Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
er
sich die Frage, ob er tatsächlich Mitglied der Vitale Society werden wollte.
»Ich könnte diese Tür binnen einer einzigen Sekunde öffnen«, sagte Da-
mon gereizt. »Stattdessen stehen wir hier rum und warten.«
Meredith seufzte und bewegte vorsichtig die Haarklammer im Schloss
hin und her. »Wenn du die Tür aufbrichst, Damon, werden sie sofort wis-
sen, dass jemand beim Sicherheitsdienst eingebrochen ist. Wenn ich aber
das Schloss öffne, verhalten wir uns unauffällig. Okay?« Da spürte
Meredith einen Widerstand an der Haarklammer und schob sie langsam
nach oben, um sie zu drehen und die Bolzen des Schlosses zu lösen. Doch
stattdessen verbog sich die Haarklammer. Meredith stöhnte auf und
wühlte in ihrer Tasche nach einer neuen Klammer. »Siebenundzwanzig
Waffen«, brummte sie vor sich hin. »Ich habe siebenundzwanzig ver-
schiedene Waffen ins College mitgebracht, aber keinen einzigen
Dietrich.«
»Nun, du kannst nicht auf alles vorbereitet sein«, erwiderte Elena.
»Wie wäre es damit, eine Kreditkarte zu benutzen?«
»Auf alles vorbereitet zu sein, gehört aber zu meinem Job«, murrte
Meredith. Sie hockte sich auf die Fersen und starrte die Tür an. Das
Schloss war ziemlich mickrig: Nicht nur Damon, sondern auch sie oder
Elena hätten es leicht aufbrechen können. Und ja, eine Kreditkarte oder
etwas Ähnliches würde wahrscheinlich funktionieren. Meredith ließ die
Haarklammer zurück in ihre Tasche fallen, nahm stattdessen ihr Porte-
monnaie heraus und zückte ihren Studentenausweis.
Die Karte glitt in den Spalt zwischen Tür und Türrahmen, Meredith
wackelte vorsichtig damit herum, und – Bingo – die Tür ließ sich mühelos
öffnen. Sie lächelte Elena über ihre Schulter zu und zog eine Augenbraue
hoch. »Endlich ein Erfolgserlebnis«, meinte sie.
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Sobald sie im Büro standen und die Tür hinter sich geschlossen hatten,
überzeugte Meredith sich rasch davon, dass alle Vorhänge zugezogen war-
en, dann knipste sie das Licht an.
Das Büro des Sicherheitsdienstes war sehr schlicht eingerichtet: weiße
Wände, zwei Schreibtische, auf jedem ein Computer – einer davon mit
einer vergessenen Kaffeetasse davor – und ein Aktenschrank. Auf dem
Fenstersims stand eine verwelkte Pflanze mit trockenen, bräunlichen
Blättern.
»Können wir auch wirklich sicher sein, dass keiner der Wachleute
auftaucht und uns erwischt?«, fragte Elena nervös.
»Ich hab dir doch gesagt, dass ich ihre Arbeitsabläufe beobachtet
habe«, antwortete Meredith. »Nach acht Uhr überprüfen alle Wachen bis
auf eine den Campus. Der Mann, der nicht patrouilliert, sitzt in der Lobby
des Verwaltungsgebäudes, hält Funkkontakt mit den anderen und hilft
Studenten, die sich aus ihren Wohnheimen ausgesperrt haben und so
was.«
»Nun, dann lasst uns die Sache hinter uns bringen«, sagte Damon. »Ich
finde die Vorstellung nicht gerade einladend, den ganzen Abend in
diesem trostlosen kleinen Loch herumzukriechen.«
Seine Stimme klang ebenso kultiviert wie gelangweilt, wie immer, und
doch war irgendetwas anders. Er stand sehr nah bei Elena, so nah, dass
sein Arm den ihren berührte, und dann sah Meredith, wie er die Hand
hob, um Elena ganz sanft am Rücken zu berühren, nur mit den Finger-
spitzen. Ein geheimnisvoller Zug um seinen Mund ließ Damon noch selb-
stzufriedener als sonst erscheinen.
»Nun?«, fragte er und sah Meredith wieder an. »Was jetzt, Jägerin?«
Bevor Meredith antworten konnte, trat Elena von ihm weg, kniete sich
vor den Aktenschrank und zog eine Schublade auf. »Wie war Samanthas
Nachname? Ihre Akte ist wahrscheinlich unter ihrem Nachnamen
abgelegt.«
»Dixon«, antwortete Meredith und versuchte, sich nicht anmerken zu
lassen, wie sehr es sie erschütterte, wenn jemand in der Vergangenheit
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von Samantha sprach. Sie war so voller Leben gewesen. »Und Christoph-
ers Nachname war Nowack.«
Elena durchstöberte zwei Schubladen, dann zog sie eine dicke Akte
heraus und dann noch eine. »Ich hab sie.« Sie schlug Samanthas Akte auf
und gab einen kehligen Laut von sich, als sei ihr übel. »Sie sind … schlim-
mer, als ich dachte«, murmelte sie mit zitternder Stimme, während sie
sich die Fotos vom Tatort ansah. Sie blätterte einige Seiten weiter. »Und
hier ist der Bericht des Gerichtsmediziners. Da steht, sie sei an Blutverlust
gestorben.«
»Lass mich mal sehen«, sagte Meredith. Sie nahm die Akte und zwang
sich, die Tatortfotos genau zu
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