Tal der Traeume
Tom Ling waren die ganze Zeit im Haus. Christy ist nicht einmal zum Kaffee geblieben, sondern sofort nach dem Essen gegangen.« William lächelte. »Bei dem ihr genug gegessen habt, um Billy glücklich zu machen, wie mir scheint.« »Das stimmt. Wer hat bloß dieses schreckliche Ding geschrieben?« »Keine Ahnung. Ich nehme an, die Handschrift ist dir unbekannt.« »Ja.« Er entzündete ein Streichholz und verbrannte die beleidigende Notiz. »Wir werden es vergessen. Dennoch war ich der Ansicht, du solltest es lesen. Damen müssen ihren guten Ruf wahren, vor allem, wenn es um Männer wie Cornford geht. Er gilt als Wüstling.« »Aber wirklich! Mir ist er immer ausgesprochen höflich begegnet.« »Dennoch ist er kein vertrauenswürdiger Mensch, Harriet. Jedenfalls nicht, was das Geschäftliche angeht, das steht fest. Andererseits hat er vielleicht ganz harmlos das Abendessen gerühmt, das er hier genossen hat…« »Und wenn schon? Billy und Tom haben sich solche Mühe gegeben.« »Sicher, aber die Leute zählen zwei und zwei zusammen und kommen dabei zu einem falschen Ergebnis. Ihr spielt oft zusammen Tennis, sagst du?« »Ja.« »Na ja, vielleicht ist jemand eifersüchtig. Kleinstädte können manchmal furchtbar sein.« »In der Tat. Du hättest mich nach Warrawee mitnehmen sollen.« »Hätte ich gewusst, dass es so lange dauern würde, hätte ich eine Begleitung für dich organisiert. Es tut mir Leid, Liebste.« Harriet zuckte mit den Schultern. »Egal, aber ich bin froh, dass du wieder hier bist. Wie gut, dass wir endlich wissen, wo Myles sich aufhält. Ich freue mich schon so darauf, ihn zu Hause zu begrüßen.«
Ihr Ehemann wünschte, sie hätte das nicht gesagt, denn ihre Worte erinnerten ihn an ein weiteres ungelöstes Problem. Er zündete seine Pfeife an und schlenderte in den Vorgarten hinaus. Noch immer hatte Myles Harriet in seinen Briefen nicht als die Frau seines Vaters anerkannt. Er würde ihn ins Gebet nehmen; sein Sohn musste den Tatsachen ins Auge sehen und Harriet mit dem ihr zustehenden Respekt begegnen. Und wenn nicht? Er könnte Myles geradewegs nach Warrawee schicken, doch er war immerhin sein Sohn, den er so sehr vermisst hatte. Er konnte es gar nicht erwarten, mit ihm zu reden, ihn einfach in seiner Nähe zu haben. Vor ihnen lagen noch viele Jahre, ein Bruch zwischen Vater und Sohn schien undenkbar. Nein, es gab nur die eine Möglichkeit. Er würde ihm ins Gewissen reden, ihn notfalls auch anflehen, die Frau seines Vaters zu akzeptieren. Wenn er sah, wie gut sie sich verstanden, wie glücklich ihr Leben verlief und wie sehr sie sich beide über seine Heimkehr freuten, würde Myles sicher nachgeben. William seufzte. Es gab nur drei Menschen auf dieser Welt, die er über alles liebte: seinen Pop, der um sein Leben kämpfte, seinen Sohn, der ihn mit seiner hartnäckigen Ablehnung quälte, und Harriet. Er legte die Pfeife beiseite und sog die Nachtluft ein. Sie war klar, der Himmel über ihm ein Meer aus Sternen, doch man spürte Feuchtigkeit, einen klammen Wind vom Ozean, da sich irgendwo in Ostindien die Monsunwolken ballten und Kraft für den Weg nach Süden sammelten. Als Wolkenbrüche würden sie an diese Küste peitschen. Hoffentlich besaßen sie genügend Kraft, um den Regen in das verdorrte Hinterland zu tragen. Im letzten Jahr war zu wenig Regen gefallen, das Land konnte keine neun trockenen Wintermonate überstehen. Er zuckte zusammen. Es war Ende Oktober, er hätte darauf bestehen müssen, dass Pop in die Stadt kam. Was hatte er sich bloß dabei gedacht? Nur Familiensorgen im Kopf, statt das Wetter zu beobachten, die Luft zu riechen. Alle Straßen, die aus Darwin hinausführten, wären abgeschnitten, sobald der Regen einsetzte. Und was dann? Himmel, er musste umgehend zurückkehren und Pop holen. Andererseits wäre es eine Zeitverschwendung, denn Pop würde nichts darauf geben, wenn Flüsse über die Ufer traten und die Ebenen überfluteten, solange nur sein Vieh in Sicherheit war. Schon oft hatten sich die Oatleys aus den unterschiedlichsten Gründen dafür entschieden, die Regenzeit im Outback zu verbringen. Sie kamen zurecht. Weihnachten in Darwin gab es für sie noch nicht so lange. Bis vor wenigen Jahren hatte es sich einfach nicht gelohnt, das Dorf Darwin zu besuchen, da ihre eigenen Häuser weitaus komfortabler waren. Weit im Norden bemerkte William einen Blitz ohne nachfolgenden Donner, nur ein Glühen, das die fernen Wolken kurz erhellte. Es hatte nicht viel zu bedeuten, doch
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