Tal der Traeume
dankbar für den Themenwechsel. »Er möchte die Hauptstation behalten und diesen Teil abstoßen, um flüssig zu bleiben. Er umfasst die Hälfte des Landes.« »Verkauft er es mit dem Vieh?« »Nein. Er reduziert den Bestand und treibt so viele Tiere wie möglich auf die Hauptstation. Ich vermute, das Wasserproblem macht ihm zu schaffen.« »Sieht so aus. So weit südlich ist es sehr trocken. Schreib ihm noch einmal, ich möchte wissen, wie es ihm nach der Regenzeit geht. Vielleicht hat er dieses Jahr mehr Glück. Ich möchte nicht, dass ein potenzieller Käufer Schwierigkeiten bekommt. Er sollte sich besser genügend Mittel leihen, um einige Wasserläufe umzuleiten und tiefere Brunnenschächte auf der Außenstation zu graben.« Leo war nicht überzeugt. »Er ist schon hoch verschuldet.« »Ich weiß, aber er könnte die Kosten auf den Kaufpreis schlagen. Dann hätten wir eine bessere Chance, die Station loszuwerden. Caleb hat mit seinen Verwaltern auf der Außenstation immer Pech gehabt; er sollte lieber darauf verzichten.« Und so nahm der Vormittag seinen Lauf. Briefe waren zu beantworten, Verträge zu besprechen, Landkarten mit Gutachten zu vergleichen, außerdem stand ein Treffen mit japanischen Perlentauchern und deren Dolmetscher an. William ging zum Mittagessen stets nach Hause. Gegen zwölf zog er sein Jackett an, nahm seinen Hut und wandte sich an Leo. »Heute Nachmittag komme ich nicht ins Büro«, sagte er und ging. Leo sah ihm nach. Die sonst so ausgreifenden Schritte seines Freundes wirkten langsamer, beinahe schleppend, dachte er besorgt. Doch dann winkte William einer Gruppe von Viehhütern fröhlich zu und zog vor zwei Damen den Hut, bevor er um eine Ecke verschwand. Ich möchte nicht an Harriets Stelle sein, dachte Leo und kehrte an seinen Schreibtisch zurück, wo ihm Sue Tinny sein Essen servieren würde. »Du lieber Himmel!«, murmelte er noch einmal vor sich hin.
Tom Ling war von ihrem Quilt so fasziniert, dass Harriet manchmal daran dachte, ihn zu einem Versuch zu ermutigen. Er konnte es vermutlich weitaus besser als sie. Sie verließ sich ganz und gar auf ihn. Der Himmel mochte wissen, wo er immer das Material auftrieb, unter dem sich manchmal derart herrliche Satinstoffe fanden, dass sie beschlossen, zwei Quilts anzufertigen: einen im ländlichen Stil und einen zweiten für elegantere Anlässe. Den Landhaus-Quilt hatte Harriet entworfen, doch Tom Ling brachte ihr einen eigenen Entwurf für das andere Modell, in dessen Mitte ein Pfau prangte. »Das ist zu schwierig für mich«, rief sie aus. »Missy, wir schaffen, Sie schon sehen. Sehr schön, werden sehen. Ich schneide, Sie nähen, und bitte Stiche kleiner. Ihr Nähen zu groß.« Obwohl sie ständig über die Größe der Stücke und die Anordnung der Farben stritten, arbeitete Harriet gern mit ihm zusammen. Zunächst hatte sie auf der Veranda gesessen, vor sich einen Korbtisch, das Material wahllos auf Stühlen ausgebreitet, doch Tom Ling hatte System in ihre Tätigkeit gebracht. Er bestand darauf, dass sie die Stoffe auf einem glatten Lacktisch zurechtschnitten, die Stücke auf seinen Tabletts anordneten und das Material in Körben aufbewahrten. Während Harriet am Tisch arbeitete, saß er mit gekreuzten Beinen auf dem Boden, sortierte mit großer Sorgfalt die Stofflappen und plapperte dabei pausenlos vor sich hin. Sie waren mit Eifer in ihre Arbeit vertieft, als Billy Chinn herauskam, um sich die Fortschritte anzusehen und Tom Ling daran zu erinnern, dass sein Herr jeden Moment zum Mittagessen kommen werde. Tom legte die Arbeit beiseite und eilte ins Haus.
Harriet hatte eine Zeit lang die Gedanken an den unschönen Brief von Maudie Hamilton verdrängen können, den sie ihrem Mann gegenüber noch immer nicht erwähnt hatte. Doch als William nun zur Haustür hereinstürmte und sie wütend anschaute, fiel ihr als Erstes Mrs. Hamilton ein. Bestimmt hatte er es herausgefunden. »Ins Arbeitszimmer, Madam«, fuhr er sie an und ging vor. Nervös legte Harriet den Quilt beiseite, räumte den Nähkasten ein und folgte ihm in sein Arbeitszimmer am anderen Ende des Hauses. Sie ging auf Zehenspitzen, als könne ihn das Geräusch ihrer Schritte noch mehr erzürnen. Nie zuvor hatte er in diesem Ton mit ihr gesprochen. Seine Grobheit ärgerte sie, doch es schien ihr klüger, ihn zu beschwichtigen, als die Situation durch eine Beschwerde noch zu verschlimmern. Das Zimmer war mit Möbeln aus dem Wohnhaus der Station eingerichtet: einem Rollpult,
Weitere Kostenlose Bücher