Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
nahm das schnellste Bad ihres Lebens– sie war über die Maßen aufgeregt– und saß kurz darauf inmitten lächelnder Frauen auf einem Sofa. Jede der Frauen erledigte ihre Arbeit mit Kennerblick, ohne die anderen zu stören.
Natürlich wurde sie enthaart– eine Frau für jedes Bein, eine für ihre Achseln und eine für ihre Augenbrauen. Während diese Frauen und die Frauen mit den weichen Cremes und Salben bei der Arbeit waren und einen einzigartigen Duft für Elena schufen, betrachtete eine andere nachdenklich ihr Gesicht und ihren Körper als Ganzes.
Diese Frau verdunkelte Elenas Augenbrauen und vergoldete ihre Lider mit metallischer Kosmetikfarbe, bevor sie etwas benutzte, das Elenas Wimpern um mindestens einen halben Zentimeter verlängerte. Dann vergrößerte sie Elenas Augen mit einigen markanten Strichen des Kohlstifts. Zu guter Letzt ließ sie vorsichtig Elenas Lippen in einem vollen, glänzenden Rot erstrahlen, das den Eindruck vermittelte, als seien sie ständig zu einem Kuss geschürzt. Am Ende wurde ihr noch ein sehr großer Diamant in den Nabel geklebt.
Während die Friseurinnen sich um die letzten kleinen Locken auf ihrer Stirn kümmerten, brachten Lady Ulmas Frauen zwei Schachteln und ein scharlachrotes Cape. Elena dankte ihren Hofdamen und Kosmetikerinnen aufrichtig, bezahlte ihnen allen einen Bonus, der sie in helle Aufregung versetzte, und bat sie dann, sie allein zu lassen. Als sie zauderten, wiederholte sie ihre Bitte, genauso höflich, aber mit lauterer Stimme. Sie gingen.
Elenas Hände zitterten, als sie das Gewand herausnahm, das Lady Ulma entworfen hatte. Es ließ zwar kaum mehr Haut sehen als ein raffiniert geschnittener Badeanzug, sah aber so aus, als bestünde es nur aus strategisch platzierten Juwelen auf einem Hauch von goldfarbenem Tüll.
Und das war es. Sie würde in Tüll und Juwelen, Parfum und Schminke zu ihrem Stefano gehen. Elena legte den scharlachroten Umhang sehr vorsichtig um, damit nichts darunter zerknitterte oder verschmierte, und schlüpfte in zierliche goldene Sandalen mit sehr hohen Absätzen.
Sie eilte nach unten und kam genau rechtzeitig an. Sage und Damon trugen ihre Umhänge fest verschlossen– was bedeutete, dass sie darunter in Sackleinen gekleidet waren. Sage hatte Lady Ulmas Kutsche bereit gemacht. Elena legte noch ihre goldenen Armreife um und hasste sie, weil sie sie tragen musste, so hübsch sie sich auch vor dem weißen Pelzbesatz ihres roten Umhangs ausnahmen. Damon hielt ihr eine Hand hin, um ihr in die Kutsche zu helfen.
» Ich darf drinnen sitzen? Bedeutet das nicht, dass ich die Armbänder nicht tragen…« Aber ein Blick auf Sage machte ihre Hoffnungen zunichte.
» Nur wenn wir alle Fenster verhängen«, sagte er, » reist du legal ohne Sklavenarmreife.«
Elena seufzte und reichte Damon die Hand. Er hatte die Sonne im Rücken, sodass er nichts als eine dunkle Silhouette für sie war. Als Elena gegen das Licht blinzelte, erkannte sie, dass er sie erstaunt ansah. Elena wusste, dass er ihre vergoldeten Lider bemerkt hatte. Sein Blick wanderte zu ihren zum Kuss geschürzten Lippen. Elena errötete.
» Ich verbiete dir, mir zu befehlen, dass ich dir zeigen soll, was unter dem Umhang ist«, sagte sie hastig. Damon wirkte enttäuscht.
» Dein Haar in kleinen Locken über deiner Stirn, ein Umhang, der alles vom Hals bis zu den Zehen verbirgt, Lippenstift wie…« Er starrte sie erneut an. Sein Mund zuckte, als fühle er sich gezwungen, ihn auf ihren zu legen.
» Und es wird Zeit, dass wir fahren!«, rief Elena und stieg hastig in die Kutsche. Sie war glücklich, obwohl sie verstand, warum befreite Sklaven niemals mehr so etwas wie Armreife tragen würden.
Sie war immer noch glücklich, als sie das Shi no Shi erreichten– diesen großen Komplex an Gebäuden, der ein Gefängnis mit einem Trainingscamp für Gladiatoren zu kombinieren schien.
Und sie war immer noch glücklich, als die Wachen vor dem Kontrollpunkt des Shi no Shi sie einließen, ohne sich irgendwie unangenehm berührt zu zeigen. Aber andererseits war es schwer zu sagen, ob der Umhang irgendeine Wirkung auf sie hatte. Es waren Dämonen: mürrisch, malvenhäutig, bullenstur.
Dann bemerkte sie etwas, das zuerst wie ein Schock war und ihr schließlich ungeheure Hoffnung machte. Die vordere Lobby des Gebäudes hatte an einer Seite eine Tür wie diejenige, die sie beim Dämonentor in Arizona gesehen hatte: Sie wurde ständig geschlossen gehalten, war mit seltsamen Symbolen versehen, und
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