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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Nasenlöchern eine Prise Schnupftabak hoch und nieste. »Ich nehme an, Sie wissen, daß die Herrscher über China keine Chinesen sind?«
    »Nein, Sir.«
    »Die Hälfte aller Schwierigkeiten rührt daher, heißt es. Es sind Mandschus. Aus der Mandschurei. Wilde Barbaren aus der Gegend nördlich der ›Großen Mauer‹. Sie sollen seit zweihundert Jahren über China herrschen. Die Chinesen müssen uns wohl für Idioten halten. Da haben sie uns von einer riesigen Mauer erzählt – ähnlich dem Hadrianswall –, eine Befestigung quer durch den ganzen Norden Chinas, der sie vor wilden Stämmen schützen soll. Sie ist angeblich über dreieinhalbtausend Meilen lang, vierzig Fuß hoch und dreißig Fuß dick, und oben so breit, daß acht Reiter nebeneinander Platz finden. Alle dreihundert Yards soll sich ein Wachtturm erheben. Das Material besteht aus Ziegeln und Granit. Errichtet wurde sie vor zweitausend Jahren.« Er schnaufte verächtlich. »Lächerlich!«
    »Meiner Ansicht nach gibt es sie«, sagte Struan.
    »Hören Sie, Dirk«, rief Longstaff. »Es war doch vor zweitausend Jahren völlig unmöglich, eine solche Befestigung zu bauen.«
    »Es heißt, Culum, daß jeder dritte Mann in China zur Arbeit an der Mauer eingezogen wurde. Es dauerte zehn Jahre, bis sie fertig war. Eine Million Menschen soll dabei umgekommen sein; sie sind in der Mauer bestattet. Ihre Seelen bewachen sie ebenfalls.«
    Culum lächelte. »Wenn sie so gewaltig ist, Vater, hätten die Mandschus sie niemals überwinden können. So etwas kann es doch gar nicht geben.«
    »Der Überlieferung nach sind die Mandschus durch eine List über die Mauer gelangt. Der chinesische General, dem die Mauer unterstand, hat sein eigenes Volk verraten.«
    »Das ist mehr als wahrscheinlich«, warf Longstaff angewidert ein. »Diese Asiaten kennen doch keine Ehrbegriffe. Der General hatte geglaubt, er könne den Feind benutzen, um selbst auf den Thron zu gelangen. Aber die Mandschus nutzten ihn aus und ließen ihn später umbringen. So wird jedenfalls berichtet.«
    »Eine tolle Geschichte, Sir«, sagte Culum.
    Struans Blick wurde hart. »Du solltest dich rechtzeitig daran gewöhnen, daß es hier eine Menge tolle Geschichten gibt. Und noch eine ganz neue Vorstellung, Culum – die Chinesen haben eine fünftausend Jahre alte Kultur. Bücher, Druckpressen, Kunst, Dichter, Staatsverwaltung, Seide, Tee und tausend andere Dinge. Das alles seit Tausenden von Jahren. Wir haben seit etwa fünfhundert Jahren eine Kultur. Wenn man da überhaupt von Kultur reden kann.«
    Ein Klopfen an der Tür. Horatio kam hereingeeilt. »Sie haben mich rufen lassen, Exzellenz?«
    »Ja. Ich möchte Sie bitten, dieses Schriftstück sofort ins Chinesische zu übersetzen und es durch Sonderkurier abzusenden. Und schicken Sie auch eine Abschrift zur Veröffentlichung an Mr. Skinner.«
    »Jawohl, Sir.« Horatio nahm das Schreiben und wandte sich Struan zu. »Es hat mir sehr leid getan, von den furchtbaren Ereignissen zu hören, Mr. Struan.«
    »Danke. Dies ist mein Sohn Culum. Horatio Sinclair.«
    Sie gaben einander die Hand und waren sich sofort sympathisch.
    Horatio las das Schreiben. »Ich werde etwas Zeit brauchen, um es in die am Hof übliche Sprache zu übertragen, Sir.«
    »Seine Exzellenz wünscht, daß es genau in dieser Form abgesendet wird«, sagte Struan. »Genau.«
    Horatio sah ihn verblüfft an und nickte dann zaghaft. »Ja, ich erledige es gleich«, stammelte er. »Aber Ti-sen wird es auf keinen Fall entgegennehmen, Mr. Struan. Niemals, Exzellenz. Dadurch würde er zu sehr an Gesicht verlieren.«
    Longstaff brauste auf. »Gesicht? Damit wird diesem verschlagenen Heiden erst richtig das Gesicht gezeigt. Meine Empfehlung an den Admiral, und bitten Sie ihn, das Schreiben mit einem Linienschiff nach Whampoa zu schicken, mit dem Befehl, sofort bis nach Kanton weiter vorzustoßen, falls das Schreiben nicht umgehend angenommen wird!«
    »Jawohl, Sir.«
    »Wird es nicht entgegennehmen, hat man jemals so etwas gehört!« stieß Longstaff aus, nachdem Horatio gegangen war. »Verdammte Unverschämtheit. Alles nur heidnische Barbaren. Alle miteinander. Chinesen. Mandschus. Haben keinen Sinn für Recht und Gesetz, und ihre Verachtung gegenüber dem menschlichen Leben ist unvorstellbar. Sie verkaufen ihre Töchter, Schwestern und Brüder. Unglaublich!«
    Culum mußte plötzlich an seine Mutter und seine Brüder denken – daran, wie sie gestorben waren. Das Erbrochene und der Stuhl so wässerig, der

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