Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
Augen verspürte– wandte Elena sich vom Spiegel ab.
Die Vergangenheit war vergangen. Sie hatte keine Ahnung, warum Damon sich plötzlich entschieden hatte, vor ihrer Berührung zurückzuweichen oder sie mit den kalten, harten Augen eines Raubtieres anzusehen. Irgendetwas hatte ihn dazu veranlasst, sie zu hassen, es kaum auszuhalten, mit ihr im Wagen zu sitzen. Und was immer es war, Elena musste lernen, es zu ignorieren, denn wenn Damon sich aus dem Staub machte, hatte sie keine Chance, Stefano zu finden.
Stefano. Zumindest bei dem Gedanken an Stefano fand ihr zitterndes Herz Ruhe. Ihn würde es nicht interessieren, wie sie aussah: Seine einzige Sorge würde ihrem Wohlergehen gelten. Elena schloss die Augen, während sie heißes Wasser in die Badewanne ließ, ihre durchnässten Kleider abstreifte und in ihrer Fantasie in Stefanos Liebe und Anerkennung schwelgte.
Im Motel war eine kleine Plastikflasche mit schäumendem Badezusatz bereitgestellt, aber Elena ließ die Finger davon. Sie hatte ihren eigenen Beutel aus durchscheinendem Gold mit Vanillebadekristallen in ihrer Reisetasche, und dies war ihre erste Chance, die Kristalle zu benutzen.
Vorsichtig schüttete sie ein Drittel des Beutelinhalts in die sich schnell füllende Wanne und wurde mit einem dampfenden Schwall Vanille belohnt, den sie dankbar in ihre Lungen sog.
Einige Minuten später lag Elena bis zu den Schultern in heißem Wasser und war bedeckt mit nach Vanille duftendem Schaum. Sie hatte die Augen geschlossen und die Wärme drang in ihren Körper ein. Die sanft zerfallenden Salze linderten allen Schmerz.
Dies waren keine gewöhnlichen Badesalze. Sie hatten keinen medizinischen Geruch, und sie hatte sie von Stefanos Vermieterin bekommen, Mrs Flowers, der sanften, alten weißen Hexe. Mrs Flowers’ Spezialität waren ihre Kräuterrezepte, und in diesem Moment hätte Elena geschworen, dass sie spürte, wie all die Anspannung der vergangenen Tage aus ihrem Körper gesaugt und sanft zerstreut wurde.
Oh, das war genau das, was sie gebraucht hatte. Elena hatte noch nie zuvor ein Bad so sehr zu schätzen gewusst.
Nun, eines gibt es da aber noch, sagte sie sich energisch, während sie einen köstlichen vanilleduftgeschwängerten Atemzug nach dem anderen tat. Mrs Flowers’ Badesalz zur Entspannung war ja schön und gut, aber sie durfte jetzt nicht einschlafen. Sie würde ertrinken, und sie wusste ja bereits, wie sich das anfühlte.
Aber Elenas Gedanken wurden immer blasser und bruchstückhafter, während das heiße Wasser ihre Muskeln entspannte und der Vanilleduft sich wie eine süße Wolke um ihren Kopf legte. Sie verlor sich, ihr Geist schweifte in Tagträume ab… Sie überließ sich der Wärme und dem Luxus, rein gar nichts tun zu müssen…
Sie schlief.
In ihrem Traum bewegte sie sich entschlossen. Das Licht war fahl, aber sie konnte irgendwie erkennen, dass sie sich durch dunkelgrauen Nebel nach unten bewegte. Sorgen machte ihr, dass sie von streitenden Stimmen umringt zu sein schien, und sie stritten ihretwegen.
» Eine zweite Chance? Ich habe mit ihr darüber gesprochen.«
» Sie wird sich an nichts erinnern.«
» Es spielt keine Rolle, ob sie sich erinnert. Alles wird in ihr bleiben, wenn auch unerweckt.«
» Es wird in ihr keimen… bis der richtige Zeitpunkt kommt.«
Elena hatte keine blasse Ahnung, was das alles bedeuten sollte.
Und dann wurde der Nebel dünner und die Wolken machten ihr Platz, und sie driftete hinab, langsamer und langsamer, bis sie sachte auf einem mit Kiefernnadeln bedeckten Boden landete.
Die Stimmen waren fort. Sie lag auf dem Waldboden, aber sie war nicht nackt. Sie trug ihr hübschestes Nachthemd, das mit der echten Valenciennes-Spitze. Sie lauschte auf die zarten Laute der Nacht um sie herum, als ihre Aura plötzlich auf eine Art und Weise reagierte, wie sie das noch nie getan hatte.
Sie sagte ihr, dass jemand kam. Jemand, der ein Gefühl von Sicherheit in warmen, erdigen Tönen mitbrachte, in sanften Rosenfarben und tiefem blauem Violett, das sie umhüllte, noch bevor die Person selbst eintraf. Dies waren die Gefühle… eines anderen… in Bezug auf sie selbst. Und hinter der Liebe und der beruhigenden Sorge, die sie erfuhr, lagen tiefe Waldgrüntöne, Strahlen aus warmem Gold und eine mysteriöse Durchsichtigkeit, als sei sie von Diamanten umgeben, wie bei einem Wasserfall, der im Fallen funkelte und schäumte.
Elena, flüsterte eine Stimme. Elena.
Die Stimme war so vertraut…
Elena. Elena.
Sie
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