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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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anderen Wagen voraus seien.
    Als er zur Antwort erhielt, es seien keine anderen da als der seinige, wurde seine Aufregung sehr groß, und als er nur ein Rad erblickte, wurde er bleich, und große Schweißtropfen rollten über sein Gesicht; er konnte seinen Speichel nicht mehr hinunterschlucken und murmelte mehrmals:
    »Die Verräter!«
    Dieser bisher so starke Mann wurde nun wirklich schwach, als er sich überzeugt hatte, daß dem traurigen Schauspiel, für das er sich die erste Rolle aufbewahrt hatte, die Mitspieler fehlen würden.
    Als der Sekretär des Gerichtshofes sich ihm näherte, erklärte Cartouche, daß er noch Geständnisse machen wolle, und wurde nach dem Rathause geführt, wo sich noch Herren vom Parlamente befanden.
    Am anderen Tage um ein Uhr nachmittags übergab man ihn zum zweitenmal dem Scharfrichter. Er war nicht mehr derselbe Mensch; zwar hatte er noch die Freiheit seines Geistes bewahrt, aber er hatte aufgehört, einen häßlichen Zynismus zu erheucheln; seine Festigkeit war nicht geringer geworden, aber sie hatte ihren Charakter von Prahlerei verloren, und man sah einige Tränen in seinen Augen, die gar nicht zum Weinen gemacht zu sein schienen.
    Sein beklagenswerter Instinkt nahm aber nochmals einen Aufschwung.
    Als er auf dem St. Andreaskreuze lag und ein schauderndes Stöhnen dem dumpfen Geräusche der eisernen Barre, die Fleisch und Knochen zerschmetterte, als Echo gefolgt war, rief Cartouche mit widerhallender Stimme wie ein Spieler, der seine Stiche zählt:
    »Eins!«
    Das war aber auch alles.
    Seine erzwungene Fassung brach unmittelbar darauf, und er hörte nun nicht mehr auf, das göttliche Erbarmen anzuflehen.
    Die Orders, die zum Rade verurteilten, wurden durch einen geheimen Artikel, den man das »Retentum« nannte, gemildert. So vielfach Cartouches Verbrechen auch gewesen, war ihm doch die Wohltat des »Retentums« bewilligt worden; man hatte ihm den letzten Teil seines grausamen Leidens ersparen wollen, aber der Sekretär des Gerichts hatte in seiner Aufregung oder in der Verwirrung bei einer so außerordentlichen Hinrichtung vergessen, dem Scharfrichter das »Retentum« zu bezeichnen.
    Trotz seines geschwächten Zustandes hatte Cartouche eine so kräftige Körperkonstitution, daß er erst nach dem elften Schlage mit der Barre ganz zerbrochen sein konnte, und ich kann trotz der späteren Aussage des Sekretärs versichern, daß er noch länger als zwanzig Minuten lebte, nachdem er auf das Rad geflochten war.

Ein Attentat auf Ludwig XV.
François Damiens
    Charles Sanson, der zweite, starb am 12. September 1726, kaum fünfundvierzig Jahre alt. Seine Witwe ließ ihm in der Kirche Saint-Laurent, unter Beistand der ganzen Geistlichkeit der Gemeinde, einen großen Trauergottesdienst abhalten. Eine Menge Armer folgte dem Sarge, denn da er gefühlvoller und umgänglicher als Sanson von Longval gewesen, datieren von ihm die Gewohnheiten des Mitleids und der Wohltätigkeit, durch die der größte Teil meiner Vorfahren sich bemüht hat, die grausamen Pflichten ihres Standes zu versöhnen.
    Charles Sanson hinterließ drei Kinder: eine Tochter, Anna Renée Sanson, geboren 1710, die einen gewissen Zelle in Soissons heiratete, und zwei Söhne, Charles Jean Baptiste Sanson und Nicolaus Charles Gabriel Sanson, von denen der erste im April 1719, der jüngere im Mai 1721 geboren worden war.
    Das jugendliche Alter dieser beiden Erben des Schwertes des Gesetzes wäre eine gute Gelegenheit für Martha Dubut gewesen, eine Nachfolge im Amt für ihre Söhne abzulehnen. Sie war jedoch anderer Meinung, tat im Gegenteil eifrige Schritte, damit Charles Jean Baptiste mit dem finstern Amte bekleidet werde, das sein Vater vakant gelassen.
    Das strenge Gesicht dieser Frau, das ich noch unter meinen Familienporträts finde, beweist, daß sie von ungewöhnlicher Härte gewesen sein müsse. Sie hielt sich verpflichtet, ihren Söhnen das Erbteil des Vaters unberührt zu erhalten.
    Von dem Kriminalleutnant und dem Generalprokurator unterstützt, hatten ihre Schritte Erfolg. Charles Jean Baptiste war kaum sieben Jahre alt, als diese Artemisia des Schafotts ihn zum Scharfrichter ernennen ließ. Während seiner Minderjährigkeit versahen zwei Stellvertreter in seinem Namen das Geschäft, zuerst Georg Hérisson, der später Scharfrichter von Melun wurde, dann ein gewisser Prudhomme.
    Obwohl dieses arme Kind durch seine Stellvertreter auf den Grèveplatz geführt wurde, um den Hinrichtungen beizuwohnen und diese durch seine

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