Tagebücher der Henker von Paris
weniger als monarchischen Erscheinungen hatten ihm klar das Drohende der ganzen Sachlage enthüllt. Die Vereinigung der drei Stände in der Nationalversammlung ließ ihm keinen Zweifel mehr, daß der Staat an einem Punkte angelangt war, wo er mehr oder minder gewaltsam andere Formen annehmen mußte.
Ich würde einen ungeheuren Fehler begehen, ja in den Memoiren meines Großvaters Lücken lassen, wenn ich nicht sagen wollte, daß auch er sich mit Begeisterung den Ansichten seiner Zeit anschloß. Aber ich muß hinzufügen, daß Charles Henri Sanson ungeachtet seiner Bewunderung für die Grundsätze des Jahres 1789, in denen er eine frohe politische Botschaft für die Zukunft erblickte, ungeachtet seiner Ergebenheit der neuen Ordnung der Dinge gegenüber, welche er mit aufrichtiger Sehnsucht herbeiwünschte, nimmer aufhörte, der Monarchie und der Person des Königs treu ergeben zu sein.
Charles Henri Sanson gehörte so recht eigentlich zu der sehr zahlreichen Partei, welche damals alle ihre Wünsche und Hoffnungen auf die Errichtung eines konstitutionellen Königtums setzte und sich nur zu ihrem und Frankreichs Unglück durch Schwärmer, ganz gesetzlose Hitzköpfe oder Bösgesinnte von ihrer ursprünglichen Ansicht abbringen ließ.
Gegen Ende des Jahres 1789, das an Ereignissen so reich war, kam auch die Frage betreffs einer Umgestaltung und Erneuerung der französischen Gesetzgebung in der großen Nationalversammlung auf. Wenn seither nichts diese Vereinigung der bedeutendsten Köpfe Frankreichs ausgezeichnet hätte, so würde sie schon die Beantwortung der bezeichneten Frage, welche ein Muster in ihrer Art ist, mit Ruhm bedecken.
Etwa im Monat Oktober hatte der Doktor Guillotin, Deputierter des dritten Standes in Paris, einen Antrag gestellt, demzufolge die Todesstrafe gleichmäßig ohne Standesunterschied über jedermann verhängt werden sollte. In besagtem Antrage war die Enthauptung als die sicherste, schnellste und am wenigsten schmerzhafte Weise, jemanden vom Leben zum Tode zu bringen, betrachtet worden.
In diesem Zeitraum schwebten drei große Prozesse bei dem Châtelet, welches den Rang eines obersten Gerichtshofes erlangt hatte; alle drei Prozesse erregten in gleicher Weise die heftigsten Volksleidenschaften. Der erste richtete sich gegen den Generalpächter Augeard, der angeklagt war, dem Könige Gelder verschafft zu haben, mit denen er die auf dem Marsfelde zusammengezogenen Truppen besolden konnte.
Der zweite Prozeß war gegen den Baron de Besenval, Generaloberst der Schweizergarde, der im vorigen Monat Juli auf dem Marsfelde kommandiert hatte, anhängig gemacht, und endlich der dritte gegen den Marquis de Favras, den man beschuldigte, zur Nachtzeit Truppen nach Paris einführen gewollt zu haben, um die Hauptbeamten der ersten Verwaltungszweige zu stürzen, die Nationalversammlung aufzuheben und den König und die königliche Familie nach Peronne zu führen. Die Herren Augeard und de Besenval waren bestochen worden; dies hatte den Unwillen des Volkes aufs höchste erregt, und täglich erscheinende Schmähschriften und Flugblätter vermehrten noch die Erbitterung. Die Lage des Marquis de Favras wurde durch diese Vorgänge sehr gefährlich.
Zu dieser Zeit gab es nicht einen königlichen Beamten der Monarchie, der, was die Rettung des Königs anbetraf, nicht auch einen solchen Plan gehabt hätte. Aber der unternehmende Charakter des Marquis de Favras konnte sich nicht bloß mit einer unnützen königlichen Flucht zufriedengeben; er beschäftigte sich mit mehr Eifer als Umsicht damit, die Mittel und Wege zu finden, sein Vorhaben in Ausführung bringen zu können. Der Marquis de Favras trug sich zuerst mit dem Gedanken, ein Heer von dreißigtausend königlich Gesinnten zu vereinigen, deren Zusammenziehung und Bewaffnung so heimlich als möglich geschehen sollte, daß niemand etwas vor dem Augenblicke der Tat gewahr würde.
Drei Werber, namens Morel, Turcati und Marquies, verrieten ihn, und in der Nacht vom 25. Dezember ließ das zur Untersuchung des Staatsverbrechens von der Nationalversammlung eingesetzte Komitee den Marquis und seine Gemahlin an der Place Royale verhaften.
Etwa seit dem 8. Januar 1790 versammelten sich dann täglich beträchtliche Volksmengen, vor dem Châtelet die das Haupt des Angeklagten forderten.
Am 18. Februar erschien er vor seinen Richtern.
Im Augenblicke, wo man ihn ins Verhör führte, wurden einige Ausrufungen laut, welche die dem Gerichtshofe wie dem Angeklagten
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