Tagebücher der Henker von Paris
Marseille gebracht, wo er seine beiden Söhne wiedersah, die Herzöge von Montpensier und von Beaujolais, welche beide aufgehoben worden waren, und zwar der erstere in der italienischen Armee, wo er unter Biron diente. Nach sechsmonatlicher Haft im Fort St.-Jean brachte man ihn am 2. Brumaire nach Paris zurück und sperrte ihn in die Conciergerie.
Der Tod dieses wichtigen Mitschuldigen war so fest im voraus beschlossen, daß Fouquier ihm nicht einmal die Ehre einer Anklageakte erzeigte. Mit Beiseitesetzung des Rechtsgrundsatzes
non bis in idem
bediente er sich derselben Anklage, welche Amar gegen die Girondisten, die unversöhnlichen Feinde Egalités, verfaßt hatte. Als man Egalité vorwarf, was man in gleicher Weise Carra vorgeworfen, er hätte den Herzog von York auf den Thron Frankreichs setzen wollen, unterbrach er den Vorleser, indem er ausrief: »Aber das hört sich wie ein Scherz an!« Als der Vorsitzende ihn fragte, was er zu antworten habe, sagte er in kaltem Tone: »Diese Anklagen widerlegen sich durch sich selber und sind auf mich nicht anwendbar, weil es feststeht, daß ich dem System und den Maßregeln der Partei, deren Begünstigung man mich anklagt, stets entgegen gewesen bin.«
Charles Voidel verteidigte ihn mit großem Nachdruck; aber wie schon erwähnt, sein Tod wurde für notwendig erachtet und der Herzog von Orleans flößte zu wenig Teilnahme ein, als daß die Richter vor einer Maßregel, die sie für das öffentliche Wohl ersprießlich hielten, zurückgebebt hatten. Er hörte seine Verurteilung mit großer Kaltblütigkeit an und wendete sich an Antonelle, den Vorsitzenden der Geschworenen, der einer seiner Vertrauten gewesen war, mit den Worten: »Da ihr entschieden wart, mich zu verderben, so hättet ihr wenigstens wahrscheinlichere Vorwände für euren Zweck suchen sollen; denn ihr werdet nimmermehr jemand einreden wollen, daß ihr mich aller Verbrechen schuldig glaubt, deren ihr mich für überwiesen erklärt, und Sie am wenigsten, Antonelle, der Sie mich so gut kennen. Da übrigens mein Schicksal entschieden ist, so bitte ich Sie, mich hier nicht bis morgen schmachten zu lassen, sondern zu befehlen, daß ich auf der Stelle zum Tode geführt werde.«
Der General Coustard, sein Adjutant und Konventsdeputierter, wurde mit ihm gleichzeitig verurteilt.
Die Sitzung hatte am Morgen begonnen; als der Herzog von Orleans nach der Conciergene zurückgekehrt, beklagte er sich über Hunger; man trug ihm Austern und ein Huhn auf; Coustard lud er vergebens zur Teilnahme an seinem Mahle ein.
Da das Tribunal dem traurigen Bittgesuch, welches an dasselbe gerichtet war, zu willfahren beschlossen hatte, so ließ Fouquier Charles Henri Sanson holen und Monet stellte ihm den Befehl zur unmittelbaren Hinrichtung zu, welche an noch zwei anderen Personen, die am Abend vorher verurteilt worden, vollstreckt werden sollte; außer an jenen beiden Verurteilten nämlich noch an Jacques-Nicolas de Laroque, ehemaligem Unterabgeordneten von Mortagne, und dem Wechselagenten Pierre Gondier. Pierre Gondier war beschuldigt, eine Quantität Brot aufgekauft zu haben, welche die Verteidigung auf einige vertrocknete Krusten zurückführte, die der Unglückliche aufgehoben hatte, um die Hühner einer Nachbarin zu füttern.
Es war halb vier Uhr, als mein Großvater den Befehl erhielt; in dem Augenblick jedoch, als er fortgehen wollte, gebot man ihm zu warten, und einige Augenblicke später fand eine fünfte Verurteilung statt, die des Antoine Brousse, eines Schlossergesellen; ohne Zweifel, um den Grundsätzen der Gleichheit zu huldigen, war befohlen, daß derselbe gleichzeitig mit dem Prinzen das Schafott besteigen sollte.
Der Herzog von Orléans ging mit dem General Coustard auf und nieder, als der Scharfrichter sich in dem Vorzimmer der Kanzlei zeigte. Er war ein wenig bleich, zeigte aber sonst nicht die geringste Bewegung. Mein Großvater entblößte wie gewöhnlich sein Haupt; an der Begleitung der Gendarmen, der Kleidung der Gehilfen, den Seilen und der Schere, welche sie trugen, mußte der Prinz erraten, wer der Grüßende war; er sah ihn starr an, unterbrach aber weder seine Unterhaltung, noch seinen Spaziergang. Als Charles Henri Sanson ihn fragte, ob er erlauben wollte, daß man ihm das Haar abschnitte, setzte er sich, ohne weitere Bemerkungen zu machen, auf einen Stuhl.
In diesem Augenblick brachte man die drei anderen Verurteilten geführt. Herr von Laroque trat zuerst ein; er war ein Greis von siebzig Jahren,
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