Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
Blick in die Sonntagszeitung dieser Woche.«
Elena nahm die Ridgemont Times von Meredith entgegen. Es war die größte Zeitung in der Gegend von Fell’s Church. Die fette Schlagzeile auf Seite eins lautete:
BESESSENHEIT IM 21. JAHRHUNDERT?
Unter der Schlagzeile befanden sich viele Reihen von grauen Druckbuchstaben, aber was wirklich Elenas Aufmerksamkeit erregte, war ein Foto von einem Kampf zwischen drei Mädchen, deren Körper in menschenunmöglicher Weise verkrampft und verbogen zu sein schienen. Der Gesichtsausdruck von zwei der Mädchen zeigte einfach Schmerz und Entsetzen, aber es war das dritte Mädchen, bei dessen Anblick Elena das Blut in den Adern gefror. Ihr Körper war so sehr verdreht, dass ihr Gesicht verkehrt herum in die Kamera sah, mit direktem Blick und gefletschten Zähnen. Ihre Augen– es gab keine andere Möglichkeit, es auszudrücken– waren dämonisch. Sie waren zwar nicht in ihren Kopf zurückgerollt oder verformt. Sie glühten nicht unheimlich rot. Sie wirkten allein wegen ihres Gesichtsausdrucks dämonisch. Elena hatte noch nie Augen gesehen, die ihr solche Übelkeit verursachten.
Bonnie fragte leise: » Bist du jemals ausgerutscht und hattest so ein Gefühl wie: ›Oh, hoppla, jetzt verschwindet das ganze Universum ‹ ?«
» Ständig, seit sie Stefano begegnet ist«, antwortete Meredith trocken. » Nichts für ungut, Elena. Aber der Punkt ist, dass dies alles erst in den letzten Tagen passiert ist; von der Minute an, seit die Erwachsenen, die wussten, dass da wirklich etwas im Gange war, sich zusammengetan haben.«
Meredith seufzte und fuhr sich mit ihren perfekt manikürten Fingernägeln durchs Haar, bevor sie weitersprach. » Diese Mädchen sind das, was Bonnie im modernen Sinne ›besessen ‹ nennt. Oder vielleicht sind sie von Misao besessen– weibliche Kitsune können das angeblich tun. Aber wenn wir diese Dinger finden, die Sternenbälle genannt werden– oder auch nur einen einzigen–, könnten wir sie zwingen, all das zu bereinigen.«
Elena legte die Zeitung beiseite, damit sie diese verkehrt herum hängenden Augen nicht länger ansehen musste, die sie dämonisch anstarrten. Sie hob ihre Hände. » Da ist nur noch eine Kleinigkeit, die ihr besser wissen solltet, bevor wir aufbrechen. Ich kann Bonnie nicht helfen. Wenn ihr euch auf mich verlasst, dass ich irgendwelche Dinge tue, die ich getan habe, als wir beim letzten Mal gegen Shinichi und Misao gekämpft haben– nun, ich kann es nicht mehr. Ich habe wieder und wieder versucht, so angestrengt ich konnte, meine Flügel zu benutzen. Aber es ist niemals etwas dabei herausgekommen.«
Meredith sagte langsam: » Nun, dann weiß vielleicht Damon etwas…«
» Vielleicht tut er das, aber Meredith, bedränge ihn jetzt nicht. Nicht genau in dieser Minute. Was er mit Bestimmtheit weiß, ist, dass Shinichi in ihn hineingreifen und seine Erinnerungen nehmen kann– und wer weiß, vielleicht kann er ihn sogar wieder in Besitz nehmen…«
» Dieser verlogene Kitsune!«, zischte Bonnie, die beinahe selbst besitzergreifend klang. Ganz so, als sei Damon ihr Freund, dachte Elena. » Shinichi hat geschworen, er würde nicht…«
» Und er hat auch geschworen, Fell’s Church in Ruhe zu lassen. Der einzige Grund, warum ich überhaupt einen Funken Vertrauen in all die Hinweise habe, die Misao mir wegen des Fuchsschlüssels gegeben hat, ist der, dass sie sich über mich lustig gemacht hat. Sie hat nie erwartet, dass wir einen Handel schließen würden, und daher hat sie nicht versucht, zu lügen oder allzu clever zu sein– denke ich.«
» Nun, das ist auch der Grund, warum wir hier bei dir sind– um Stefano herauszuholen«, erklärte Bonnie. » Und wenn wir Glück haben, werden wir auch die Sternenbälle finden, die es uns ermöglichen, Shinichi zu kontrollieren. Richtig?«
» Richtig!«, sagte Elena inbrünstig.
» Richtig«, bekräftigte Meredith feierlich.
Bonnie nickte. » Velociraptor-Schwesternschaft auf ewig!«
Sie legten schnell ihre rechten Hände übereinander und bildeten ein Rad mit drei Speichen. Es erinnerte Elena an die Tage, da es vier Speichen gegeben hatte.
» Und was ist mit Caroline?«, fragte sie.
Bonnie und Meredith berieten sich mit einem stummen Blick. Dann schüttelte Meredith den Kopf. » Das willst du gar nicht wissen. Wirklich nicht «, sagte sie.
» Ich kann es verkraften. Wirklich «, erwiderte Elena beinahe im Flüsterton. » Meredith, ich war tot, erinnerst du dich? Zweimal!«
Meredith
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