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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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konterrevolutionäre Gesinnungen vorschützten, viele andere, wie die Chauffeurs, die Banden von Orgères, verschmähten dergleichen Bedenken und raubten, um zu rauben.
    Vom Thermidor des Jahres II bis zum Vendemiaire des Jahres IV waren die öffentlichen Ausstellungen und Hinrichtungen wegen Verbrechen sehr zahlreich. Nur wenige politisch Verurteilte bestiegen das Schafott. Alle diese seltenen Opfer waren zurückgekehrte Emigranten, welche man vor das Kriminalgericht gestellt hatte.
    Infolge der Ereignisse vom Vendemiaire setzte der Konvent drei Kriegsgerichte ein, um die Rebellen der Sektionen zu richten; diese Kommissionen sollten ihre Amtstätigkeit nach zehn Tagen wieder einstellen.
    Der Aufstand war durch den General Bonaparte mit Nachdruck bekämpft worden; mit ihrem Siege zufrieden, hielt es die Regierung nicht für angemessen, gegen die Schuldigen die revolutionäre Strenge wieder herauszukehren. Man betrieb die Untersuchung mit so wenig Hast und Nachdruck, daß die meisten Verurteilungen, welche die Kommissionen aussprachen, ohne Erfolg blieben, weil die Angeklagten sich der Strafe entzogen hatten.
    Vom 24. Vendemiaire bis zum 15. Brumaire sprachen die Kriegsräte noch mehrere Todesurteile aus. Alle Verurteilten waren auf der Flucht; alle mit Ausnahme des Lemaitre retteten ihren Kopf; der letztere allein wurde am 15. Brumaire hingerichtet. Man gab sich so wenig Mühe, sie zu finden, daß die Mehrzahl nicht einmal Paris verließ und die Kühnsten sich sogar an öffentlichen Orten zu zeigen wagten. Als einer der Verurteilten vom Vendemiaire eines Abends aus der Oper kam, antwortete er auf das »
Qui vive?
« der Schildwache: »
Castelline, Contumax!
«. Und die Schildwache ließ ihn vorüber.
    Nach dem Vendemiaire war das Schafott glücklicherweise nur auf die gemeinen Verbrechen beschränkt. Für einige Zeit hörte es auf, ein Werkzeug der politischen Rache zu sein.
    Zu welchem Vorwurf man sich auch in betreff der Politik des Direktoriums berechtigt halten mag, so muß man doch anerkennen, daß diese Regierung nicht weniger nachsichtig gegen die Demagogen als gegen die Royalisten war.
    Im Monat Floreal des Jahres IV hatte man eine Verschwörung entdeckt, die nichts Geringeres bezweckte, als die Gesellschaft noch gründlicher zu erschüttern, als es die Revolution schon getan hatte; denn die Verschwörung richtete sich nicht mehr gegen die öffentlichen Einrichtungen allein, sondern gegen die Grundlagen der gesellschaftlichen Ordnung selber, gegen das Eigentum und die persönliche Freiheit.
    Schon seit dem Anfang der Revolution hatten kühne und heftige Geister erklärt, wenn die Revolution wirksam sein solle, so dürfe sie sich nicht darauf beschränken, das Volk von der politischen Knechtschaft zu befreien, ihm Rechte zu erteilen, die sich bei seinem Elende doch nicht durchführen ließen, und ihm eine eingebildete Gleichheit zuzuschreiben; es sei auch nötig, meinten sie, daß man das Volk, indem man die alte Ungleichheit des Reichtums verbessere, in den Besitz desjenigen Anteils von Landbesitz und Früchten setze, wodurch allein seine Unabhängigkeit verwirklicht werden könnte. Es war, mit einem Worte gesagt, die Theorie des Kommunismus, die wir in unseren Tagen wieder aufleben sahen. Diese nicht zahlreichen Sektierer scharten sich in der Sektion der Gravilliers um Jacques Roux, der sich als der erste zu diesen Grundsätzen bekannt hatte. Nach dem Tode des Jacques Roux fand der Kommunismus einen noch eifrigeren und einflußreicheren Apostel. Dieser Apostel war Baboeuf, das Haupt der Verschwörung vom Floreal.
    Zu Saint-Quentin von armen Eltern geboren, wurde François Noël Baboeuf von einem Einwohner von Roye erzogen, der den Knaben für geistig befähigt hielt und ihn unterrichten ließ. Man behauptete, Baboeuf hätte seine Dankbarkeit dadurch bewiesen, daß er gegen seinen Wohltäter prozessierte. Er wurde Kommissarius in Horrier und bald darauf in eine Fälschungsklage verwickelt, infolge deren er in der Zitadelle von Arras in Haft saß und seine Freiheit erst im Jahre 1789 wiedererhielt. Um diese Zeit kam er nach Paris und stellte sich in den Vortrupp der Revolution. Nach Sitte der überspannten Patrioten änderte er seinen Vornamen; der Schutzpatron, den er sich aus dem Altertum wählte, kennzeichnet das Programm seiner Ideen und seiner Pläne; er nahm den Namen Gracchus an und predigte, wie seine berühmten Vorfahren, die Verteilung der Güter, den gewaltsamen Eingriff in das Eigentum und den

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