Tai-Pan
bewegen, seinen Standpunkt zu ändern und zu gestatten, daß sich in Hongkong ein Mandarin niederläßt. Ti-sen wird sofort auf dieses Angebot eingehen, weil er auf diese Weise alles zurückerhält, was er durch den Krieg herzugeben gezwungen war; er wird die Million von den Co-hongs erpressen, und sie werden nur zu gern zahlen, da sie die Ausgabe sofort auf den Preis des Tees aufschlagen, den sie unbedingt an uns verkaufen wollen und den wir ebenso unbedingt von ihnen zu kaufen suchen. Unser armer kleiner Willie ist dabei kein Problem, und keiner der anderen Kaufleute wird gegen einen Mandarin etwas einzuwenden haben. Nur werden wir diesen Mann nicht ›Mandarin‹ nennen, sondern einen neuen Namen für ihn erfinden, damit auch die Schlauesten von dieser Fährte abgelenkt werden. ›Handelskommissar‹ vielleicht. Die Kaufleute werden keine Einwendungen gegen einen chinesischen ›Handelskommissar‹ erheben, weil durch ihn der Handel erleichtert und das Zahlen der Zollgebühren vereinfacht wird. Wer aber soll nun dieses geheime Angebot machen? Auch das liegt klar auf der Hand: der alte Jin-kwa. Er ist der reichste und der listigste der Co-hongs und dein Hauptlieferant; außerdem kennst du ihn seit zwanzig Jahren. Er ist zweifellos der Mann, der hier in Frage kommt.
Ein Mandarin wird die Zukunft von Noble House gewährleisten. Gut. Aber er wird Hongkong unterminieren. Er wird den Plan vereiteln. Oder spielst du mit dem Gedanken, dieses Abkommen zu treffen, weil du weißt, daß du die anderen später einmal übers Ohr hauen wirst? Das ist ein fürchterliches Risiko – du weißt genau, daß ein Mandarin gleichbedeutend ist mit dem ganzen System. Du kannst ein so verteufeltes Vermächtnis weder Robb noch Culum oder ihren Kindern hinterlassen. Aber ohne das Silber gibt es auch kein Noble House und keine Zukunft mehr.
»Was hatten Sie sagen wollen, Dirk?«
»Befehlen Sie Ti-sen im Namen der Königin, er solle jeden Gedanken an einen Mandarin in Hongkong aufgeben.«
»Völlig meine Ansicht.« Longstaff setzte sich zufrieden an den Schreibtisch und griff nach dem Federkiel. »Was soll ich also sagen?«
Und was soll ich tun, armer Willie, wie führe ich den zweiten Schritt aus? fragte sich Struan. Heiligt der Zweck wirklich die Mittel? »Schreiben Sie folgendes: ›An Ti-sen in Kanton. Wir übermitteln Ihnen hiermit eine grundsätzliche Erklärung: Nur Ihrer Britannischen Majestät, Königin Victoria, steht das Recht zu, Beamte auf der britischen Insel Hongkong zu ernennen. Es wird dort weder chinesische Beamte noch Zollgebäude geben.‹« Er zögerte und fuhr dann entschlossen fort, denn er spürte, daß dies der richtige Zeitpunkt war, es auszusprechen: »›Alle Chinesen, die in Ihrer Majestät Kolonie Hongkong ihren Wohnsitz haben, sind künftig britische Untertanen und unterstehen ausschließlich den Gesetzen Englands.‹«
»Aber das geht doch über meine Vollmachten hinaus!«
»Es ist bei Bevollmächtigten üblich, daß sie ihre Vollmachten überschreiten. Deshalb werden sie auch mit solcher Sorgfalt ausgewählt, Will. Deshalb haben wir auch ein Empire. Deshalb gab es einen Raffles, einen Hastings, Clive, Raleigh und Wellington. Sie, Will, sind von der Regierung Ihrer Majestät mit der Vollmacht ausgestattet, einen Vertrag mit China abzuschließen. Was wissen denn die zu Hause von China, und was kümmert es sie? Sie aber sind ein Neuerer, ein Mann, der Geschichte macht, Will. Sie sind bereit, sich mit einer kleinen, öden, fast unbewohnten Insel zufriedenzugeben, während es doch in der Welt zum guten Ton gehört, sich ganze Kontinente zu schnappen. Sie könnten ganz China in die Tasche stecken, wenn Sie nur wollten. Aber Sie sind viel schlauer.«
Longstaff zögerte und saugte am Ende des Federkiels. »Ja, aber ich habe mich bereits damit einverstanden erklärt, daß die Chinesen auf Hongkong chinesischem Gesetz unterstehen, wobei alle Arten der Folter ausgeschlossen sind.« Ein Schweißtropfen bildete sich auf seinem Kinn. »Das war eine Klausel des Vertrages, und ich habe diesbezüglich eine besondere Erklärung abgegeben.«
»Sie haben es sich jetzt eben anders überlegt, Will. Ebenso wie Ti-sen es sich anders überlegt hat. Es gab jedoch keine Klausel, der zufolge ein Mandarin ernannt werden sollte.«
»Aber wir hatten es so besprochen. Es war vereinbart.«
»Aber es entsprach nicht Ihren Vorstellungen. Auch nicht den meinen. Er versucht, Sie hereinzulegen. Wie er es auch mit Tschuschan gemacht
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