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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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Auch dieser bebte, der Strafe ins Auge zu schauen. Carrier stieg ruhig und kaltblütig die Stufen hinauf; als aber Desmorets ihm die Hände auf die Schulter legte, um ihn auf das Fallbrett zu stoßen, hörte man mitten in der Stille der zwanzigtausend Menschen, die den Atem anhielten, den durchdringenden Ton einer Klarinette, welche das
Ça ira
spielte. Carrier wendete sich schnell nach der Seite, von welcher dieser höchste Schimpf herkam; seine Augen behielten den drohenden Ausdruck, aber sein Gesicht entstellte sich, und, ganz vergessend, daß auch er in seinen Orgien die zum Tode Gefühlten beleidigt hatte, murmelte er:
    »Elendes Volk! Wie leid tut es mir, dir gedient zu haben!«
    Dies war die öffentliche Abbitte, welche Carrier tat. Eine Minute später fiel sein Haupt.
Fouquier-Tinville
German, Vilate usw.
    In der Sitzung vom 28. Frimaire machte sich Legendre zum Organ der öffentlichen Meinung; er forderte gleichzeitig, daß die Mitglieder des Revolutionskomitees von Nantes einem gewöhnlichen Gericht überwiesen würden und daß der Konvent zu einer Reorganisation des Tribunals schritte. Die Mehrheit der Versammlung nahm die Anträge Legendres an; sie verfügte am 2. Floreal die vorläufige Verhaftung der freigesprochenen Personen und schickte sie vor das Kriminalgericht von Angers; auf den Antrag von Merlin de Douai beschloß sie, daß ein neues Revolutionstribunal eingesetzt werde, aus zwölf Richtern und zweiunddreißig Geschworenen bestehend, welches alle drei Monate erneuert werden sollte; sie gestand außerdem den Angeklagten das Recht der Verwerfung zu; sie stellte das Gerichtsverfahren fest und bestimmte im einzelnen die Verbrechen, über die zu erkennen war.
    Dieses Dekret gelangte am 8. Nivôse zur Abstimmung, und am kommenden 8. Pluviose hielt das Tribunal seine erste Sitzung im Saale der Freiheit. Die Gerechtigkeit erstand aus ihrem Grabe in dieser Höhle der Mordtaten und Ächtungen. Die Freisprechungen wurden jetzt ebenso zahlreich, wie vor einem Monat die Verurteilungen gewesen waren. Vom 25. Frimaire bis zum Aufstande im Prairial, das heißt drei Monate lang, wurde das Schafott nur viermal auf dem Grèveplatz errichtet.
    Wir haben Fouquier-Tinville als Gefangenen in der Conciergerie verlassen.
    Während der Sitzung des 21. Thermidor verlas einer der Schreiber des Konvents folgenden Brief:
    »Bürger-Präsident! Ich habe dem Konvent Tatsachen, welche für das öffentliche Wesen von Wichtigkeit und zugleich zu meiner Rechtfertigung notwendig sind, mitzuteilen; ich ersuche daher den Konvent um die Gunst, vor seine Schranke gelassen zu werden, um jene Mitteilungen zu machen. Fouquier.«
    Die Gunst, welche der Konvent seinen angeklagten Mitgliedern Danton und Robespierre verweigert hatte, bewilligte er Fouquier-Tinville. Pochelle und Defiot wollten allerdings nicht zugeben, daß man ihn höre; da aber ihr Widerstand nicht unterstützt wurde, so beauftragte der Konvent zwei Gerichtsdiener, den Bittsteller zu holen und vor die Schranke zu führen. Fouquier war bei seiner Verteidigung nicht beredter als bei seinen Anschuldigungen; seine Enthüllungen beschränkten sich auf Anklagen gegen Robespierre, der ihm nicht mehr antworten konnte. Die Versammlung schenkte diesen Mitteilungen Fouquiers wenig Teilnahme, und auf Befehl des Vorsitzenden wurde er wieder nach dem Gefängnis zurückgeführt, wo er bis zum Nivôse blieb. Nach Carriers Tode kam die Reihe, vor Gericht zu erscheinen, an ihn; er saß bereits auf dem Sessel und antwortete dem Verhör, als ein Diener des Konvents dem Präsidenten des Tribunals ein Papier zustellte; es war die Verfügung, daß das Revolutionstribunal zum zweiten Male erneuert werden solle. Die Sitzung wurde aufgehoben, und Fouquir lebte noch einige Tage länger.
    Am 8. Germinal wurde er vor die neuen Richter geführt; aber dieses Mal war er nicht allein; man hatte ihm eine Geleitschaft von vierundzwanzig seiner ehemaligen Amtsgenossen beim Bluttribunal gegeben.
    Folgendes sind die wichtigsten Tatsachen, welche die Anklageakte den Angeklagten zur Last legte. In betreff Fouquier-Tinvilles:
    »Er habe außer den bereits in der Anklageakte vom 25. Frimaire berichteten Maßregeln noch andere derselben Art gebraucht: 1. Anklageakten vorgelegt, welche mit ausgestrichenen Stellen, Nebenbemerkungen, Zwischenlinien angefüllt gewesen; er habe sie unterzeichnet und teils unausgefüllte, teils solche vorgelegt, in die die Namen der Angeklagten nach der Ausfertigung nachträglich

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