Tagebuch für Nikolas
drei Stunden, den Zustand des Mannes zu stabilisieren. Wir hätten ihn beinahe verloren. Er hatte einen Herzstillstand, doch wir konnten ihn zurückholen. Ich hätte John Macdowell am liebsten geküsst, nur dafür, dass er am Leben geblieben war.
Seine Frau kam mit ihren Kindern. Sie bebte vor Angst am ganzen Körper und verlor jedes Mal, wenn sie etwas zu sagen versuchte, beinahe die Fassung. Sie hieß Meg, und auf dem Arm trug sie einen kleinen Jungen. Die junge Frau sah aus, als trüge sie das Gewicht der ganzen Welt auf ihren Schultern. An diesem Tag kam es ihr wahrscheinlich tatsächlich so vor.
Ich ließ Mrs Macdowell ein leichtes Beruhigungsmittel geben und blieb bei ihr sitzen, bis sie sich besser im Griff hatte. Auch die Kinder hatten Angst - was Wunder?
Ich nahm die Zweitjüngste, zwei Jahre alt, auf den Schoß und strich ihr sanft übers Haar. »Deinem Daddy geht es bald wieder gut«, sagte ich zu dem kleinen Mädchen.
Die Mutter schaute zu und ließ die Worte einsickern. Sie waren ohnehin eher für sie als für die Kinder gedacht.
»Dein Daddy ist hingefallen, wie du manchmal auch. Also haben wir ihm Medizin gegeben und einen dicken Verband. Jetzt wird er wieder gesund. Ich bin Ärztin, und ich versprech es dir.«
Das kleine Mädchen - alle Macdowell-Kinder - hing mir förmlich an den Lippen. Ihre Mutter auch.
»Danke sehr, Frau Doktor«, flüsterte sie. »Wir lieben John sehr. Er ist ein guter Mensch.«
»Ich weiß. Ich habe es daran gemerkt, wie sehr sich alle um ihn sorgen. Seine gesamte Mannschaft von der Baustelle ist in die Notaufnahme gekommen. Wir werden John ein paar Tage hier behalten. Sobald er entlassen werden kann, werde ich Ihnen genau sagen, was Sie zu Hause für ihn tun müssen. Sein Zustand ist jetzt wieder stabil. Wissen Sie was? Ich passe auf die Kinder auf, und Sie können zu ihm gehen.«
Das kleine Mädchen kletterte von meinem Schoß. Mrs Macdowell nahm das Baby vom Arm und reichte es mir behutsam. Er war so winzig, wahrscheinlich erst zwei oder drei Monate alt. Ich bezweifelte, dass seine Mutter älter als fünfundzwanzig war.
»Sind Sie sicher, Dr. Bedford? Haben Sie so viel Zeit?«, fragte sie mich.
»Für Sie, John und die Kinder habe ich alle Zeit der Welt.«
Ich saß da und hielt das kleine Baby im Arm, und ich musste immer an den kleinen Jungen denken, der in mir wuchs. Und auch an die Sterblichkeit und wie wir ihr jeden Tag unseres Lebens begegnen.
Ich wusste, dass ich eine ziemlich gute Ärztin war. Aber erst in dem Moment, als ich das Macdowell-Baby im Arm hielt - erst in diesem Moment wusste ich, dass ich auch eine gute Mutter sein würde.
Ich wusste, dass ich eine großartige Mom sein würde, Nick.
Nun erzähle ich dir die Geschichte, wie wir beide fast gestorben sind, Nicky.
»Was war das ?«, fragte ich. »Matt? Schatz?«
Das Reden fiel mir schwer. »Matt …da stimmt was nicht. Ich … ich habe Schmerzen … ziemlich starke Schmerzen.«
Ich ließ meine Gabel im Black Dog Tavern, wo wir zu Abend aßen, auf den Boden fallen. Das konnte nicht sein! Noch nicht. Es war zu früh! Ich war erst am Ende des achten Monats. Ich konnte keinesfalls schon Kontraktionen haben.
Matt handelte sofort. Er war besser als ich auf diesen Moment vorbereitet. Er legte ein paar Geldscheine auf den Tisch und führte mich schnell aus dem Black Dog.
Ein Teil von mir wusste, was vor sich ging. Jedenfalls glaubte ich es. Braxton-Hicks. Kontraktionen, die noch keine wirklichen Wehen sind. Manche Frauen haben diese Schmerzen, gelegentlich sogar im ersten Drittel der Schwangerschaft, und die Schmerzen sind so heftig, dass sie mit echten Wehen verwechselt werden können.
Mein Schmerz jedoch schien oberhalb der Gebärmutter zu wüten und nach oben unter den linken Lungenflügel auszustrahlen. Er kam wie ein scharfes Messer und raubte mir buchstäblich den Atem.
Wir stiegen in den Jeep und fuhren direkt zum Krankenhaus.
»Ich bin sicher, es ist nichts«, sagte ich stöhnend. »Nicky stößt nur ein wenig mit dem Kopf und lässt uns wissen, dass er gesund und munter ist.«
»Gut«, sagte Matt und fuhr weiter.
Ich war wöchentlich untersucht worden, da man meine Schwangerschaft für eine Risikoschwangerschaft hielt. Doch bis jetzt war alles in Ordnung gewesen; alles verlief zu vollster Zufriedenheit. Wenn wir in Schwierigkeiten gewesen wären, hätte ich es gewusst. Oder etwa nicht? Ich war stets auf Probleme gefasst, so unbedeutend sie auch sein mochten - als Ärztin war ich mehr
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