Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
Angestellten kannten die Gepflogenheiten von vampirischen Herren, und die jungen Mädchen und Frauen, die zum Nähen herkamen oder auf dem Anwesen lebten, kochten und sauber machten, schienen zu erwarten, dass eine Art Plan erstellt wurde und sie sich als Spender würden abwechseln müssen.
Als Damon dies Elena erklärte, erstickte sie die Idee sofort im Keim, bevor sie auch nur ansatzweise durchgeführt werden konnte. Ihr war klar, dass Damon auf einen stetigen Strom von Mädchen hoffte, auf einen Wechsel zwischen blühenden, rotwangigen und drallen Geschöpfen, die sich mit Freuden » anzapfen« ließen wie Bierfässer. Und das alles für die hübschen Spangen und Kinkerlitzchen, die sie dafür traditionellerweise bekamen.
Es störte Elena nicht, dass auch Sage zwanglos bei ihnen eingezogen war. Nachdem sie gehört hatte, wie Sage Damon vor dem Mob gerettet hatte, der ihm auf dem Weg zum Versammlungsplatz auflauerte, war sie zu dem Schluss gekommen, dass sie, sollte Sage jemals ihr Blut wollen, es ihm ohne zu zögern geben würde. Nach einigen Tagen, als er in der Nähe von Dr. Meggars Haus gelebt und dann zu ihnen in Lady Ulmas Anwesen gezogen war, hatte sie sich gefragt, ob ihre schwache Aura und Damons Schweigsamkeit für ihn nicht vielleicht einer Erklärung bedurften. Also hatte sie ihm immer deutlichere Hinweise gegeben, bis er sich irgendwann gekrümmt hatte und dann mit vor Lachen tränenden Augen (aber war es wirklich nur vor Lachen gewesen?) zu ihr gekommen war und gesagt hatte, dass die Amerikaner doch so ein Sprichwort hätten, oder? Du kannst ein Pferd zum Wasser führen, aber du kannst es nicht zum Trinken zwingen. In diesem Fall, so fügte er hinzu, könne man einen knurrenden schwarzen Panther– ihr übliches Gedankenbild von Damon– zwar zum Wasser führen, wenn man elektrische Viehtreiber und Elefantenfesseln hatte, aber danach wäre man ein Narr, wenn man ihm den Rücken zukehrte. Elena hatte gelacht, bis ihr ebenfalls die Tränen kamen, aber dennoch gelobt, dass, sollte er ihr Blut wollen, ihm ein vernünftiger Anteil sicher sei.
Jetzt war sie einfach dankbar, ihn in der Nähe zu haben. Ihr Herz war bereits zu voll von Stefano, Damon– und sogar Matt, obwohl er sie scheinbar im Stich gelassen hatte–, als dass sie Gefahr lief, sich in einen weiteren Vampir zu verlieben, ganz gleich, wie unglaublich attraktiv er auch sein mochte. Sie wusste Sage als Freund und Beschützer zu schätzen.
Es überraschte Elena, wie sehr sie sich im Laufe der Zeit auf Lakshmi stützte. Lakshmi hatte als eine Art Mädchen für alles begonnen und Besorgungen erledigt, die sonst niemand machen wollte. Aber mehr und mehr war sie zu Lady Ulmas Kammerzofe geworden und zu Elenas Informationsquelle über diese Welt. Lady Ulma war offiziell noch immer bettlägrig, und die Tatsache, dass Lakshmi Tag und Nacht für sie bereitstand, um Nachrichten zu senden, war wunderbar bequem. Außerdem hatte Elena mit Lakshmi jemand, dem sie Fragen stellen konnte, für die andere sie betrachtet hätten, als sei sie verrückt. Mussten sie Teller kaufen oder wurde das Essen auf einem großen Stück getrockneten Brots serviert, das gleichzeitig als Serviette für die fettigen Finger diente? (Teller waren kürzlich eingeführt worden, zusammen mit Gabeln, die jetzt der letzte Schrei waren.) Welcher Lohn stand den Männern und den Frauen des Haushalts zu? (Was von Grund auf neu berechnet werden musste, da kein anderer Haushalt seinen Sklaven einen Lohn zahlte, sondern sie lediglich kleidete und ihnen ein oder zwei » Festtage« im Jahr zugestand.) So jung sie auch war, war Lakshmi doch ebenso ehrlich wie kühn, und Elena bildete sie dazu aus, Lady Ulmas rechte Hand zu werden, sobald es dieser gut genug ging, um ihre Rolle als Dame des Hauses wahrzunehmen.
Kapitel Vierundzwanzig
Liebes Tagebuch,
es ist die Nacht vor dem Abend unserer ersten Party – oder vielmehr unserer ersten Gala. Aber ich fühle mich nicht sehr in Galastimmung. Dafür vermisse ich Stefano zu sehr.
Ich habe auch über Matt nachgegrübelt. Wie er davongegangen ist, so wütend auf mich, ohne auch nur einmal zurückzublicken. Er verstand nicht, dass mir an Damon … etwas liegen kann … und dass ich gleichzeitig Stefano so sehr lieben kann, dass es sich anfühlt, als breche mir das Herz.
Elena legte den Stift beiseite und starrte dumpf auf ihr Tagebuch. Das gebrochene Herz manifestierte sich in tatsächlichen körperlichen Schmerzen in ihrer Brust, die ihr Angst
Weitere Kostenlose Bücher