Tagebücher der Henker von Paris
Gegenwart zu legalisieren, vermochte es doch noch nicht, wie sein Vater und sein Großvater, die Eindrücke, die es hier empfand, aufzuzeichnen. Es findet sich also eine Lücke in diesen Memoiren, die mich nötigt, mehrere Hinrichtungen zu übergehen.
Der politische Mord, das Verbrechen, das, indem es sich an der Person des Herrschers vergreift, die Existenz des Volkes, das er regiert, in Zweifel stellt, widerstrebt den Sitten und Gefühlen unserer Nation so sehr, daß das Publikum niemals einwilligt, darin die vereinzelte Handlung eines Fanatikers oder Narren zu sehen.
Hatte Ravaillac Mitschuldige? Man hat es behauptet, aber es ist nichts bewiesen worden. Ungeachtet der gerichtlichen Behauptung ist es wahrscheinlich, daß Ravaillac bei den furchtbaren Torturen, die man den Mörder Heinrichs IV. erleiden ließ, und besonders im Hinblick auf den Unwillen, den ihm die öffentliche Meinung so beredt klar machte, in seinen letzten Augenblicken die Hand, die ihn bewaffnet hatte, verraten haben, würde.
Damiens war den 9. Januar 1715 im Dorfe Thieuloy, fünf Meilen von Arras, geboren. Sein Vater, der früher Pächter gewesen, wurde gewöhnlicher Pflüger. Er war neun Jahre alt, als seine Mutter starb, und mit sechzehn Jahren trat er bei einem Pächter seines Geburtsortes in den Dienst.
Bald war er Landbauer, dann Schlosser, Kellner, Waffenknecht, Küchenjunge und Diener im Kollegium Ludwigs des Großen; er befand sich in der letzteren Stellung, als er im Februar 1739 eine Köchin namens Elisabeth Molerienne, die im Dienst der Gräfin von Crussol stand, heiratete.
Die Heirat veränderte keineswegs Damiens' vagabundierendes Leben, und die Vaterschaft hatte auch keinen Einfluß auf seine schlechten Neigungen. Nachdem er siebzehn Jahre lang nach seiner Verheiratung von Stelle zu Stelle gelaufen war, endigte er damit, seinen letzten Herrn zu bestehlen.
Um den Verfolgungen zu entgehen, floh Damiens nach der Pikardie.
Er floh bald nach Saint-Venant, bald nach Ypres, Junotland und Poperinghe.
In Poperinghe gab er schon Anzeichen der Besessenheit, die ihn zum Königsmorde führen sollte.
Um diese Zeit war die Unzufriedenheit allgemein; ein unbestimmter Begriff von Freiheit begann in den Massen aufzukeimen, und religiöse Streitfragen trugen der öffentlichen Aufregung Stoff zu.
Zu Poperinghe hatte er in dem Wirtshause des Jacobus Masselin die Bekanntschaft eines armen Leinewebers namens Nicolas Playoust gemacht und mit ihm ein Zimmer bewohnt, das der Handwerker von einer Krämerin gemietet hatte. Er erzählte mehrere Vorfälle, die bis zur Evidenz eine Geistesverwirrung Damiens' erwiesen.
So hatte auch Damiens seinen Wirt angeklagt, daß er ein Zauberer sei, weil er unter seinem Bette eine von sieben Löchern durchbohrte Wachskerze gefunden hatte, daß diese Kerze in seinen Händen zerbrochen sei und daß man ihm, wie er behauptete, vorausgesagt habe, daß er ewig unglücklich sein würde, wenn er aus Versehen eine Kerze zerbräche.
Er hatte ihm mehrere Male wiederholt: »Ich werde nach Frankreich zurückkehren und daselbst sterben; wenn ich aber sterbe, so wird auch der Größte der Erde sterben.« Und während er so sprach, sagte der Zeuge aus, gebärdete er sich wie jemand, der mit dem Stocke ficht.
Als Playoust ihn zu seiner Frömmigkeit beglückwünscht und zu ihm gesagt hatte, wenn man so viel wie er zu Gott bete, so könne man auch ruhig sein, hatte er geantwortet:
»Ich habe gut beten, er erhört mich doch nicht.«
Als sie eines Nachts Seite an Seite lagen, war Damiens plötzlich aufgesprungen und wie von Wahnsinn ergriffen nach dem Keller geflohen, wobei er ein furchtbares Geschrei ausstieß und seinen Kameraden anklagte, ein Zauberer zu sein. Dieser hatte Gewalt anwenden müssen, um ihn wieder zu Bett zu bringen.
Damiens verließ Poperinghe und seinen Freund Playoust am 10. Dezember.
Er scheint nach Paris mit dem festen Entschlusse gekommen zu sein, den König zu töten. Bei seiner Ankunft ließ er seinen Bruder holen, der ihn in einem Wirtshause der Straße Beaubourg fand; und als dieser zu ihm von dem begangenen Diebstahl sprach, unterbrach ihn Damiens rauh, indem er ihm sagte, er sei nach Paris gekommen, weil die Herren vom Parlament ihre Entlassung eingereicht hätten. Als Louis Damiens erstaunt über das Unzusammenhängende dieser Antwort war, erklärte ihm Robert François, daß er bedaure, nicht in Versailles selbst zu sein, und bat ihn, ihn zu umarmen, wobei er ihm sagte, es sei vielleicht das
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