Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
ihr unablässig über die Schultern strich und
dabei weiter mit seinen Freunden sprach. Etwas besitzergreifend, dafür
dass er sie noch nicht mal geküsst hatte, fand Elena. Sie schaute zu
Meredith hinüber, um festzustellen, ob sie das Gleiche dachte. Aber
Meredith hörte dem Jungen neben ihr amüsiert zu – Marcus hieß der Typ
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mit dem verwuschelten braunen Haar, glaubte Elena –, der ihr gerade
erklärte, wie er mit Gewichten trainierte.
»Eine Runde für alle!« Ein weiterer von Zanders Freunden stellte ein
Tablett voller Schnapsgläser auf ihrem Tisch ab. »Lasst uns ein Trinkspiel
spielen.«
Bonnie kicherte. »Das dürfen wir hier nicht. Wir sind minderjährig.«
Der Junge grinste. »Schon okay. Ich hab bezahlt, nicht du.«
»Willst du tanzen?« Spencer, derselbe Junge, der Elena vor kaum einer
Minute angesprochen hatte, versuchte sein Glück nun bei Samantha.
»Klar!«, antwortete diese und sprang auf. Die beiden verloren sich
schnell im Gewühl auf der Tanzfläche.
»Gott, war ich gestern Nacht betrunken«, bemerkte der Typ neben
Elena, kippelte mit seinem Stuhl und musterte sie fröhlich. Sein Kumpel
auf seiner anderen Seite nutzte die Gelegenheit und goss ihm ein Glas
Schnaps auf den Schoß.
»He!« Binnen einer Sekunde waren sie auf den Beinen und rempelten
einander an; der Junge, der den Schnaps verschüttet hatte, lachte, sein
Opfer war knallrot im Gesicht und ziemlich wütend.
»Hört auf damit!«, mahnte Zander. »Ich will nicht auch hier
rausfliegen.«
Auch? Elena zog die Augenbrauen hoch. Dieser Typ und seine Clique
waren eindeutig zu wild für die unschuldige süße Bonnie. Wieder blickte
Elena um Bestätigung heischend zu Meredith hinüber, aber die schien
sich in der Welt der Sportskanonen wohlzufühlen und tat jetzt ihre Mein-
ung über das beste Krafttraining für Kampfsportarten kund.
Bonnie quiekte vor Lachen und warf einen Vierteldollar direkt in ein
Schnapsglas. Die Jungen johlten.
»Was jetzt?«, fragte sie atemlos und mit glänzenden Augen.
»Jetzt suchst du jemanden aus, mit dem du das trinkst«, erklärte der
Typ, der den Schnaps gebracht hatte.
»Mit Zander natürlich«, sagte Bonnie, und Zander schenkte ihr ein
breites Lächeln, von dem selbst Elena zugeben musste, dass es eine
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umwerfende Wirkung hatte. Er trank, dann zwinkerte er Bonnie zu und
sie lachte wieder.
Bonnie sah … wirklich glücklich aus. Elena konnte sich nicht daran
erinnern, wann sie ihre Freundin das letzte Mal so hatte lachen sehen. Es
musste mindestens ein Jahr her sein, bevor in Fell’s Church der
Wahnsinn ausgebrochen war.
Elena seufzte und schaute sich am Tisch um. Diese Jungs waren echte
Raufbolde – immer für eine kleine Rempelei zu haben, wenn sich der ger-
ingste Anlass bot –, aber sie waren durchaus ganz nett. Wahrscheinlich
benahmen sie sich einfach nur wie normale College-Studenten? Wenn es
Bonnie glücklich machte, würde Elena zumindest versuchen, mit ihnen
klarzukommen.
Samantha und Spencer kehrten an den Tisch zurück. Beide lachten und
Samantha ließ sich auf ihren Platz fallen. »Ich kann nicht mehr«, sagte sie
und hob die Hände, um ihn abzuwehren. »Ich brauche eine Trinkpause.
Du tanzt wie ein Wahnsinniger, weißt du das?«
»Willst du dann mit mir tanzen?«, fragte Spencer Elena erneut und
schenkte ihr einen flehenden Blick aus seinen großen braunen
Welpenaugen.
»Er wird versuchen, dich hochzuheben«, warnte Samantha sie, »und
dich fallen lassen. Und er wird dich herumwirbeln. Aber keine Angst,
auch ich komme sofort wieder auf die Tanzfläche.«
Spencer sah sie geradezu mitleiderregend an.
Bonnie lachte triumphierend, als sie einen weiteren Vierteldollar in das
Glas warf.
Tanzen gehen ist schließlich kein Verrat an irgendjemandem, dachte
Elena. Außerdem war sie jetzt Single. Jedenfalls irgendwie. Sie sollte ver-
suchen, das College zu genießen, sich dem Leben zu öffnen. War das nicht
genau das, worum es heute Abend ging?
Sie zuckte die Achseln, stand auf und nickte Spencer zu. »Klar, warum
nicht?«
Kapitel Sechzehn
Als Stefano erneut an Elenas Zimmer vorbeiging, war das Gänseblümchen
verschwunden und der dezente Duft ihres Zitronenshampoos lag in der
Luft.
Zweifellos war sie mit Meredith und Bonnie ausgegangen, und er kon-
nte sich darauf verlassen, dass Meredith sie beschützte. Er fragte sich, ob
Damon sie wohl beobachtete oder ob er sich Elena sogar nähern würde.
Stefano spürte ein
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