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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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eingeschrieben, und zwar in dem Augenblick des Verhörs von fremder Hand und mit einer Tinte, die sich von der in den Akten befindlichen unterschied, oder es seien mehrere Namen mit kleineren Buchstaben geschrieben oder eingeschaltet oder am Rande ausgeworfen oder die Namen der Angeklagten radiert oder ausgestrichen gewesen; 2. er habe in eine andere Anklageschrift den Namen eines bereits zum Tode Verurteilten und vor einem Monate Hingerichteten eingeschrieben und zum Urteil vorgelegt, als wenn derselbe noch am Leben sei; eine Tatsache, welche beweise, daß man oft nur nach den Listen gerichtet, ohne die Angeklagten vor Augen gehabt zu haben; 3. er habe verlangt, daß der Leichnam eines Angeklagten, der sich im Augenblick, da man sein Todesurteil sprach, erwürgt, nach dem Schafott getragen werde; 4. er habe vom Tribunal den Befehl zur Hinrichtung mehrerer zum Tode verurteilter Frauen, welche sich für schwanger erklärt hatten, verlangt, ohne den Gesundheitsbeamten Zeit zur Prüfung jener Erklärung zu lassen.
    In betreff der ehemaligen Richter: daß 1. viele der Urteile unausgefüllt bald von dem einen, bald von dem andern unterzeichnet worden seien, was vermuten läßt, daß sie vor dem Verhör schon zurechtgemacht worden seien und man die Angeklagten nur der Form wegen vorgeladen habe; 2. daß sie den Angeklagten und ihren Verteidigern das Wort entzogen unter dem Vorwande, es sei nicht der geeignete Augenblick zur Verteidigung und das Wort werde ihnen später erteilt werden; letzteres sei aber nicht geschehen und die Angeklagten ohne Verteidigung verurteilt worden; 3. Harny und Bravet hätten am 18. Messidor ein Urteil unterzeichnet, welches eine Person zum Tode verurteilte, die auch in der Tat hingerichtet worden, obgleich sie weder in die Anklageakte noch in die der Jury vorgelegten Fragen mit einbegriffen worden sei; 4. Barbier und Foucault hätten am 8. Thermidor einen Vater an Stelle des Sohnes verurteilt; 5. Lohier und Harny hätten am 1. Thermidor ein Urteil unterzeichnet, welches dem Sohne an Stelle des Vaters das Leben abgesprochen; in dem Prozesse befände sich eine geschriebene Notiz von Fouquier, worin er sagt, es bedürfe der Zeugen nicht; obgleich solche vorhanden gewesen und man nur vergessen habe, sie vor Gericht zu laden; 6. es fänden sich noch viel größere Vergehen in dem unausgefüllten Urteil vom 1. Messidor, welches von den Stellvertretern Naulin, Barbier, Maire, Gilbert und Liendon unterzeichnet sei; dieses Urteil enthalte weder die den Geschworenen vorgelegten Fragen noch die Erklärung der letzteren und ferner ebensowenig die Anführung des angewandten Gesetzes, nach welchem neununddreißig Angeklagte verurteilt worden seien; 7. Deliège, Scellier und Maire hätten ein Urteil vom 3. Prairial unterzeichnet, das dieselben Mängel wie das vorige trüge.«
    Nach der Lesung der Anklageakte begannen die Aussagen der Zeugen; diese waren in einer Zahl von vierhundertundneunzehn anwesend. Der größte Teil der Tatsachen, welche sie bezeugten, fanden ihren Platz bereits im vorhergehenden Kapitel.
    Infolge der Aussagen, die sich auf die Gefängnisverschwörungen bezogen, verfügte das Tribunal die Verhaftung von Herman, Lanne, Boyaval, Beausire, Benoit, Lesenne, Verney und Guyard, welche auf der Bank der Angeklagten Platz nahmen. Die ehemaligen Kanzlisten Fabricius Paris und Wolf sagten ebenfalls gegen Fouquier aus. Sie berichteten, wie Scellier einen Artikel des schändlichen Prairial-Gesetzes umschrieben, indem er sagte: »Die Verschwörer bedürfen keiner Verteidigung und noch weniger die Unschuldigen; letztere haben in den Geschworenen ihre natürlichen Verteidiger.« Sie erzählten die zynischen Späße eines Chatelêt, eines Prieur, welche während des Verhörs eine Karikatur von den Unglücklichen, die sie zum Schafott schickten, zeichneten und ihnen die ärgsten Spottnamen beilegten. Auch das zynische Wort, welches Vilate an den Präsidenten Dumas richtete, wurde wiederholt; ebenso kam ein Ausspruch des letzteren zum Vorschein, welcher die Unparteilichkeit seiner Entscheidung beurteilen läßt. »In der Revolution«, sagte er, »müssen alle, die vor dem Tribunal erscheinen, verurteilt werden.«
    Die Angeklagten verteidigten sich wie Carrier, indem sie die Schwierigkeit der Umstände, in welchen sie sich befunden, anführten; indem sie dem Tribunal das Recht absprachen, Rechenschaft von ihnen über die Urteile zu verlangen, welche sie nach ihrer besten Überzeugung gefällt hätten. Mit

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