Fell's Church ist ihm völlig egal. Das hat er selbst gesagt. Er ist ein Monster...“ „Im Moment ist er jedenfalls hilfsbereiter als du.“ Elena griff nach Stefans Hand und suchte einen Weg, zu ihm durchzudringen. „Stefan, ich brauche dich.
Und wir beide brauchen ihn. Kannst du nicht wenigstens versuchen, das zu akzeptieren?“ Als er nicht antwortete, fügte sie hinzu: „Willst du wirklich in alle Ewigkeit der Todfeind deines Bruders bleiben?“
„Glaubst du denn im Ernst, daß er etwas anderes will?“ Elena starrte auf ihre ineinander verschlungenen Hände. Sie schwieg kurze Zeit, und als sie sprach, war ihre Stimme sehr leise. „Er hat mich davon abgehalten, dich zu töten.“ Sie fühlte, wie Zorn in Stefan aufstieg und langsam wieder schwand. Er gab sich geschlagen und senkte den Kopf. „Das stimmt“, sagte er. „Und wer bin ich schon, daß ich ihn böse nennen darf? Was hat er getan, was ich nicht auch getan habe?“ Wir müssen reden, dachte Elena. Sie haßte seine Selbstzerfleischung. Aber hier war weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort. „Dann stimmst du zu?“ fragte sie zögernd. „Stefan, verrate mir, was du denkst.“ „Im Moment nur das eine. Daß du wieder deinen Willen
durchsetzt. Aber das war ja schon immer so, nicht wahr, Elena?“ Elena schaute in seine Augen. Seine Pupillen waren so stark erweitert, daß die Iris nur noch einen schmalen, grünen Rand bildete. Der Zorn war aus seinem Blick verschwunden.
Die Müdigkeit und Bitterkeit waren jedoch geblieben.
Aber ich tue
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