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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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Entwurf seines Programms nicht gedacht hatte.
    Sei es nämlich durch Zufall oder, was wahrscheinlicher ist, daß ein Verräter den Polizeileutnant benachrichtigt hatte – Häscher und Soldaten der Polizeiwache, die nicht falsche waren, brachen plötzlich auf den Schauplatz ein und stürzten sich auf ihre Nachahmer, die nach allen Richtungen hin die Flucht ergriffen.
    Der falsche Henker, der auf einem Baumzweige über dem Delinquenten saß und seinen Strick zurechtmachte, sah und erkannte zuerst die ewigen Feinde seiner Rasse.
    Mit einem Satze war er auf dem Boden, aber beim Herabspringen stieß er Herrn von Blignac um, der sich schon auf der höchsten Stufe befand: der unglückliche Hauptmann brach in seinem Sturze das Genick; er starb auf ganz ernste Weise, während er sich zum Scherz hatte hängen lassen wollen.

Ein Pamphlet unter Ludwig XIV.
Jean Larcher
Zerrüttung in Frankreich; die Maintenon; die Prinzessin von der Pfalz; Herr de la Reynie; das Skapulier.
    Ich will jetzt eine traurige Geschichte erzählen; da aber die Ereignisse, aus denen sie ihren Ursprung nahm, schon älter sind, so muß ich einige Jahre, bis in die zweite Hälfte der Regierung Ludwigs XIV. zurückgehen, ungefähr in die Zeit, als die Sonne, die der große König zu seinem Sinnbilde gemacht hatte, zu erbleichen anfing.
    Das Augsburger Bündnis hatte den schon durch dreißig Kriegsjahre oder arge Verschwendung erschöpften Finanzen den letzten Stoß versetzt. Frankreich hatte zu Fleurus gesiegt, zu Neerwinden, zu Marseille; aber so viel Ruhm hatte es nicht zu blenden vermocht, und es berechnete sich mit Ängstlichkeit, wieviel Gold und Silber es dafür bezahlen müsse. Um dieselbe Zeit verrieten der Verlust der Seeschlacht bei Hogue und der schlechte Erfolg der Campagne von 1693, die Ludwig XIV. in Person leitete, sowohl Fremden als seinen eigenen Untertanen die zerbrechlichen Grundlagen, auf denen der Koloß ruhte.
    Das Werk der französischen Einheit, das er aus den Händen Richelieus empfangen und so ruhmreich beendet hatte, war nicht ohne Klippen. Ludwig XIV. wußte nicht eher haltzumachen, als bis er zur Übertreibung des Prinzips, dem er seine Größe verdankte, gelangt war. Nachdem er die Einheit in diese Regierung gebracht hatte, wollte er sie auch in den Gemütern seiner Untertanen herstellen. Am 17. Oktober 1685 hatte er das Edikt von Nantes widerrufen und Frankreich mit jenen seltsamen Aposteln bedeckt, die Louvois seine »gestiefelten Missionäre« [5] nannte. Im Januar 1686 raubte ein anderes Edikt den Protestanten das Recht, ihre Kinder zu behalten.
    Die Gläubigen wanderten nun in Masse aus und bereicherten das Ausland mit unserer Industrie. Diejenigen, welche Alter, Schwäche oder Kleinmütigkeit zu einem lügnerischen Abschwören ihres Glaubens zwangen, taten dies nur, indem sie der Macht, welche sie unterdrückte, heimlich fluchten.
    Nun erwachte der aufrührerische Geist der Nation, der bis dahin mehr durch Ehrfurcht als durch Despotismus niedergehalten worden war, wieder, ein heimlicher Widerstand gab sich in vereinzelten Protestationen kund, man verlangte sein Recht und vertrat es durch den Krieg der Flugschriften; die Insekten griffen den Thron an, sie unterhöhlten ihn mit der Mine und Sappe soweit, daß der mächtige Hauch der Revolution ihn stürzen mußte.
    Diese Flugschriften wurden um so gefährlicher, als bei Ludwig XIV. die Größe des Monarchen nicht die menschliche Schwäche ausgeschlossen hatte; die doppelten Strahlen des Heiligenscheins verschwanden schnell; der Held der Turniere, der ritterliche Geliebte der Lavallière, Montespan und Fontanges heiratete im Jahre 1684 die fünfzigjährige Witwe des lahmen Scarron! Diese bürgerliche Herabsetzung des Halbgottes lieh seinen Feinden eine schreckliche Waffe, die der Lächerlichkeit; sie ist tödlich bei einem Volke, das nie der Versuchung widerstehen kann, auf Kosten derer, die es liebt, zu lachen, wieviel weniger auf Kosten des Herrn, den es verabscheut!
    Im Jahre 1689 machte ein Pamphlet unter dem Titel: »Die Seufzer des geknechteten Frankreich, das der Freiheit entgegenseufzt«, ungemeines Aufsehen. Die liberalen Stoßseufzer, die es enthielt, waren eine solche Neuigkeit, daß ungeachtet ihrer dogmatischen Form selbst die oberflächlichsten Geister daran Geschmack fanden, und einige Monate lang gab es wahrhaften Wettstreit zwischen Publikum und Polizei, Exemplare zu erhaschen, bei ersterem, um sie zu lesen, bei der zweiten, sie zu zerstören. Diese Sache

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