Tagebuch Eines Vampirs 04. In Der Schattenwelt
“
„Schnell“, sagte Stefan. „Vielleicht haben wir noch eine Chance.“ Er machte die Tür auf und war draußen, bevor das Auto richtig angehalten hatte. Aber Bonnie auf dem Rücksitz schluchzte nur.
11 . KAPITEL
Das Auto kam schlingernd hinter einem Polizeiwagen zum Stehen, der quer auf der Straße geparkt war. Überall gab es Lichter. Lichter, die blau, rot und gelb blinkten. Das Haus der Bennetts war hell erleuchtet.
„Bleib hier“, befahl Matt Bonnie knapp, stieg aus und rannte hinter Stefan her. „Nein!“ Bonnie wollte ihn packen und zurückziehen. Der übelkeitserregende Schwindel, der sie befallen hatte, seit Tyler Vickie erwähnt hatte, drohte sie zu überwältigen. Es war zu spät. Sie hatte vom ersten Moment an gewußt, daß es zu spät war. Matt würde auch ermordet werden.
„Du bleibst im Auto, Bonnie. Verriegle die Türen. Ich gehe zu den Jungs.“ Das war Meredith. „Nein! Ich hab's satt, mir von jedem erzählen zu lassen, daß ich im Auto bleiben soll!“
protestierte Bonnie und kämpfte mit dem Sicherheitsgurt.
Endlich sprang er auf. Bonnie weinte immer noch. Vor Tränen fast blind, stolperte sie aus dem Auto und auf Vickies Haus zu.
Sie hörte Meredith dicht hinter sich.
Alle Aktivität schien sich auf die Vorderseite zu konzentrieren.
Menschen schrien durcheinander, eine Frau schluchzte herzzerreißend, und aus dem Polizeifunk drangen knisternd Stimmen.
Bonnie und Meredith liefen sofort nach hinten zu Vickies Zimmer. Was war falsch an dieser Szene? Bonnies Gedanken überschlugen sich. Es war unübersehbar, Vickies Fenster war total offen... aber das war unmöglich. Der Mittelflügel eines Erkerfensters ließ sich niemals öffnen. Wieso flatterten dann die Vorhänge heraus wie weiße Hemdzipfel?
Nicht offen, zerschmettert. Glas lag überall auf dem Kiesweg und knirschte unter den Füßen. Einige Scherben steckten noch wie grinsende Zähne in dein nackten Holzrahmen. In Vickies Haus war eingebrochen worden. „Sie hat ihn hereingebeten!“
schrie Bonnie in ohnmächtigem Zorn. „Warum hat sie das getan? Warum?“ „Bleib hier.“ Nervös fuhr sich Meredith mit der Zunge
über die trockenen Lippen. „Hör auf, mir das andauernd zu sagen. Ich kann das ertragen, Meredith. Ich bin total wütend, das ist alles. Ich hasse ihn!“ Sie griff Meredith' Arm und zog sie nach vorn. Die gähnende Öffnung kam näher und näher. Die Vorhänge kräuselten sich im Wind. Zwischen ihnen war genug Platz, um in das Zimmer zu sehen. Im letzten Moment stieß Meredith Bonnie zur Seite und spähte als erste hinein. Es war zwecklos. Bonnies telepathische Sinne waren hellwach und erzählten ihr bereits alles über diesen Ort. Er glich einem Krater, den ein explodierender Meteor im Boden hinterlassen hat, oder dem verbrannten Skelett eines Waldes nach einem schrecklichen Brand. Die Luft summte noch vom Nachhall übermenschlicher Kraft und entsetzlicher Gewalt. Dieser Ort war geschändet worden. Meredith wandte sich blitzschnell vom Fenster ab, krümmte sich zusammen und würgte. Die Fäuste so fest geballt, daß die Nägel sich tief in die Handflächen preßten, lehnte Bonnie sich nach vorn und schaute hinein. Als erstes überfiel sie der Gestank. Ein nasser Geruch nach Fleisch und Kupfer. Sie konnte ihn fast schmecken, und der Geschmack war so, als hätte sie sich irrtümlich auf die Zunge gebissen. Die Stereoanlage spielte etwas, was sie wegen des Lärms vor dem Haus und dem Rauschen ihres eigenen Blutes in den Ohren nicht erkennen konnte. Ihre Augen, die sich gerade von der Dunkelheit draußen anzupassen begannen, sahen rot. Nur rot.
Denn das war die neue Farbe in Vickies Zimmer. Das Hellblau war verschwunden. Rote Tapete, rote Bettdecken. Rot in großen, makaber fröhlichen Spritzern auf dem Boden. Es war, als ob ein Kind einen Eimer roter Farbe bekommen und sich damit so richtig ausgetobt hätte.
Der Plattenspieler klickte, und die Nadel schwang zum Anfang der Platte zurück. Mit einem Schock erkannte Bonnie den Song, als er erneut begann. „Gute Nacht, mein Schatz.“
„Du Monster“, keuchte Bonnie. Schmerz durchzuckte ihren Magen. Ihre Hand packte das Holz des Rahmens fester und fester. „Du Monster! Ich hasse dich! Hasse dich!“
Meredith hörte es, richtete sich auf und drehte sich um. Sie strich sich zitternd das Haar zurück, schaffte es, ein paar Mal tief einzuatmen und so auszusehen, als hätte sie die Situation im Griff. „Du schneidest dir in die Hand“, sagte sie. „Komm,
Weitere Kostenlose Bücher