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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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war die Pairskammer in einen Gerichtshof verwandelt worden, um über den Schuldigen zu richten.
    Wie vorher, antwortete Louvel den Kommissarien der Kammer, daß er nicht die geringste Beschwerde über den Herzog von Berry noch über einen Prinzen seiner Familie zu führen habe; er habe weder einen Beweggrund noch Vorwand zu persönlichem Haß; er sei nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl geleitet worden; er würde alle Bourbons als Feinde Frankreichs ansehen, weil sie die Waffen gegen dasselbe gefühlt hätten; sobald er bei ihrer Rückkehr die weiße Fahne habe wehen sehen, habe er den Plan gefaßt, sie alle ums Leben zu bringen, und seitdem eine Gelegenheit zur Ausführung seines Planes erspäht. Ohne Zweifel wäre er schon früher zur Tat geschritten, wenn ihm nicht der Mut gefehlt hätte, weil er sich zuweilen wider Willen die Frage gestellt habe, ob er auch wirklich im Rechte sei. Zu Metz im Jahre 1814 hätte er einen Augenblick daran gedacht, den Marschall Herzog von Valmy, den Diener der Prinzen, zu töten, diesen Gedanken aber wieder aufgegeben, in Erwägung, daß der letztere nur ein schlichter Privatmann und es angemessener sei, das Opfer in den höheren Regionen zu wählen. Er hätte Monsieur in Lyon getötet, wenn dieser bei der Landung Napoleons dort anwesend gewesen wäre. Seitdem habe er sich an den Herzog von Berry geheftet, da auf diesem die größte Hoffnung der Familie beruhte; nach dem Herzog von Berry würde er den Herzog von Angoulême getötet haben, nach dem letzteren Monsieur und nach Monsieur den König; damit hätte er vielleicht innegehalten, wenigstens habe sein Entschluß noch nicht festgestanden, ob sich die Rache auch auf die anderen Zweige der königlichen Familie erstrecken sollte. Bei seiner Verhaftung habe er nur Kummer darüber empfunden, daß er dem Gefallenen nicht noch andere Opfer hinzufügen könne; es sei ihm fern, seine Handlung zu bereuen, er betrachte dieselbe im Gegenteil als schön und tugendhaft. Übrigens beharre er bei seinen Meinungen, Ansichten und Plänen, ohne sich um das Urteil der Menschen zu bekümmern, die über solche Handlungen und Gesinnungen verschiedener Ansicht seien; noch weniger Rücksicht nehme er auf die Grundsätze der Religion, an die er nicht glaube und um die er sich niemals bekümmert habe.
    Eine solche Roheit und Schamlosigkeit erschreckte die Untersuchungsrichter; trotz der wiederholten Erklärung konnte man kaum daran glauben, daß der Wahnsinnige eine solche Kühnheit aus sich selber schöpfe. Dennoch leitete die Untersuchung auf keine Entdeckung, und der Staatsanwalt Bellart, welcher am 12. Mai 1820 die Untersuchungsakten vorlegte, sah sich genötigt, zu bekennen, daß man zwar Nachforschungen bei allen Verwandten des Mörders angestellt, diese aber nichts zu ihrer Belastung ergeben hätten; sie waren scharf ins Verhör genommen worden, doch hatte sich kein belastender Umstand finden lassen. Ohne Erfolg hatte man alle Schriftstücke durchwühlt, die auf die Spur fremder Mitschuldigen hätten führen können. Drei Monate hatte man auf diese lange, mühevolle Untersuchung verwendet; mehr als fünfzig Kommissionen wurden eingesetzt, mehr als zwölfhundert Zeugen verhört, und man entdeckte nichts, gar nichts. Man mußte sich daher mit diesem einzigen Schuldigen begnügen, der sich selber als Opfer darbot und, vereinzelt stehend, sich mit dem Glanz seiner Missetat brüstete.
    Am 26. Mai empfing er mit einem gewissen Hochmut die von Amts wegen bestellten Verteidiger Archambault und Bonnet. Er empfahl ihnen, nichts zu seiner Verteidigung anzuführen, was im Widerspruch zu seinen beharrlichen Aussagen stünde. Er hätte das Verbrechen allein begangen, ohne einen anderen Beweggrund als seinen Patriotismus. Er zeigte keine Reue. Am Abend des Verbrechens hatte er leichte Schuhe angezogen, um schneller entfliehen zu können. Wäre es ihm in der Tat gelungen, sich den Verfolgungen zu entziehen, so würde er nach seiner Wohnung im königlichen Marstall zurückgekehrt sein und dort, allem Verdacht Trotz bietend, auf neue Mittel gesonnen haben, seine Mordtaten an der königlichen Familie fortzusetzen. »Vielleicht,« fügte er hinzu, »würde ich die Person des Königs verschont haben, weil dieser der einzige aus der Familie ist, der die Waffen nicht gegen Frankreich gekehrt hat, und nur die, welche sich dieses Verbrechens schuldig gemacht haben, wollte ich bestrafen.«
    Am 5. Juni begannen die Verhandlungen vor dem Pairshofe, bei welchen der

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