Tai-Pan
Bug zu geben!«
»Jawohl, Sir!« Cudahy sprang zum ersten Geschütz und richtete es.
»Käpt'n! Lassen Sie das Langboot fertigmachen. Sie werden das Boot übernehmen. Wenn wir das Schiff nicht vorher versenken.«
»Warum schickst du ein Boot aus, Dirk?« fragte Robb und trat zu Struan.
»Ich lasse keine Piratendschunke näher als fünfzig Yards heran. Es könnte sich um einen Brander handeln, oder sie ist vielleicht mit Pulver vollgestopft. In solchen Zeiten ist es besser, auf jede Teufelei vorbereitet zu sein.«
Etwas verlegen tauchte in diesem Augenblick im Niedergang Culum auf. Er trug jetzt Seemannskleidung – ein dickes wollenes Hemd, wollene Jacke, eine Hose mit weiten Beinen und geflochtene Schuhe.
»Hallo, mein Junge«, rief Struan.
»Was geht denn hier vor?«
Struan berichtete ihm und fügte hinzu: »Diese Kluft steht dir. Du siehst weit besser darin aus.«
»Es geht mir auch viel besser«, antwortete Culum, aber er fühlte sich in dieser Kleidung keineswegs wohl; sie war ihm fremd.
Als die Piratendschunke hundert Yards entfernt war, gab die China Cloud einen Schuß vor ihren Bug ab, und Struan griff nach einem Sprachrohr. »Beidrehen!« brüllte er. »Oder ich schicke euch auf den Grund!«
Gehorsam drehte die Dschunke in den Wind, holte die Segel ein und trieb nun in der kräftigen Strömung.
»China Cloud, ahoi! Bitte um die Erlaubnis, an Bord zu kommen!« brüllte der schwarzbärtige Mann zurück.
»Warum, und wer sind Sie?«
»Käpt'n Scragger, ehemals aus der Stadt London«, rief der Mann zurück und lachte schallend. »Ein Wort unter vier Augen, Mylord Struan, sozusagen privat!«
»Kommen Sie allein an Bord. Unbewaffnet!«
»Parlamentärflagge, Kamerad?«
»Jawohl!« Struan trat an die Reling des Achterdecks. »Behalten Sie die Dschunke im Ziel, Mr. Cudahy!«
»Ist genau im Ziel, Sir!«
Ein kleines Beiboot wurde von der Dschunke aus zu Wasser gelassen, Scragger stieg behende hinein und begann in Richtung auf die China Cloud zu rudern. Als er sich näherte, stimmte er mit fröhlicher Stimme ein Lied an. Es war ein Seemannslied: »Schieß den Mann nieder.«
»Verrückter Hund«, sagte Struan, dem der Mann trotz allem Spaß machte.
»Scragger ist ein ungewöhnlicher Name«, meinte Robb. »Hat nicht Großtante Ethel einen Scragger aus London geheiratet?«
»Richtig, daran habe ich auch schon gedacht.« Struan lächelte. »Vielleicht haben wir da einen Verwandten, der unter die Piraten gegangen ist.«
»Sind wir nicht alle Piraten?«
Struans Lächeln verstärkte sich. »Noble House wird in deinen Händen sicher sein, Robb. Du bist ein weiser Mann – weiser, als du selber wahrhaben möchtest.« Er blickte wieder zum Beiboot hinüber. »Völlig verrückt!«
Scragger schien ein Mann in den Dreißigern zu sein. Sein langes ungekämmtes Haar und sein Bart waren pechschwarz, die Augen hellblau und klein, seine Hände mächtige Pranken. Er trug goldene Ringe in den Ohren, die linke Gesichtshälfte war durch eine gezackte Narbe entstellt.
Er belegte sein Beiboot und kletterte die Strickleiter mit der Geschicklichkeit, wie sie lange Übung gibt, hinauf. Als er an Bord sprang, grüßte er mit gespielter Unterwürfigkeit und verbeugte sich tief zum Achterdeck hin. »Guten Morgen, Euer Gnaden!« Dann wandte er sich zu den Seeleuten, die ihn anstarrten: »Guten Morgen, Kameraden! Mein Herr und Gebieter, Wu Fang Tschoi, wünscht euch eine glückliche Heimreise!« Er grinste und ließ dabei abgebrochene Zähne sehen; dann kam er aufs Achterdeck und blieb vor Struan stehen. Er war kleiner als Struan, aber stämmiger. »Gehen wir nach unten!«
»Mr. Cudahy, durchsuchen Sie ihn!«
»Ich habe die Parlamentärflagge gesetzt und bin nicht bewaffnet, das ist die volle Wahrheit. Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe!« rief Scragger mit dem Ausdruck tiefster Unschuld.
»Sie werden trotzdem durchsucht.«
Scragger ließ die Durchsuchung über sich ergehen. »Jetzt zufrieden, Tai-Pan?«
»Für den Augenblick, ja.«
»Dann gehen wir nach unten. Allein. Wie ich es erbeten habe.«
Struan überprüfte die Zündladung seiner Pistole und ließ Scragger den Niedergang betreten. »Ihr anderen bleibt an Deck.«
Zu Struans Verwunderung suchte sich Scragger seinen Weg durch das Schiff mit der Vertrautheit eines Mannes, der schon früher einmal an Bord gewesen war. In die Kajüte gelangt, warf er sich in einen der bequemen Sessel und streckte zufrieden seine Beine aus. »Ich würde meine Kehle gern
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