Tagebücher der Henker von Paris
erkennen gab, das, meiner Ansicht nach, den Menschen zum Tier herabwürdigt, so habe ich nichtsdestoweniger an der großen Miene, mit der Sie die Hand an die Waffe des Edelmannes legten, erkannt, daß Sie nicht von so gewöhnlichem Stande sind, wie Sie uns überreden zu wollen scheinen, und ich bin überzeugt, daß Sie nach dem Essen anerkennen werden, daß anständige Leute etwas Besseres zu tun wissen, als ihre Zeit damit zu verlieren, daß sie einsam zwischen zwei Tüchern schlafen.«
»Wirklich, sie können sie dazu anwenden, ihr Geld zu verlieren.«
»Oder das ihres Nächsten zu gewinnen«, erwiderte Herr von Blignac, indem er stolz einiges Geld in seiner Hosentasche klingen ließ.
»Wirklich,« sagte der Unbekannte, der seit einigen Augenblicken Herrn von Blignac durchdringend anblickte, »wirklich hat der Zufall Sie bisher nicht begünstigt, obgleich Sie, wie ich glaube, sich nie den Vorwurf machen können, daß Sie eine Gelegenheit, ihn zu versuchen, haben vorübergehen lassen.«
»Wer hat Sie so gut unterrichtet?« fragte der Gaskogner.
»Verzichten Sie auf das Spiel, Herr Chevalier von Blignac«, sagte der Fremde mit ernster Stimme.
Der Gaskogner brach in ein wildes, schallendes Gelächter aus.
»Ich kenne das menschliche Herz zu gut, um nicht vorhergesehen zu haben, wie Sie meinen Rat aufnehmen würden; indessen wiederhole ich Ihnen nochmals: entsagen Sie dem Spiel, Herr Chevalier von Blignac.«
»Und warum das?« sagte der Gaskogner, sich auf die Tafel stützend und eine heitere Miene annehmend.
»Ist es nicht wahr, Herr Chevalier von Blignac, daß Ihnen bis heute das Spiel immer sehr fatal gewesen ist?«
»Nach den Geständnissen, die ich Ihnen soeben machte, würde das, womit Sie anfangen, eben keinen großen Prediger verraten.«
»Der unerwartete Tod eines älteren Bruders hatte Sie, den jüngeren, in den Besitz des väterlichen Erbteils gesetzt. Herr von Blignac, wo ist Ihre Erbschaft geblieben?«
»Wo der Schnee bei Südwind hingeht, wie Clement Marot gesagt hat,« erwiderte der Chevalier, »aber Sie scheinen mich zu kennen, mein lieber Herr, und es ist nichts Außerordentliches dabei, mir meine Geschichte zu erzählen.«
»Wo ist die Aussteuer geblieben, die Ihre beiden für den Schleier bestimmten Nichten ihrem Kloster zubringen sollten?«
»Gott hat sie auch ohne Geld zu sich genommen; ihre Personen sind zu ehrenwert, um den schlechten Geschmack zu haben, sich zu beklagen. Ist das alles?«
»Ein wenig Geduld, Herr Chevalier. Während des Streites der Fronde waren Sie, wie ich glaube, Gefreiter im Regimente Herrn von Corinthes.«
»Pest!« sagte Paul Bertaut, »es scheint, daß Sie dem Herrn Chevalier von Blignac nicht erst gestern begegnet sind.«
»Der Herr Herzog von Beaufort«, fuhr der Fremde fort, »schätzte Sie sehr hoch; Sie waren tapfer und ein guter Kamerad; das war ein sicheres Mittel, dem Enkel Heinrichs IV. zu gefallen. Ihr Geschwätz wurde ihm so unentbehrlich, daß er Sie zu der Ehre zuließ, die Sie mir soeben erzeigen wollten. Alles ging so gut, daß Sie immer beliebter wurden; unglücklicherweise hatte dieser berühmte Herr von Beaufort von seinem königlichen Vater her einen wahren Schrecken vor allem, was einer Niederlage ähnelte. Er verlor Partie auf Partie, und in seinem Ärger wagte er zu behaupten, daß die Würfel falsch seien. Ich glaube nicht daran; wenn man aber dem, was damals erzählt wurde, Glauben beimessen will, so drehte die schlechte Laune des Königs der Hallen in wunderlicher Weise die Rollen um. Nachdem Sie bis dahin geschlagen hatten, wurden Sie nun geschlagen, Herr Chevalier.«
Der Gaskogner, dessen Gesicht seit einigen Augenblicken alle Farben des Regenbogens angenommen hatte, stieß einen schrecklichen Fluch aus, und ehe seine Gefährten es hindern konnten, hatte er seinen Degen gezogen und stürzte sich auf den Fremden.
Das Gesicht desselben bewahrte seinen spöttischen Ausdruck und verriet nicht die geringste innere Bewegung; er streckte nur in seiner unerschütterlichen Ruhe den Arm aus, preßte die Faust des Chevaliers von Blignac in seiner breiten Hand und schüttelte sie mit solcher Heftigkeit, daß dieser einen Schmerzensruf ausstieß und seinen Degen auf die Dielen fallen ließ.
»Du lügst in deine Kehle hinein,« heulte der Gaskogner; »wenn die Sache so zugegangen wäre, wie du erzählst, ich hätte gewiß Herrn von Beaufort, gleichviel ob er Herzog oder Sohn eines Königs gewesen, gezwungen, mir Rechenschaft zu
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