Tal der Traeume
wieder.« »Das geht nicht! Ich dachte, es handle sich um einen schlichten Tausch…« Leo schaute an ihm vorbei. »Hier ist der Boss ja schon.« Die nächsten zehn Minuten vergingen unerträglich langsam. Wenn Oatley nun schon von dem Brief wusste? Wenn er zu der Ansicht gelangte, die Information sei die Bezahlung nicht wert? Wenn er es sich anders überlegte? Christys Hirn arbeitete fieberhaft, während er Oatleys freundliche Begrüßung über sich ergehen ließ. Dieser hängte seinen Hut auf, zog das Jackett aus und gab es Leo, rollte die Hemdsärmel hoch und setzte sich dann endlich an seinen Schreibtisch. »Nehmen Sie Platz«, sagt er zu Christy, der insgeheim lieber gestanden hätte und sich nun steif auf einem Stuhl niederließ. »Ich muss Ihnen sagen, dass dies eine Sache unter Männern ist, ungeachtet aller Streitigkeiten und Missverständnisse, die zwischen Mollard und mir vorgefallen sein mögen. Beleidigungen meiner Frau werde ich nicht dulden. Sie können das dem Herrn gerne ausrichten.« Christy deutete auf den verschlossenen Umschlag, der vor Oatley auf dem Schreibtisch lag. Er schien die einzig mögliche Antwort zu sein. Leo stand am Fenster, ganz gespannte Neugier. Oatley nahm den Umschlag in die Hand. »Ist dies Ihr Bericht, Mr. Cornford?« »Bericht ist nicht der richtige Ausdruck, Sir. Aber Sie werden darin Ihre Antwort finden. Und«, platzte er heraus, »Mr. Mollard übergibt die Sache seinem Anwalt.« »Ach ja?«, fragte Oatley in aller Gemütsruhe. »Mal sehen, worum es überhaupt geht.« Er holte Notiz und Zeitungsausschnitt heraus. Las sie rasch durch, ohne eine Miene zu verziehen, und legte sie danach in seinen Schreibtisch. Dann wandte er sich an Leo. »Hast du die erforderlichen Vordrucke und den Vertrag für Mr. Cornford ausgestellt?« »Ja, es liegt alles bereit.« Christy hielt die Luft an. »Gut, gib Mr. Cornford die Unterlagen.« Der Sekretär sah ihn an, zögerte, wunderte sich über den rätselhaften Inhalt des dünnen Umschlags und übergab schließlich die Papiere an Christy, der sich überschwänglich bedankte. »Danke, Sir, vielen Dank, sehr großzügig von Ihnen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet. Es betrübt mich, dass ich schlechte Nachrichten überbracht habe.« »Es sind keine schlechten Nachrichten, Mr. Cornford. Ein Sturm im Wasserglas, möchte ich sagen. Aber Sie haben Ihren Teil der Abmachung erfüllt. Guten Tag, Mr. Cornford.«
Christy hätte sich im Gehen beinahe verbeugt, froh, dass die Sache so schnell erledigt war. Mit wenig Mühe hatte er das Recht erworben, den Titel Esquire hinter seinen Namen zu setzen, da er nach kolonialem Brauch nun als Grundbesitzer galt. Der Anwalt konnte warten. Er eilte zunächst zum Grundbuchamt, das sich in einem Winkel der heruntergekommenen Regierungsgebäude verbarg, und meldete seinen Besitzanspruch an. Gleichzeitig überlegte er schon, wie er sein Nest weiter auspolstern konnte, während er zum Schein weiterhin nach Mr. und Mrs. Mollards Pfeife tanzte. Ihre Exzellenzen!
Leo hatte für William Oatley gearbeitet, seit dieser sein Geschäft eröffnet hatte. Und das war sein Glück gewesen, denn er hatte damals mittellos und desillusioniert auf das nächste Schiff gewartet. Er war ein Narr gewesen, angesteckt vom Goldfieber, als er eine gute Stelle in Perth aufgab, all sein Hab und Gut verkaufte und seine eigene Expedition von Darwin aus zu den Goldfeldern von Pine Creek organisierte. Er war zu spät gekommen. Der Goldrausch war vorüber. Er fand nicht mehr als eine Streichholzschachtel voll. Dennoch blieb er dabei, verkaufte seine Ausrüstung und sein Pferd, bevor er in das Fegefeuer aus Hunger und Gluthitze hinabstieg, das gescheiterte Digger nur allzu gut kannten. Als er nicht mehr konnte, musste er die zweihundert Meilen bis Darwin zu Fuß zurücklegen, wo er abgemagert auf der Straße zusammenbrach und von einer freundlichen chinesischen Familie aufgenommen wurde. Sie gaben ihm zu essen und pflegten ihn, bis sie merkten, dass er in Büroarbeit ausgebildet war. Bald schon schrieb er Briefe für sie, füllte Vordrucke aus und kümmerte sich um sämtlichen Papierkram der Wongs. Sie machten ihn auch mit ihrem Freund William Oatley bekannt. Sie duzten einander von Beginn an. William wusste ziemlich genau, welche Art von Geschäft er gründen wollte, war aber Viehzüchter, während Leo in Perth als Verwaltungsfachmann im Finanzministerium von Westaustralien gearbeitet hatte. »Du bist genau der Richtige
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