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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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Revolutionär wie ich eine kalte Verteidigung erwarten? In einer Revolution sind die Männer meines Schlages unschätzbar; auf ihrer Stirn ist mit unauslöschlichen Schriftzügen das republikanische Genie, der Stempel der Freiheit ausgeprägt. Und du, Saint Just, du wirst der Nachwelt Rechenschaft ablegen über die Verleumdung, die man gegen den besten Freund des Volkes geschleudert hat. Wenn ich diese Liste des Schreckens durchlaufe, so erbebt mein ganzes innerstes Wesen!«
    Herman unterbrach ihn zum zweiten Male; er fürchtete vielleicht, daß, nachdem er sich gegen Saint Just gewendet, er sich auch gegen Robespierre wenden und das Parteihaupt erdrücken könnte. Er ersuchte den Angeklagten, sich zu seinem eigenen Vorteil zu mäßigen, indem er ihm Marats Benehmen bei ähnlicher Gelegenheit zum Muster vorhielt; ohne Zweifel wollte er damit andeuten, daß auch er gleich Marat freigesprochen werden und siegreich aus der Prüfung hervorgehen könnte.
    Man kann vermuten, daß Danton sich einen Augenblick in der Schlinge fangen ließ, denn er begann nach der Reihe die belastenden Punkte zu besprechen, welche Saint Just in seinem Bericht gegen sein Benehmen vorgebracht hatte; aber bald gewann wieder der Ungestüm seiner Natur die Oberhand.
    »Wenn ich meine Kläger herausfordere,« rief er zum zweiten Male, »so bin ich bei vollem Verstande. Man führe sie mir vor, damit ich sie in das Nichts tauche, aus dem sie niemals hätten hervorkommen sollen. Gemeine Betrüger, erscheinet, und ich werde euch die Maske abreißen, die euch vor der öffentlichen Verfolgung verbirgt!«
    Lacroix hatte Danton empfohlen, das Volk aufzuregen; das Volk war mehr als aufgeregt: es schauderte. Aller Herzen schlugen höher, sowohl im Saale wie außerhalb, denn das Gebrüll des Tribunen drang durch die geöffneten Fenster und fand seinen Widerhall jenseits der Seine. Die Richter waren niedergeschmettert. Vergebens bewegte Herman die Glocke.
    »Hörst du mich nicht?« fragte er Danton.
    »Die Stimme eines Mannes, der seine Ehre und sein Leben verteidigt, muß das Geräusch deiner Klingel überschallen.«
    Man entzog ihm das Wort unter dem Vorwande, daß er ermüdet sein müsse. Herman verhörte Hérault de Séchelles über seinen Briefwechsel mit Dumouriez und über den Anteil, welchen er an dem Rückzuge der Preußen gehabt habe. Er nahm die alte Geschichte von dem Diebstahl im Garde-meuble wieder auf, eine Waffe, welche durch die Verachtung der Girondisten, gegen die man sie bereits angewendet hatte, sehr abgestumpft war.
    Indem er dann auf Desmoulins überging, klagte er ihn an, er habe versucht, die Volksvertretung durch seine Schriften herabzuwürdigen. »Ich werde«, sagte er, »ein Muster von dem grausamen Hohn geben, womit du die heilsamsten Dekrete angreifst.« Und er begann das beredte Pamphlet vorzulesen, welches das Gesetz über die Verdächtigen dem Unwillen Camilles diktiert hatte.
    »Bald war es ein Verbrechen der Majestätsbeleidigung oder der Konterrevolution in der Stadt Nursia, den bei der Belagerung von Modena gefallenen Bewohnern, die unter Augustus selber gekämpft hatten, ein Denkmal errichtet zu haben, und zwar weil Augustus damals mit Brutus kämpfte und Nursia das Schicksal von Perugia hatte.
    Libonius Drusus ist der Konterrevolution beschuldigt, weil er die Wahrsager befragt, ob er nicht eines Tages Reichtümer besitzen würde. Der Journalist Cremutius Cordus der Konterrevolution beschuldigt, weil er Brutus und Cassius die letzten Römer genannt. Ein Nachkomme des Cassius der Konterrevolution beschuldigt, weil er ein Bildnis seines Urgroßvaters bei sich getragen. Mamercus Scaurus der Konterrevolution beschuldigt, weil er ein Trauerspiel gedichtet, in welchem zweideutige Strophen enthalten. Torquatus Silanus der Konterrevolution beschuldigt, weil er Aufwand gemacht. Perreius der Konterrevolution beschuldigt, weil er von Claudius geträumt. Appius Silanus der Konterrevolution beschuldigt, weil die Flau des Claudius von ihm geträumt. Pomponius der Konterrevolution beschuldigt, weil ein Freund des Sejanus in einem seiner Landhäuser ein Asyl gesucht. Es war ein Verbrechen der Konterrevolution, wenn man auf den Nachtstuhl ging, ohne seine Taschen geleert zu haben und in seiner Weste eine Spielmarke mit dem Bildnis des Königs behielt; denn dies verriet einen Mangel an Ehrfurcht gegen das geheiligte Antlitz des Tyrannen. Es war ein Verbrechen der Konterrevolution, wenn man sich über das Unglück der Zeit beklagte, denn

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