Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
meines Herzens sagt mir, dass wir
zusammengehören, dass nichts uns auseinanderreißen kann.
Ich bin eine solche Närrin, ich habe Stefano wehgetan, obwohl ich das
niemals tun wollte. Aber das muss nicht das Ende für uns bedeuten.
Sobald ich mich entschuldige und ihm erkläre, dass es purer Wahnsinn
war, der mich getrieben hat, wird er mir verzeihen. Sobald ich ihn
wieder berühren kann, wird er merken, wie leid es mir tut.
Das Adrenalin war schuld, der Adrenalinstoß nach der tödlichen Ge-
fahr durch dieses Auto, das uns gejagt hat. Weder Damon noch ich
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wollten einander wirklich küssen; dieser Kuss war nur Ausdruck der
Freude, mit der wir uns ans Leben geklammert haben.
Nein. Ich darf nicht lügen. Nicht hier. Ich muss ehrlich zu mir selbst
sein, selbst wenn ich mich vor allen anderen verstelle. Ich wollte Damon
küssen. Ich wollte Damon berühren. Ich wollte es schon immer.
Aber ich muss es nicht tun. Ich kann mich beherrschen, und das werde
ich auch. Ich will Stefano nicht noch mehr Schmerz zufügen.
Stefano wird das verstehen. Er wird verstehen, dass ich alles in mein-
er Macht Stehende tun werde, um ihn wieder glücklich zu machen, und
dann wird er mir verzeihen.
Das darf nicht das Ende sein. Ich werde es nicht zulassen.
Elena klappte ihr Tagebuch zu und wählte einmal mehr Stefanos Num-
mer. Sie ließ es läuten, bis die Stimme der Mailbox erklang, dann legte sie
auf. Sie hatte ihn bereits in der vergangenen Nacht mehrmals angerufen
und dann an diesem Morgen wieder und wieder. Stefano konnte sehen,
dass sie anrief, das wusste sie. Sein Handy war immer eingeschaltet. Er
antwortete auch immer; er fühlte sich verpflichtet, erreichbar zu sein, seit
er das Handy hatte.
Dass er ihre Anrufe nicht annahm, bedeutete, dass er sie absichtlich
mied.
Elena schüttelte entschlossen den Kopf und wählte erneut. Stefano
würde ihr zuhören. Sie würde ihm nicht erlauben, sie zu ignorieren.
Sobald sie alles erklärt und er ihr verziehen hatte, konnte alles wieder
normal sein. Sie würden diese Trennung beenden, die sie beide so un-
glücklich machte – offensichtlich funktionierte das Ganze nicht so, wie sie
es beabsichtigt hatte.
Nur, was genau wollte sie ihm sagen? Elena seufzte und warf sich auf
ihr Bett. Ihr wurde flau im Magen. Abgesehen von der Ausrede, dass
Adrenalin dafür verantwortlich war, konnte sie ihm nur sagen, dass sie
Damon nicht hatte küssen wollen, dass sie ihn nicht wollte, nicht wirklich.
Sie wollte Stefano. Sie konnte ihm nur sagen, dass sie den Kuss nicht
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erwartet oder geplant hatte. Dass nicht Damon derjenige war, den sie
wollte. Dass sie sich immer für Stefano entscheiden würde.
Mehr konnte sie nicht sagen. Es würde genügen müssen. Elena wählte
abermals.
Diesmal nahm Stefano den Anruf entgegen.
»Elena«, sagte er tonlos.
»Stefano, bitte, hör mich an«, sprudelte Elena hervor. »Es tut mir so
leid. Ich wollte niemals …«
»Ich will nicht darüber reden«, unterbrach Stefano sie. »Hör bitte auf,
mich anzurufen.«
»Aber, bitte, Stefano …«
»Ich liebe dich, aber …« Stefanos Stimme war sanft, aber kalt. »Ich
glaube nicht, dass wir zusammen sein können. Nicht, wenn ich dir nicht
vertrauen kann.«
Dann war die Leitung tot. Elena nahm das Handy vom Ohr und starrte
es für einen Moment verblüfft an, bevor sie begriff, was gerade geschehen
war. Stefano, der sanfte, wunderbare Stefano, der immer für sie da
gewesen war, der sie liebte, was immer sie tat, hatte einfach aufgelegt.
Meredith zog einen Fuß hinter ihren Rücken, hielt ihn mit beiden Händen
fest, atmete tief durch und zog den Fuß langsam noch höher, um den
Muskel im Oberschenkel zu dehnen.
Es fühlte sich gut an, nach der langen Nacht die Beine zu lockern, die
Durchblutung anzuregen, sich auf den Übungskampf mit Samantha
vorzubereiten. Meredith hatte eine neue, vom Kickboxen inspirierte Posi-
tion entdeckt, von der sie dachte, dass Sam sie lieben würde – sobald sie
den Schock überwunden hatte, wieder einmal von Meredith auf die Matte
geworfen worden zu sein. Samantha war schneller und selbstsicherer ge-
worden, seit sie zusammen trainierten, und Meredith wollte, dass sie
wachsam blieb.
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Meredith freute sich schon darauf, mit Samantha zu kämpfen. Falls
diese überhaupt noch auftauchte. Meredith schaute auf ihre Uhr. Sam war
bereits fast zwanzig Minuten zu spät.
Natürlich waren sie in der letzten Nacht lange auf
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