Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
betrachten, um festzustellen, ob sie vor Ort
irgendetwas übersehen hatte. Sie schluckte hörbar und musste den Blick
immer wieder von Sams armen, schutzlosen Leichnam abwenden, bevor
sie sich auf die Stellen daneben konzentrierte, auf den Boden und die
Wände von Samanthas Zimmer. »Blutverlust, weil sie von einem Vampir
getötet wurde? Oder weil überall sonst im Raum so viel Blut war?« Sie
war stolz darauf, wie fest ihre Stimme klang, fester jedenfalls als Elenas.
Sie hielt Damon die Akte hin. »Was denkst du?«, fragte sie.
Damon nahm die Akte, musterte die Fotos leidenschaftslos und blät-
terte zum Bericht des Gerichtsmediziners. Dann streckte er die Hand
nach Christophers Akte aus und blätterte auch diese durch.
»Ich kann nichts Bestimmtes sagen«, erklärte er nach einigen Minuten.
»Sie könnten von primitiven Werwölfen getötet worden sein. Oder von
nachlässigen Vampiren. Dämonen, mühelos. Selbst Menschen könnten
das tun, bei dementsprechender Motivation.« Elena pfiff ungläubig durch
die Zähne und Damon ließ sein strahlendes Grinsen aufblitzen. »Oh, ver-
giss nicht, Schätzchen, dass Menschen sich viel kreativere Methoden der
Gewalt ausdenken können als einfache, hungrige Ungeheuer.« Dann
wurde er wieder ernst und vertiefte sich erneut in die Fotos. »Mit Sicher-
heit kann ich jedoch sagen, dass mehr als eine Kreatur – oder Person –
dafür verantwortlich ist.«
237/308
Er zeichnete mit den Fingern eine Linie über eins der Fotos und
Meredith zwang sich hinzusehen. Überall im Raum war Blut, weit über
Samanthas ausgestreckte Arme hinaus. »Seht ihr, wie das Blut hier ge-
spritzt hat?«, fragte Damon. »Jemand hat ihre Hände festgehalten, ein
anderer ihre Füße und mindestens ein weiterer, vielleicht noch mehr Per-
sonen, haben sie getötet.« Damon schlug Christophers Akte wieder auf.
»Hier dasselbe. Es könnte der Beweis dafür sein, dass Werwölfe die
Schuldigen sind, da sie gern in Rudeln aufkreuzen, aber es ist kein hand-
fester Beweis. Gruppen können sich fast immer bilden. Selbst Vampire
schließen sich manchmal zusammen: Es sind nicht alle so selbstgenügsam
wie ich.«
»Matt hat nur eine einzige Person – oder was auch immer – in der
Nähe von Chris’ Leichnam gesehen«, wandte Elena ein. »Und er ist ziem-
lich schnell dort gewesen, nachdem Christopher geschrien hatte.«
Damon wedelte abfällig mit der Hand. »Das heißt nur, dass sie schnell
sind. Ein Vampir könnte das tun, noch bevor ein Mensch überhaupt Zeit
hätte, auf den Schrei zu reagieren. Fast alles Übernatürliche wäre dazu in
der Lage. Geschwindigkeit gehört zum Gesamtpaket.«
Meredith schauderte. »Ein ganzes Rudel von irgendetwas«, murmelte
sie benommen. »Dabei wäre ein Einzelner schon schlimm genug
gewesen.«
»Ein Rudel ist tatsächlich viel schlimmer«, stimmte Damon ihr zu.
»Seid ihr jetzt so weit, dass wir gehen können?«
»Wir sehen besser nach, ob es noch andere Informationen gibt, dann
räumen wir auf«, sagte Elena. »Aber möchtest du draußen vielleicht
Wache stehen? Ich hab das Gefühl, dass wir das Schicksal allmählich
herausfordern, wenn wir hier so lange bleiben. Du könntest uns ein
Zeichen geben, sobald jemand kommt, oder deine Macht einsetzen, um
denjenigen loszuwerden. Okay?«
Damon lächelte sie kokett an. »Ich werde dein Wachhund sein, Prin-
zessin, aber nur, weil du es bist.«
238/308
Meredith wartete, bis er gegangen war. Dann sagte sie trocken: »Apro-
pos Hund, erinnerst du dich, wie Damon Bonnies Hündchen getötet
hat?«
Elena öffnete noch einmal die oberste Aktenschublade und begann, sie
systematisch durchzugehen. »Ich will nicht darüber reden, Meredith.
Außerdem war es Catarina, die Yangtzee getötet hat.«
»Ich glaube einfach nicht, dass dir klar ist, worauf du dich da einlässt«,
erwiderte Meredith. »Damon ist nicht aus dem Holz gemacht, das sich für
eine tolle Beziehung eignet.«
Elenas Hände stockten. »So ist das nicht«, murmelte sie. »Es ist keine
Beziehung. Ich will keine Beziehung mit irgendjemand anderem als
Stefano.«
Meredith runzelte verwirrt die Stirn. »Nun, was war dann …«
»Es ist eben kompliziert«, unterbrach Elena sie. »Damon bedeutet mir
etwas, das weißt du. Ich sehe selbst, in welche Richtung sich das entwick-
eln könnte. Da ist etwas zwischen uns, da war schon immer etwas. Und da
Stefano nun weg ist …«, Elena stockte. »Da er weg ist, muss ich der Sache
eine
Weitere Kostenlose Bücher