Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
und die Dämonen und Vampire hier haben schon vor langer Zeit begriffen, dass die Leute vor ihnen mehr Angst haben als vor den Wächtern. Jetzt gibt es hier ungefähr zwölf bis fünfzehn Herrenhäuser oder Höfe und jeder dieser Höfe kontrolliert einen großen Teil des Landes außerhalb der Stadt. Jeder davon lässt auf seinem Land einzigartige Produkte erzeugen und verkauft sie hier in der Stadt. Zum Beispiel gibt es diejenigen Vampire, die schwarzmagischen Wein der Marke Clarion Löss anbauen.«
» Ich verstehe«, sagte Elena, die keine Ahnung hatte, wovon er redete, mit Ausnahme des schwarzmagischen Weins. » Aber im Grunde müssen wir doch eigentlich nur eines wissen: wie man in das Shi no Shi gelangt– dein Gefängnis.«
» Das ist wahr. Nun, am einfachsten wäre es, wenn ihr den Kitsune-Sektor finden könntet. Das Shi no Shi ist eine Ansammlung von Gebäuden, und das größte Gebäude– das ohne Dach, obwohl ihr es vom Boden aus vielleicht nicht erkennen könnt…«
» Das Gebäude, das wie ein Kolosseum aussieht?«, unterbrach Elena ihn eifrig. » Wann immer ich hierherkomme, kann ich die Stadt nämlich irgendwie aus der Vogelperspektive sehen.«
» Nun, das Ding, das wie ein Kolosseum aussieht, ist ein Kolosseum.« Stefano lächelte.
Es war ein echtes, tiefes Lächeln; er fühlt sich jetzt gut genug, um wirklich zu lächeln, dachte Elena glücklich, aber im Stillen für sich.
» Also, um dich herauszubekommen, gehen wir einfach von unterhalb des Kolosseums zu dem Tor zurück, das in unsere Welt führt«, sagte Elena. » Aber um dich zu befreien, gibt es… noch einige Dinge, die wir finden müssen– die Fuchsschlüssel, wie du weißt, und diese werden sich wahrscheinlich in verschiedenen Teilen der Stadt befinden.«
» Dann würde ich einen einheimischen Führer anheuern«, sagte Stefano sofort. » Ich weiß wirklich nichts über die Stadt, außer dem, was die Wachen mir erzählen– und ich bin mir nicht sicher, ob ich denen vertrauen kann. Aber die kleinen Leute– die gewöhnlichen Leute– werden wahrscheinlich die Dinge wissen, die dich interessieren.«
» Das ist eine gute Idee«, sagte Elena. Sie zeichnete mit ihrem durchsichtigen Finger unsichtbare Muster auf seine Brust. » Ich glaube, dass Damon wirklich vorhat, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um uns zu helfen.«
» Ich rechne es ihm hoch an, dass er gekommen ist«, erwiderte Stefano, als denke er über diese Dinge nach. » Er hat dir sein Versprechen gegeben, nicht wahr?«
Elena nickte. Tief, tief verborgen in ihrem Bewusstsein schwebten jene Gedanken: Er hat mir sein Wort gegeben, dass er auf dich aufpassen würde. Dir hat er sein Wort gegeben, dass er auf mich aufpassen würde. Damon hält immer sein Wort.
» Stefano«, sagte sie, wieder in den tiefsten Nischen seines Geistes, wo sie– wie sie hoffte– im Geheimen Informationen mit ihm teilen konnte: » Du hättest ihn sehen sollen, wirklich. Als ich die Flügel der Erlösung benutzte, haben sich all die bösen Dinge, die ihn hart oder grausam gemacht haben, in Nichts aufgelöst. Der ganze Stein, der seine Seele bedeckte, fiel in dicken Brocken von ihm ab… Ich glaube nicht, dass du dir vorstellen kannst, wie er in diesem Zustand war. Er war so perfekt– und so neu. Und als er später weinte…«
Elena konnte in Stefano drei verschiedene Gefühle wahrnehmen, die einander beinahe unverzüglich folgten. Ungläubigkeit, dass Damon weinen konnte, trotz allem, was Elena ihm erzählte. Dann Glauben und Erstaunen, als er ihre Bilder und Erinnerungen in sich aufnahm. Und schließlich das Bedürfnis, sie zu trösten, als sie den in Buße gefangenen Damon betrachtete. Einen Damon, der nie wieder existieren würde.
» Er hat dich gerettet«, flüsterte Elena, » aber sich selbst wollte er nicht retten. Er wollte nicht einmal mit Shinichi und Misao verhandeln. Er hat ihnen einfach erlaubt, ihm alle Erinnerungen an diese Zeit zu nehmen.«
» Vielleicht war der Schmerz zu groß.«
» Ja«, sagte Elena und senkte bewusst ihre Barrieren, sodass Stefano den Schmerz dieses neuen und perfekten Geschöpfs spüren konnte, das sie geschaffen hatte. Den Schmerz, den Damon verspürte, nachdem er Akte der Grausamkeit und des Verrats begangen hatte, angesichts derer– nun, angesichts derer selbst die stärkste Seele leiden würde. » Stefano? Ich denke, er muss sehr einsam sein.«
» Ja, Engel. Damit hast du wahrscheinlich recht.«
Diesmal dachte Elena erheblich länger nach, bevor sie
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