Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)
Galerie Eisenman. Ihr Vater hat damit seinen Weltruhm begründet. Sind wir uns soweit einig, Mort?“
„Ja und?“, fragte Mort, sichtlich schlecht gelaunt.
„‚Die Hütte des Zollwärters in Varengeville‘, die demnächst bei Sotheby’s angeboten wird, stammt aus diesem Konvolut. Ihre Mutter Nora war im Besitz der Echtheitszertifikate. Wie also konnte der Doktorand von Professor Holtheimer ‚Die Hütte des Zollwärters in Varengeville' freilegen und für echt befinden?“
„Weil er ein Doktorand ist und von Tuten und Blasen keine Ahnung hat“, sagte Holtheimer.
„Ein blutiger Anfänger“, sagte Mort Eisenman.
„So, ein Anfänger. Das genau ist nämlich das Problem, Mort Eisenman. Ihr Vater hatte sehr bald erkannt, dass die Bilder, die sich in Noras Besitz befanden, Fälschungen waren. Da Nora aber über die Echtheitszertifikate verfügte, konnte Ihr Vater die Bilder auch als echt verkaufen. Der Erfolg und Reichtum Ihrer Firma und Familie, lieber Mort, ist mit Fälschungen begründet worden. Ihre Mutter Nora hat das Walter Sprengler nie verziehen. Ihr Vater Isaac musste nur dafür sorgen, dass die Originale nie auftauchen würden. Was also lag näher, als die Kopien dem Sohn von Walter Sprengler zurück zu verkaufen? Damit waren Sie aus der Gefahrenzone heraus. Denn sollten irgendwo die echten Werke auftauchen, wäre der gute Ruf des Hauses Eisenman dahin gewesen. So ist es doch gewesen, Mort, oder?“
Hüseyin hatte die Kamera auf Mort gerichtet. Man sah an seinen Wangen, wie es in ihm arbeitete.
„Dieser Scheißkerl hat betrogen meine Eltern. Erst er hat unter dem Deckmäntelchen des Wohltäters meinem Vater abgenommen die Klinik, und dann er hat gegeben meinen Eltern Fälschungen als Tauschobjekt. Er war ein Nazischwein. Meine Mutter ihn hat gehasst abgrundtief. Mort, hat sie zu mir gesagt, es nie darf herauskommen, wie wir haben überlebt, aber wenn es dir gelingt diese Sippe zu ruinieren, dann ist das nichts als ausgleichende Gerechtigkeit. Jawoll, ich habe Sigurd Sprengler die Fälschungen zurück verkauft, die sein Vater meinen Eltern angedreht hat.“
Die anwesenden Sprenglers waren durch die Bank blass geworden.
„Bist du verrückt geworden, du hast dir unser gesamtes Vermögen mit Fälschungen unter den Nagel gerissen?“, schrie Sabine.
Linda saß zunächst starr in ihrem Sessel. Dann fing sie an zu lachen. Sie lachte so lange, bis ihr die Tränen herunter kullerten. Nils starrte fassungslos in die Kamera. Er war wohl der Erste, der das soeben Gesagte in seiner ganzen Tragweite begriff.
„Ich fasse also mal zusammen“, sagte er, ungläubig den Kopf schüttelnd, „mein Großvater Walter hat der Familie Braun Fälschungen angedreht. Ich bin mir im Übrigen gar nicht so sicher, dass mein Großvater wusste, dass es sich dabei um Fälschungen handelte. Und wenn er es gewusst hat, könnte es vielleicht sein, dass er die Originale schützen wollte und sie nach der Naziherrschaft gegen die Fälschungen austauschen wollte? Ihm muss doch klar gewesen sein, dass man mit einer echten Expertise jede halbwegs gute Fälschung verkaufen kann.“
„Er hat es nicht gewusst, Nils“, sagte Linda. „Er kann es nicht gewusst haben, denn er hat jahrzehntelang nach Nora gesucht.“
„Ja, vielleicht, um ihr die echten Bilder zu geben.“
„Nein, die Fälschungen waren ja bereits verkauft und Nora war wie vom Erdboden verschluckt“, sagte Linda.
„Moment mal“, sagte Professor Holtheimer. „Darf ich mal fragen, wann Ihr Vater die Bilder nach Amerika gebracht hat?“
Linda überlegte. „Mein Vater hat immer erzählt, dass Richard Braun 1940 gestorben sei und Nora die Bilder danach abgeholt hatte.“
„Aber 1940 konnte Ihr Vater auf gar keinen Fall irgendeinen Kunstbesitz aus Deutschland herausschmuggeln“, sagte Holtheimer. „Deutschland befand sich bereits im Krieg und glauben Sie mir, die Nazis waren mit dem deutschen Kunstbesitz sehr eigen. Wann sind denn Ihre Eltern nach Amerika gekommen?“, fragte Holtheimer in Richtung Mort Eisenman.
„Meine Eltern waren über Prag, Paris und Lissabon nach Amerika gekommen, sie landeten noch vor meiner Geburt 1940 in New York.“
„Wissen Sie, wann Ihre Eltern aus Berlin geflohen sind?“, fragte Holtheimer.
„Ich glaube, 1937“, sagte Eisenman.
„Wenn die Bilder zu diesem Zeitpunkt nach Amerika geschafft worden waren, dann gab es auch 1937 nur eine Möglichkeit: Die Bilder mussten bereits im Ausland gelagert gewesen sein“, sagte
Weitere Kostenlose Bücher