Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
Spielzeugdrachen, dessen Schnur gerissen war. Sie umklam-
merte Zanders Hände.
»Es ist alles gut«, beruhigte er sie. »Es ist unglaublich, Bonnie, ich ver-
spreche es dir. Lass einfach innerlich los. Das Leben ist nicht lebenswert,
wenn du keine Risiken eingehst.«
Bonnie atmete tief ein und aus und zwang sich zu entspannen. Der
Wind zerzauste ihre Locken, pfiff in ihren Ohren, zupfte an ihrem Top
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und umspielte ihr erhobenes Bein. Jetzt fühlte es sich so an, als würde sie
sanft in den Himmel gehoben werden, getragen von der Luft um sie her-
um. Es war wie fliegen.
Plötzlich bemerkte Bonnie, dass sie sich diesem Gefühl ganz und gar
hingegeben hatte und ein befreiendes Lachen von sich gab. Sie öffnete die
Augen und blickte direkt in die von Zander. Er lachte ebenfalls und hielt
sie weiterhin sicher und fest, während sie innerlich flog. Noch nie zuvor
hatte sie so bewusst wahrgenommen, wie das Blut durch ihre Adern
rauschte, wie die Sinneseindrücke um sie herum jeden Nerv vibrieren
ließen.
Noch nie zuvor hatte sie sich so lebendig gefühlt.
Kapitel Zehn
Der Pub, in dem Elena und Damon landeten, war belebt und voller Leute,
aber natürlich sorgte Damon dafür, dass sie nicht auf einen Tisch zu
warten brauchten. Er lümmelte sich entspannt auf einen Stuhl und wirkte
ebenso arrogant und schön wie eine große, geschmeidige Katze, während
er Elenas Geplauder friedlich lauschte. Sie plapperte fröhlich drauflos und
setzte ihn über alle Einzelheiten ihres bisherigen Campuslebens ins Bild.
Sie erzählte, dass Professor Campbell ihre Eltern gekannt hatte, und bes-
chrieb ihm die anderen Studenten, die sie in den Seminaren kennengel-
ernt hatte.
»Der Aufzug war total überfüllt und furchtbar langsam und meine
Labor-Partnerin stand mit dem Rücken an die Knöpfe gelehnt. Dabei hat
sie versehentlich den Alarm ausgelöst.« Elena nippte an ihrer Limonade.
»Plötzlich kam eine Stimme aus dem Nichts und fragte: ›Haben Sie einen
Notfall?‹ Und sie antwortete: ›Nein, es war ein Unfall‹, und die Stimme
fragte: ›Was? Ich kann Sie nicht verstehen.‹ So ging es weiter, hin und
her, bis sie anfing zu rufen: ›Unfall! Unfall!‹«
Damon malte mit seinem Finger ein Muster in das Kondenswasser an
seinem Glas und warf ihr durch seine dichten Wimpern einen Blick zu.
Seine Lippen zuckten zu einem Lächeln.
»Als sich die Türen im Erdgeschoss öffneten, standen vier Sicher-
heitsleute mit Notfallkoffern bereit«, beendete Elena ihren Bericht. »Wir
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wussten nicht, was wir tun sollten, also sind wir einfach an ihnen vorbei-
gegangen. Sobald wir aus dem Gebäude kamen, fingen wir an zu rennen.
Es war so peinlich, aber wir konnten nicht aufhören zu lachen.«
Damons schwaches Lächeln dehnte sich zu einem Grinsen aus – kein
flüchtiges, strahlendes, rätselhaftes Lächeln, wie es so typisch für ihn war,
sondern ein waschechtes breites Grinsen, das sich über sein ganzes
Gesicht zog. »Ich mag dich, wenn du so bist«, erklärte er plötzlich.
»Wenn ich wie bin?«, fragte Elena.
»Entspannt, nehme ich an. Seit wir uns kennengelernt haben, hast du
immer in der einen oder anderen Krise gesteckt.« Er hob die Hand, strich
ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und berührte sanft ihre Wange.
Aus dem Augenwinkel nahm Elena den Kellner wahr, der am Tisch
stand und darauf wartete, dass sie aufblickten. Doch stattdessen antwor-
tete sie Damon mit einem Hauch von Ironie: »Oh, und ich nehme an, du
hattest natürlich nichts damit zu tun?«
»Ich würde nicht behaupten, dass ich derjenige bin, den die meiste
Schuld trifft, nein«, entgegnete Damon kühl, und sein Grinsen verblasste.
Er schaute auf und sein Blick wurde klar und sachlich. »Hallo, Stefano.«
Elena zuckte zusammen, dann erstarrte sie. Also nicht der Kellner. Ste-
fano. Als sie ihn ansah, wurde ihr flau im Magen. Sein Gesicht war wie
versteinert. Er betrachtete Damons Hand, die immer noch in Elenas Rich-
tung ausgestreckt war.
»Hi«, sagte sie zaghaft. »Wie war deine Lerngruppe?«
Stefano starrte sie an. »Elena, ich habe überall nach dir gesucht. War-
um bist du nicht an dein Handy gegangen?«
Elena zog sofort ihr Handy aus der Tasche und sah, dass sie mehrere
Anrufe und SMS von Stefano empfangen hatte. »Oh, es tut mir so leid«,
antwortete sie. »Ich habe es gar nicht klingeln hören.«
»Wir waren verabredet«, sagte Stefano steif. »Ich war bei dir, aber du
warst einfach weg.
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