Tal der Traeume
viel.« »Dachte ich mir. Wenn wir einen Burschen hätten, der solche Bankette auffahren kann…« »Dann blieben Mrs. Mollard viele Sorgen erspart.« »Auf mein Wort, ja. Sie müssen mit ihm sprechen. Der Mann verschwendet in einem privaten Haushalt ganz offensichtlich sein Talent. Hier zu arbeiten wäre ein Aufstieg für ihn. Kümmern Sie sich darum, Christy.« »Gewiss, Sir.« Als er das Arbeitszimmer des Residenten verließ, lachte er bei sich. Von wegen. Beim Essen hatte er erfahren, dass Billy Chinn und Tom Ling bei den Oatleys praktisch zur Familie gehörten. Harriet hatte ihm sogar gestanden, dass sie die beiden zunächst entlassen hatte, da sie an männliche Dienstboten nicht gewöhnt war, sie aber bald zurückgeholt hatte. An diesem Abend hatte er ohnehin viel erfahren. Dass Oatley einen Sohn in ihrem Alter hatte, der aus Übersee zurückerwartet wurde. Dass sie und ihr Mann sich auf seine Heimkehr freuten.
Christy fragte sich, ob der Sohn wohl ebenso begeistert sein würde. Immerhin hatte der alte Herr in seiner Abwesenheit ein junges Mädchen geheiratet, nicht gerade eine verlockende Vorstellung für den jungen Mann. Mal sehen, vielleicht brauchte Harriet in nächster Zeit einen Freund. Seit William heimgekehrt war, sah man Harriet nicht mehr im Tennisklub. Niemand wunderte sich darüber angesichts der kursierenden Klatschgeschichten. Christy hielt Ausschau nach Harriet und begegnete ihr bald auf der Straße. »Harriet, meine Liebe, wie geht es Ihnen?« »Vielen Dank, Christy, mir geht es gut«, antwortete sie nervös. »Wir vermissen Sie beim Tennis.« Sie nahm ihn beiseite. »Ich kann wirklich nicht mehr kommen. Jemand hat William einen schrecklichen anonymen Brief geschickt. Einfach skandalös.« »Worum ging es dabei?« Sie errötete. »Es tut mir Leid, Christy, es ist mir so peinlich, aber es ging darin um Sie und mich. Es ist natürlich alles aus der Luft gegriffen, aber er wurde nun einmal geschrieben. Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Ich wollte Ihnen schreiben, wusste aber nicht, wie ich mich ausdrücken sollte.« Sie seufzte. »Ich hoffe, Sie verzeihen mir.« Er wurde blass. Klatsch war eine Sache, doch anonyme Briefe an den Ehemann standen auf einem anderen Blatt. Darauf konnte er gut verzichten. »Harriet, Sie brauchen sich doch nicht zu entschuldigen. In dieser Stadt geraten viele Leute in Schwierigkeiten, aber Sie doch nicht. Ich kann einfach nicht glauben, dass jemand so boshaft sein sollte. Mr. Oatley hat doch hoffentlich kein Wort davon geglaubt?« »Oh nein, William hat keine Sekunde daran geglaubt. Er hat mir den Wisch gezeigt und ihn sofort verbrannt, um mir sein Vertrauen zu beweisen. Aber ich halte es für besser, zurzeit nicht zum Tennis zu kommen. Wenigstens, bis sich dieses alberne Gerede gelegt hat. Ich bin so wütend, Christy. Warum müssen sich Leute mit derartigem Unsinn abgeben?« »Sie haben nichts Besseres zu tun«, murmelte er. »Der Tennisklub schließt ohnehin für die Sommermonate, da der Platz unter Wasser stehen wird.« Sie lächelte ihr zauberhaftes, argloses Lächeln. Christy kam sie bei jedem Zusammentreffen attraktiver vor, und er wollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. »Falls ich Sie in irgendeiner Weise kompromittiert haben sollte, ist es an mir, mich zu entschuldigen. Leider besitze ich hier nicht viele Freunde, und Sie sind sehr nett zu mir gewesen. Natürlich steckt hinter all dem pure Eifersucht. Sie stellen alle anderen Damen in den Schatten, darin liegt das Problem.« Ein rosiger Schimmer überzog ihre Wangen. »Also wirklich, Christy, das ist doch nicht wahr.« Nicht ganz, dachte er, als er ihr nachsah, aber fast. Sie wirkte weltgewandter und gepflegter als früher, war zwar keine hinreißende Schönheit, aber doch eine erotisch anziehende Frau. Er hatte Mrs. Mollards abfällige Bemerkungen über Harriets Größe gehört, aber sie wusste natürlich nicht die herrlichen Rundungen ihrer Figur zu schätzen. Schade, dass dies alles an einen alten Mann verschwendet wurde. Interessant, dass Oatley diesen teuflischen anonymen Brief so gelassen hingenommen hatte. Christy spielte mit dem Gedanken, in Oatleys Büro vorbeizuschauen, um zu zeigen, dass er die Begegnung mit ihm nicht scheute, besann sich dann aber. Oatley war ein schlauer Fuchs. Es war wohl besser, seinem Beispiel zu folgen und die Sache ruhen zu lassen.
Myles verbrachte eine herrliche Zeit in Argentinien. Buenos Aires war eine lebhafte, farbenfrohe Stadt, deren
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