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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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damit erhob man eine Anklage gegen die Regierung. Es war das Verbrechen der Konterrevolution, wenn man nicht den göttlichen Geist des Caligula anrief. Es war das Verbrechen der Konterrevolution seitens der Mutter des Konsuls Fusius Germinus, daß sie den kläglichen Tod ihres Sohnes beweint hatte.
    Man mußte Freude bezeigen über den Tod seines Freundes, seines Verwandten, wenn man sich nicht dem eigenen Verderben aussetzen wollte. Unter Nero dankten mehrere, denen er die nächsten Verwandten getötet hatte, den Göttern dafür und erleuchteten ihre Häuser. Wenigstens mußte man eine offene und ruhige Miene haben; man fürchtete, daß die Furcht selber schuldig mache.
    Alles erregte Verdacht bei dem Tyrannen. Hatte ein Bürger sich der Popularität zu erfreuen, so war er ein Nebenbuhler des Fürsten, der einen Bürgerkrieg erregen könnte.
Studia civium in se vesteret et si multi idem audeant bellum esse.
Verdächtig.
    Floh man im Gegenteil dieser Volksbeliebtheit, indem man sich in der Ecke seines Herdes hielt, so hatte man sich durch dieses zurückgezogene Leben bemerkbar und auffallend gemacht.
Quanto metu occultior tanto plus famae adeptus
. Verdächtig.
    Warst du reich, so war eine ungeheure Gefahr vorhanden, daß das Volk durch deine Freigebigkeit bestochen würde.
Auri vim atque opes Plauti principi infensas
. Verdächtig.
    Warst du arm? Wie? Unbesieglicher Imperator, man muß diesen Mann um so mehr überwachen. Niemand ist unternehmender als der, welcher nichts besitzt.
Syllam inopem, unde praecipuam audanciam
. Verdächtig.
    Warst du düsteren und melancholischen Gemüts, so betrübte es dich nur, daß die öffentlichen Angelegenheiten so gut gingen.
Hominem honis publicis maestum
. Verdächtig.
    Wenn im Gegenteil ein Bürger es sich gut sein ließ und schwelgte, so freute er sich darüber, daß der Imperator einen Anfall von Gicht hatte; man mußte ihn fühlen lassen, daß Seine Majestät noch in der Fülle der Kraft sei.
Reddendam pro intempestiva licentia maestam et funebrem noctem qua sentiat vivere Vitellium et imperare
. Verdächtig.
    Der eine wurde getroffen wegen seines Namens oder wegen seiner Vorfahren; ein anderer wegen seines schönen Hauses zu Alba; Valerius Asiaticus, weil seine Gärten der Kaiserin gefallen hatten; Statitius, weil sein Gesicht ihr mißfallen hatte, und eine Menge anderer, bei denen man die Ursachen nicht erraten konnte.
    Wie die Ankläger so die Richter. Die Gerichtshöfe, welche Leben und Eigentum schützen sollten, waren Schlachthöfe geworden, wo alles, was Strafe und Konfiskation geheißen hatte, in Diebstahl und Mord verkehrt wurde.«
    Derjenige, der diese mutige Sprache geführt hatte, besaß weder die Kühnheit Dantons noch die Festigkeit Philippeaux' und Lacroix'; er leugnete diese unsterblichen Zeilen nicht ab, aber er nahm nicht mehr das großmütige Gefühl, welches sie ihm eingegeben hatte, als seinen schönsten Ruhm in Anspruch.
    Herman warf Lacroix ebenso wie Hérault de Séchelles seine Verbindung mit Dumouriez vor; er hielt ihm die Geständnisse vor, welche sich Miaczinski in der Hoffnung, sein Leben um einige Tage zu verlängern, hatte entreißen lassen.
    Lacroix forderte ihn auf, die Zeugen auftreten zu lassen, indem er erklärte, daß diejenigen, auf die er sich berufen wolle, nicht verdächtig sein könnten, weil er sie aus dem Schoße des Konvents selber nehmen würde.
    Fouquier gab ihm eine Antwort, die wegen des darin enthaltenen unverschämten Sophismus merkwürdig ist.
    »Weil du«, sagte er, »von mir eine förmliche Erklärung verlangst, so erkläre ich, erlauben zu wollen, daß deine Entlastungszeugen vorgeladen werden, jedoch andere, als du in dem Konvent bezeichnet; und bei dieser Gelegenheit bemerke ich, daß, da die Beschuldigung gegen dich von dem gesamten Konvent ausgeht, keines seiner Mitglieder dir als Entlastungszeuge dienen kann, denn nichts wäre lächerlicher, als zu verlangen, man sollte deine eigenen Ankläger zu deiner Rechtfertigung aufrufen lassen, und am wenigsten konstituierte Körperschaften, Verwahrer der höchsten Gewalt, welche zum Wohl des Volkes berufen und nur ihm Rechenschaft schuldig sind.«
    Fouquier versprach jedoch, dem Konvent Bericht darüber zu erstatten, und das Verhör nahm seinen Fortgang. Westermann, ebenso wie Lacroix infolge der Aussage von Miaczinski beschuldigt, antwortete sehr richtig, man hätte ihn seinem Ankläger bei Lebzeiten des letzteren gegenüberstellen müssen.
    Der Prozeß nahm für

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