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Tagebücher

Tagebücher

Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Fleck; dieser Fleck nun war sogar mit Absicht angebracht, der kleinen, von ihm über das Bild hingehenden Beleuchtung wegen, in welcher dann der Maler weitergearbeitet hatte. Sein nächstes Ziel war nun vor allem den Mund, an dem schon einiges aber nicht genug geschehen war, und dann die Nase in die Umwandlung mit einzubeziehn, wozu er auf die Klage Maxens, daß sich die Litographie auf diese Weise immer mehr von der schönen Farbenskizze entferne, bemerkte, daß es gar nicht ausgeschlossen sei, daß sie sich ihr wieder annähern werde. Nicht zu übersehn war jedenfalls die Sicherheit, mit welcher der Maler in jedem Augenblick des Gesprächs auf das Unvorhergesehene seiner Eingebung vertraute und daß nur dieses Vertrauen seine künstlerische Arbeit mit dem besten Recht zu einer fast Wissenschaftlichen machte. - Zwei Litographien
    "Apfelverkäuferin" und "Spaziergang" gekauft

    Ein Vorteil des Tagebuchführens besteht darin, daß man sich mit beruhigender Klarheit der Wandlungen bewußt wird, denen man unaufhörlich unterliegt, die man auch im allgemeinen natürlich glaubt, ahnt und zugesteht, die man aber unbewußt immer dann leugnet, wenn es darauf ankommt, sich aus einem solchen Zugeständnis Hoffnung oder Ruhe zu holen. Im Tagebuch findet man Beweise dafür, daß man selbst in Zuständen, die heute unerträglich scheinen, gelebt, herumgeschaut und Beobachtungen aufgeschrieben hat, daß also diese Rechte sich bewegt hat wie heute, wo wir zwar durch die Möglichkeit des Überblickes ber den damaligen Zustand klüger sind, darum aber desto mehr die Unerschrockenheit unseres damaligen in lauter Unwissenheit sich dennoch erhaltenden Strebens anerkennen müssen.

    Durch Werfels Gedichte hatte ich den ganzen gestrigen Vormittag den Kopf wie von Dampf erfüllt.
    Einen Augenblick fürchtete ich die Begeisterung werde mich ohne Aufenthalt bis in den Unsinn mitfortreißen.

    Quälendes Gespräch vorgestern abend mit Weltsch. Meine Blicke liefen aufgescheucht eine Stunde lang auf seinem Gesicht und Hals hin und her. Einmal wußte ich mitten in einer durch Aufregung Schwäche und Gedankenlosigkeit hervorgerufenen Gesichtsverzerrung nicht bestimmt, ob ich ohne dauernde Verletzung unseres Verhältnisses aus dem Zimmer herauskommen werde. Draußen in dem regnerischen für schweigendes Gehn bestimmten Wetter atmete ich auf und wartete dann zufrieden eine Stundelang vor dem "Orient" auf M. Solches Warten mit langsamen Blicken auf die 96
    Uhr und gleichgültigem Hin- und Hergehn ist mir fast ebenso angenehm, wie das Liegen auf dem Kanapee mit gestreckten Beinen und den Händen in den Hosentaschen. (Im Halbschlaf glaubt man dann die Hände gar nicht mehr in den Hosentaschen zu haben, sondern sie scheinen als Fäuste oben auf den Schenkeln zu liegen)

    24. XII (1911) So. Gestern war es lustig bei Baum. Ich war dort mit Weltsch. Max ist in Breslau.
    Ich fühlte mich frei, konnte jede Bewegung bis zu ihrem Ende ausführen, ich antwortete und hörte zu wie es sich gehörte, machte am meisten Lärm und sagte ich einmal eine Dummheit, so wurde sie nicht Hauptsache, sondern war gleich fortgeschwemmt. Ebenso war der Nachhauseweg mit Weltsch im Regen, trotz Pfützen, Wind und Kälte vergieng er uns so rasch, als wären wir gefahren.
    Uns beiden tat es leid, Abschied zu nehmen.

    Als Kind hatte ich Angst und wenn nicht Angst so Unbehagen, wenn mein Vater, wie er als Geschäftsmann öfters tat, vom Letzten oder vom Ultimo sprach. Da ich nicht neugierig war und wenn ich auch einmal fragte, infolge langsamen Denkens die Antwort nicht rasch genug verarbeiten konnte und weil oft eine einmal aufgetauchte schwach tätige Neugierde schon durch Frage und Antwort befriedigt war, ohne auch noch einen Sinn zu verlangen, so blieb mir der Ausdruck der Letzte ein peinliches Geheimnis dem infolge bessern Aufhorchens der Ausdruck Ultimo zur Seite trat wenn auch nie in so starker Bedeutung. Schlimm war es auch daß der so lange befürchtete Letzte niemals rein berwunden werden konnte, denn war er einmal ohne besondere Anzeichen ja ohne besondere Aufmerksamkeit vorübergegangen, denn daß er immer nach beiläufig 30 Tagen kam, merkte ich erst viel später, und war der Erste also glücklich angekommen, fieng man allerdings nicht mit besonderem Entsetzen, was aber ohne Überprüfung zu dem andern Unverständlichen gelegt wurde, wieder vom Letzten zu reden an.

    Als ich gestern mittag zu W. kam, hörte ich die Stimme seiner Schwester, die mich begrüßte, sie

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