Tagebuch (German Edition)
andere als hervorragend. Der Junge war zwar gut beschrieben, aber der Rest … Darüber schweige ich lieber. Etwas Derartiges brachte ich beim Abwaschen aufs Tapet, und dann bekam ich es ab, aber dick!
»Wie kannst du die Psyche eines Mannes begreifen? Die von einem Kind, das ist nicht so schwierig(!). Du bist viel zu jung für ein solches Buch. Ein Zwanzigjähriger könnte es kaum erfassen.« (Warum hat er mir und Margot dieses Buch dann so empfohlen?)
Nun fuhren Dussel und Frau van Daan gemeinsam fort: »Du weißt viel zu viel von Dingen, die für dich nicht geeignet sind, du bist völlig falsch erzogen. Später, wenn du älter bist, hast du an nichts mehr Vergnügen, dann sagst du: Das habe ich vor zwanzig Jahren schon in Büchern gelesen. Du musst dich schon beeilen, wenn du noch einen Mann bekommen oder dich verlieben willst, du bist bestimmt von allem enttäuscht. In der Theorie weißt du alles, nur die Praxis fehlt dir noch!«
Wer könnte sich meine Situation nicht vorstellen? Ich wunderte mich, dass ich ruhig antworten konnte. »Sie denken vielleicht, dass ich falsch erzogen bin, aber diese Meinung teilt nicht jeder!«
Sicher ist es gute Erziehung, wenn sie mich gegen meine Eltern aufhetzen! Denn das tun sie oft. Und einem Mädchen in meinem Alter nichts über bestimmte Dinge zu erzählen, ist wohl auch hervorragend. Die Ergebnisse einer solchen Erziehung sieht man nur allzu deutlich.
Ich hätte den beiden, die mich so lächerlich machten, in diesem Moment ins Gesicht schlagen können. Ich war außer mir vor Wut und würde die Tage zählen (wenn ich wüsste, wo aufhören), bis ich diese Menschen los bin.
Sie ist schon ein Exemplar, diese Frau van Daan! An ihr sollte man sich ein Beispiel nehmen … aber ein schlechtes Beispiel! Frau van Daan ist bekannt als unbescheiden, egoistisch, schlau, berechnend und mit nichts zufrieden. Eitelkeit und Koketterie kommen noch dazu. Sie ist, daran ist nichts zu rütteln, eine ausgesprochen unangenehme Person. Ganze Bände könnte ich über sie füllen, und wer weiß, vielleicht komme ich noch dazu. Einen schönen Firnis auf der Oberfläche kann sich jeder zulegen. Frau van Daan ist freundlich zu Fremden, vor allem zu Männern, und deshalb täuscht man sich, wenn man sie erst kurz kennt.
Mutter findet sie zu dumm, um ein Wort darüber zu verlieren, Margot zu unwichtig, Pim zu hässlich (buchstäblich und im übertragenen Sinn), und ich bin nach langer Beobachtung, denn ich bin nie voreingenommen, zu dem Schluss gekommen, dass sie dies alles ist – und noch viel mehr. Sie hat so viele schlechte Eigenschaften, warum sollte ich dann mit einer davon anfangen?
Deine Anne
P.S. Die Leser mögen zur Kenntnis nehmen, dass, als diese Geschichte geschrieben wurde, die Wut der Schreiberin noch nicht abgekühlt war.
Dienstag, 3. August 1943
Liebe Kitty!
Mit der Politik geht es ausgezeichnet. In Italien ist die faschistische Partei verboten worden. An vielen Stellen kämpft das Volk gegen die Faschisten, auch Soldaten nehmen an dem Kampf teil. Wie kann so ein Land noch weiter Krieg mit England führen?
Unser schönes Radio ist letzte Woche weggebracht worden. Dussel war sehr böse, dass Kugler es zum festgelegten Datum abgeliefert hat. Dussel sinkt in meiner Achtung immer tiefer, er ist schon unter Null. Was er auch sagt über Politik, Geschichte, Erdkunde oder andere Themen, es ist so ein Unsinn, dass ich es fast nicht zu wiederholen wage. Hitler verschwindet in der Geschichte. Der Hafen von Rotterdam ist größer als der von Hamburg. Die Engländer sind Idioten, weil sie im Augenblick Italien nicht kurz und klein bombardieren usw. usw.
Eine dritte Bombardierung hat stattgefunden, und ich habe die Zähne aufeinander gebissen und mich in Mut geübt.
Frau van Daan, die immer sagt »Lass sie nur kommen« oder »Besser ein Ende mit Schrecken als gar kein Ende« ist nun die Feigste von uns allen. Heute Morgen hat sie gebebt wie ein Rohrstängel und brach sogar in Tränen aus. Ihr Mann, mit dem sie nach einer Woche Streit gerade wieder Frieden geschlossen hatte, tröstete sie. Ich wurde fast sentimental bei diesem Anblick.
Dass Katzenhaltung nicht nur Vorteile bringt, hat Mouschi uns eindeutig bewiesen. Das ganze Haus ist voller Flöhe, und die Plage nimmt mit jedem Tag zu. Herr Kleiman hat gelben Puder in alle Ecken gestreut, den Flöhen macht das aber nichts aus. Wir werden schon ganz nervös. Immer meint man, etwas auf Armen, Beinen oder anderen Körperteilen
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