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Tagebücher: 1909-1923

Tagebücher: 1909-1923

Titel: Tagebücher: 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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langer Zeit wieder menschliche Laute. Sie bemerkten freilich nicht, daß selbst diese schöne Rede Löcher hatte. Warum war das erste sachliche Wort das ihm einfiel “Unredlichkeiten”? Hätte vielleicht die Beschuldigung hier einsetzen müssen, statt bei seinen nationalen Voreingenommenheiten? Ein Mädchen aus der Küche hatte den Heizer auf dem Weg ins Bureau gesehn und Schubal hatte sofort begriffen? War es nicht das Schuldbewußtsein, das ihm den Verstand schärfte Und Zeugen hatte er gleich mitgebracht und nannte sie noch außerdem unvoreingenommen und unbeeinflußt? Gaunerei nichts als Gaunerei und die Herren duldeten das und anerkannten es noch als richtiges Benehmen? Warum hatte er zweifellos sehr viel Zeit zwischen der Meldung des Küchenmädchens und seiner Ankunft hier verstreichen lassen, doch zu keinem andern Zwecke als damit der Heizer die Herren so ermüde, daß sie allmählich ihre klare Urteilskraft verloren hätten, welche Schubal vor allem zu fürchten hatte? Hatte er der sicher schon lange hinter der Tür gestanden war nicht erst in dem Augenblick geklopft, als er infolge der nebensächlichen Frage jenes Herren hoffen durfte, der Heizer sei erledigt?
      Alles war klar und wurde ja auch von Schubal wider Willen so dargeboten, aber den Herren mußte man es anders, noch handgreiflicher sagen. Sie brauchten Aufrüttelung. Also Karl, rasch, nütze jetzt wenigstens die Zeit aus, ehe die Zeugen auftreten und alles überschwemmen.
    Eben aber winkte der Kapitän dem Schubal ab, der daraufhin sofort – denn seine Angelegenheit schien für ein Weilchen verschoben worden zu sein – bei seite trat und mit dem Diener, der sich ihm gleich angeschlossen hatte, eine leise Unterhaltung begann, bei der es an Seitenblicken nach dem Heizer und Karl sowie an den überzeugtesten Handbewegungen nicht fehlte. Schubal schien so seine nächste große Rede einzuüben.
      “Wollten Sie nicht, den jungen Mann hier etwas fragen, Herr Jakob?” sagte der Kapitän unter allgemeiner Stille zu dem Herrn mit dem Bambusstöckchen.

      “Allerdings” sagte dieser mit einer kleinen Neigung für die Aufmerksamkeit dankend. Und fragte dann Karl nochmals: “Wie heißen Sie eigentlich?”

      Karl, welcher glaubte, es sei im Interesse der großen Hauptsache gelegen, wenn dieser Zwischenfall des hartnäckigen Fragers bald erledigt würde, antwortete kurz, ohne wie es seine Gewohnheit war, durch Vorlage des Passes sich vorzustellen, den er erst hätte suchen müssen: “Karl Roßmann. “

      “Aber” sagte der mit Jakob angesprochene und trat zuerst fast ungläubig lächelnd zurück. Auch der Kapitän, der Oberkassier, der Schiffsofficier ja sogar der Diener zeigten deutlich ein übermäßiges Erstaunen wegen Karls Namen. Nur die Herren von der Hafenbehörde und Schubal verhielten sich gleichgültig.

      “Aber” wiederholte der Herr Jakob und trat mit etwas steifen Schritten auf Karl zu, dann bin ich ja Dein Onkel Jakob und Du bist mein lieber Neffe. Ahnte ich es doch die ganze Zeit über sagte er zum Kapitän hin, ehe er Karl umarmte und küßte, der alles stumm geschehen ließ.

      Wie heißen Sie? fragte Karl nachdem er sich losgelass. fühlte zwar sehr höflich aber gänzlich ungerührt und strengte sich an, die Folgen abzusehn, welche dieses neue Ereignis für den Heizer haben könne. Vorläufig deutete nichts daraufhin, daß Schubal aus dieser Sache Nutzen ziehen könnte.

    Begreifen Sie doch junger Mann ihr Glück sagte der Kapitän, der durch die Frage die Würde der Person des Herrn Jakob verletzt glaubte, der sich zum Fenster gestellt hatte, offenbar um sein aufgeregtes Gesicht, das er überdies mit einem Taschentuch betupfte, den andern nicht zeigen zu müssen. Es ist der Staatsrat Edward Jakob, der sich ihnen als ihr Onkel zu erkennen gegeben hat. Es erwartet sie nunmehr, doch wohl ganz gegen ihre bisherigen Erwartungen eine glänzende Laufbahn. Versuchen Sie das einzusehn, so gut es im ersten Augenblick geht und fassen sie sich.

      Ich habe allerdings einen Onkel Jakob in Amerika sagte Karl zum Kapitän gewendet, aber wenn ich recht verstanden habe, lautet bloß der Zuname des Herrn Staatsrat, Jakob”

    So ist es sagte der Kapitän erwartungsvoll.
      Nun mein Onkel Jakob, welcher der Bruder meiner Mutter ist, heißt aber mit dem Taufnamen Jakob während sein Zuname, natürlich gleich jenem meiner Mutter lauten müßte, welche eine geborene Bendelmayer ist.

      “Meine Herren! ” rief der

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