Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
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Kugeln. »Hör zu«, sagte er und holte tief Luft, »die Sache mit Elena tut
mir leid. Wenn ich …« Er zögerte. »Ich kann nicht einfach aufhören, so
für sie zu empfinden, wie ich es tue, aber es war nicht meine Absicht, dir
das Leben schwer zu machen. Oder ihr.«
Stefano starrte ihn an. Damon entschuldigte sich niemals. War das sein
Ernst? »Ich – danke«, murmelte er.
Damon schaute an ihm vorbei, und plötzlich verzog sich sein Mund zu
einem strahlenden Lächeln. Köder geschluckt, vermeldete er stumm.
So viel zu dem innigen Moment zwischen Brüdern, dachte Stefano
trocken.
Zwei Männer kamen auf sie zu. Einer war relativ klein und schlank mit
sandfarbenem Haar, der andere groß, massig und dunkelhaarig.
»Hi«, sagte der kleinere. »Wir haben uns gefragt, ob ihr zwei zur Ab-
wechslung mal ein Doppel spielen wollt.« Sein Lächeln wirkte offen und
unbefangen, aber seine Augen blickten gewitzt und wachsam. Augen eines
Raubtieres.
Die beiden hießen Jimmy und David und waren echte Profis. Sie hielten
sich bedeckt und warteten bis nach der dritten Runde, bevor sie den
Vorschlag machten, die Einsätze zu erhöhen, damit es ein wenig interess-
anter wurde.
»Einhundert?«, schlug Jimmy beiläufig vor. »Das krieg ich gerade noch
hin, wenn ihr wollt.«
»Wie wär’s mit ein bisschen mehr Risiko?«, erwiderte Damon mit
scheinbar schwerer Zunge. »Stefano, du hast doch immer noch diese fünf-
hundert in deiner Brieftasche, oder?«
Die hatte Stefano zwar nicht, nicht einmal annähernd, aber er glaubte
auch nicht, dass er sie würde bezahlen müssen. Er nickte, fing Damons
Blick auf und stellte sich widerstrebend. »Ich weiß nicht, Damon …«,
sagte er.
»Zerbrich dir nicht den Kopf darüber«, erwiderte Damon mit aus-
ladender Geste. »Leicht verdientes Geld, oder?«
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Jimmy beobachtete sie aufmerksam. »Dann also fünfhundert«, stim-
mte er lächelnd zu.
»Ich eröffne«, sagte Damon und schritt zur Tat. Einen Moment später
lehnte Stefano sein Queue an die Wand. Er würde keine Chance bekom-
men zu spielen. Keiner von ihnen würde diese Chance bekommen. Da-
mon bewegte sich mit der Präzision eines Uhrwerks und versenkte eine
Kugel nach der anderen.
Er machte sich nicht einmal die Mühe zu verbergen, dass er und Ste-
fano gezockt hatten. Die Gesichter von Jimmy und David verdüsterten
sich gefährlich, als die letzten Kugeln klappernd in den Löchern
verschwanden.
»Bezahlt«, verlangte Damon scharf und legte sein Queue beiseite.
Jimmy und David bewegten sich mit finsteren Mienen auf sie zu.
»Ihr zwei haltet euch wohl für superschlau, wie?«, knurrte David.
Stefano verteilte sein Gewicht auf beide Füße, bereit zu kämpfen oder
wegzurennen, was immer Damon wollte. Sicherlich hätten sie keine Prob-
leme, sich gegen diese Männer zu verteidigen, aber wegen der verschwun-
den Studenten und der Überfälle auf dem Campus wollte er lieber keine
Aufmerksamkeit auf sich und Damon ziehen.
Damon streckte Jimmy und David seine Handflächen entgegen. Er
wirkte völlig cool und entspannt. »Ich denke, ihr beide wollt uns das Geld
bezahlen, das ihr uns schuldet«, erklärte er ruhig.
»Oh, das denkst du also, ja?«, fragte Jimmy sarkastisch und hielt sein
Queue jetzt mehr wie eine Waffe.
Damon lächelte und rief eine Woge der Macht hervor. Selbst Stefano,
der halb damit gerechnet hatte, überlief ein Frösteln, als Damon für einen
Moment seine menschliche Maske ablegte und seine schwarzen Augen
kalt und tödlich blitzten. Jimmy und David taumelten zurück, als seien sie
von unsichtbaren Händen gestoßen worden.
»Okay, okay, reg dich ab«, sagte Jimmy mit zitternder Stimme. David
blinzelte, als habe man ihn mit einem nassen Handtuch geschlagen; ihm
war offensichtlich nicht klar, was gerade geschehen war. Jimmy öffnete
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seine Brieftasche und zählte hastig fünfhundert Dollar in Fünfzigern auf
Damons Hand.
»Jetzt ist es Zeit, dass ihr nach Hause geht«, murmelte Damon leise.
»Und vielleicht wollt ihr für eine Weile kein Billard mehr spielen.«
Jimmy nickte, er konnte gar nicht mehr aufhören zu nicken; sein Kopf
bewegte sich, als sei er an einer Feder befestigt. Er und David wichen
zurück und dann rannten sie, so schnell sie konnten, aus der Tür.
»Beängstigend«, kommentierte Stefano. Da war immer noch dieses
Loch in seiner Brust, eine schmerzliche Leere, weil er Elena vermisste.
Aber er
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