Tagebuch Eines Vampirs 04. In Der Schattenwelt
antwortete er. Er schien in die Ferne zu blicken. „Sue liegt da drinnen, tot. Sinnlos ermordet. Du hast es auch selbst schon gesagt, Bonnie. Was für eine Welt ist das, die so etwas geschehen läßt? Die zuläßt, daß ein Mädchen wie Sue aus Spaß umgebracht wird, Babies in Afghanistan verhungern oder kleine Seehunde lebendig gehäutet werden? Wenn das unsere Welt ist, was zählt dann überhaupt noch? Es ist doch alles bald vorbei.“ Er hielt inne und schien in die Gegenwart zurückzukehren. „Verstehst du, wovon ich rede?“
„Ich bin nicht so sicher.“ Bonnie zweifelte daran, ob sie es überhaupt verstehen wollte. Matts Vision war zu furchteinflößend. Aber ihr Verlangen, ihn zu trösten, diesen verlorenen Blick aus seinen Augen zu vertreiben, war übermächtig. „Matt, ich..:“
„Wir sind fertig“, verkündete Stefan hinter ihnen. Als Matt sich nach ihm umsah, schien sich sein hoffnungsloser Blick noch zu vertiefen. „Manchmal denke ich, wir sind alle fertig.“ Er entfernte sich von Bonnie, erklärte jedoch nicht, was er mit seinem Satz meinte. „Komm, gehen wir.“
7. KAPITEL
Stefan näherte sich dem Eckhaus zögernd. Fast schien er Angst davor zu haben, was er vorfinden könnte. Halb erwartete er, daß Damon inzwischen seinen Wachposten aufgegeben hatte. Vermutlich war er ein Idiot gewesen, sich überhaupt auf Damon zu verlassen. Doch als er den hinteren Garten erreicht hatte, sah er eine kaum wahrnehmbare Bewegung im Schatten des alten Walnußbaums. Sein Blick, durch das Jagen trainiert und viel schärfer als der eines Menschen, entdeckte eine dunkle Gestalt, die sich gegen den Stamm lehnte.
„Du hast dir aber Zeit gelassen.“ „Ich mußte die anderen erst sicher nach Hause bringen. Und etwas essen.“ „Tierblut“, sagte Damon verächtlich, und betrachtete den kleinen runden Fleck auf Stefans T-Shirt. „Dem Geruch nach ein Kaninchen. Das erscheint auch irgendwie passend, stimmt's?“ „Damon... ich habe auch Bonnie und Meredith Eisenkraut gegeben.“ „Eine weise Vorsichtsmaßnahme.“ Damon lächelte spöttisch und zeigte seine spitzen, weißen Zähne. Der gewohnte Ärger stieg wieder in Stefan auf. Warum mußte Damon immer so schwierig sein? Ein Gespräch mit ihm war wie ein Trip durch vermintes Land. „Okay, ich bin jetzt weg“, fuhr Damon fort und schwang seine Lederjacke lässig über die Schulter. „Ich hab selbst noch was zu erledigen.“ Er warf Stefan ein letztes, unverschämtes Lächeln über die Schultern zu. „Brauchst meinetwegen nicht aufzubleiben.“ „Damon!“ Er drehte sich noch einmal halb um, schien jedoch nicht zuzuhören. „Das letzte, was wir in dieser Stadt brauchen können, ist ein Mädchen, das ,Vampir' schreit oder die typischen Anzeichen zeigt. Die Leute hier haben viel mitgemacht. Sie sind nicht dumm“, warnte ihn Stefan. „Ich werde daran denken.“ Der Tonfall war ironisch, klang aber fast wie ein Versprechen.
„Und, Damon?“ „Was ist noch?“ „Danke.“ Das war zuviel.
Damon fuhr herum. Sein Blick war kalt. Seine Augen waren die eines Fremden. „Erwarte nichts von mir, kleiner Bruder.“ Seine Stimme klang gefährlich. „Denn du wirst dich jedes Mal irren.
Und glaube nur nicht, daß du mich manipulieren kannst. Diese drei Menschen mögen dir folgen, aber ich nicht. Ich habe meine eigenen Gründe, warum ich in dieser Stadt bin.“ Er war verschwunden, bevor Stefan antworten konnte. Jeder weitere Satz wäre sowieso zwecklos gewesen. Damon hörte nie auf etwas, das Stefan sagte. Er nannte ihn ja noch nicht einmal beim Namen. Es war immer dieses spöttische „kleiner Bruder“.
Und jetzt ist Damon abgehauen, um zu beweisen, wie unzuverlässig ist, dachte Stefan. Wunderbar. Er würde etwas Schlimmes anstellen, nur um Stefan zu zeigen, wozu er in der Lage war. Müde lehnte sich Stefan gegen den Walnußbaum und ließ sich daran zu Boden gleiten, um den Nachthimmel zu betrachten. Er versuchte, über das Problem nachzudenken, über das, was er heute erfahren hatte. Über die Beschreibung, die Vickie ihm von dem Mörder gegeben hatte.
Groß, blond, mit blauen Augen, dachte er. Das sollte ihn an jemanden erinnern. Jemanden, den er zwar nicht getroffen, von dem er jedoch gehört hatte...
Es war sinnlos. Er konnte sich nicht auf das Puzzle konzentrieren. Er war zu erschöpft, zu einsam und brauchte dringend Trost. Und die nackte Wahrheit war, daß es keinen Trost mehr für ihn gab.
Elena, er seufzte innerlich, du hast mich angelogen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher