Tal der Traeume
ohnmächtig, und Christy sprang aus seinem Sessel auf. »Wer hat die Nachricht überbracht?«
Tom Ling verbeugte sich. »Diener, Sir.« »Warum können sie nicht kommen? Was hat er gesagt?« »Sehr Leid, Missus Cochrane krank. Kann nicht kommen.« Alle drei sahen einander an, bis Christy das Wort ergriff. »Vielleicht sollte ich auch gehen. Sieht aus, als müssten wir das Dinner verschieben, Harriet.« Tom Ling verschwand. Harriet fühlte sich wie betäubt. Natürlich verhielt sich Christy korrekt, aber welch eine Enttäuschung! Ihre wundervolle Dinnerparty war vorbei, bevor sie richtig angefangen hatte. Wütende Stimmen drangen aus der Küche zu ihnen herein. »Entschuldigen Sie, Christy, ich sehe nach, was da los ist. Nehmen Sie sich noch etwas zu trinken. Sie können gern bleiben.« »Was soll das?«, fragte sie die beiden Streithähne, die einander auf Chinesisch anbrüllten. »Er sagt, mein Dinner vorbei«, rief Billy wütend. »Nicht richtig«, jammerte Tom und wich zurück. »Nicht richtig, Missus mit Mann. Dieser Mann. Boss mag ihn nicht.« »Unsinn!«, fauchte Harriet. »Er ist der Adjutant des Residenten. Ich würde wie eine Idiotin dastehen, wenn ich ihn hungrig gehen ließe.« »Mehr Leute kommen?«, fragte Billy hoffnungsvoll. »Nein.« Harriet schaute sich in der Küche um. »Welch eine Verschwendung.« »Ich sagen, er gehen?«, drängte Tom, worauf Billy ihn erneut anbrüllte. Dann wandte er sich an Harriet. »Bankett auch gut für zwei. Werden sehen. Machen schönen Abend, Missus. Tom dumm. Was machen? Allein essen? Nein. Gentleman bleiben, keine Verschwendung.« Er fuchtelte mit einem schweren Löffel vor Toms Gesicht herum, der daraufhin die Flucht ergriff. »Warum eigentlich nicht?«, meinte Harriet unglücklich. »Du hast Recht, Billy. Das Essen ist nun mal da, und es schmeckt bestimmt köstlich.« Sie eilte zurück zu Christy. »Dürfte ich Sie bitten, dennoch zum Essen zu bleiben? Sonst nimmt sich mein Koch das Leben.« Christy brach in Gelächter aus. »Wenn es so ernst ist, kann ich wohl nicht anders. Ich tue es sogar gern.« Schmollend führte Tom Ling sie ins Speisezimmer. Zu Harriets Freude trat Christy erstaunt einen Schritt zurück. »Sehen Sie sich das an! Herrlich! Wie schade, dass die Cochranes es nicht geschafft haben. Sie verpassen wirklich etwas.« Selbst Tom Ling konnte ein stolzes Grinsen nicht verbergen.
Das Dinner war ein Erfolg, und sie waren bester Laune, während Tom ein Gericht nach dem anderen auftrug. Zum Glück legte Christy einen gesunden Appetit an den Tag und nahm die großzügigen Portionen strahlend entgegen. »Das Essen ist köstlich«, sagte er begeistert. »Kommen Sie, Harriet, nicht schlapp machen.« Sie lachten, tranken Wein, bewerteten jedes Gericht, das aufgetragen wurde, und stöhnten, als Billy Chinns Meisterwerk, Ente in Gelee, serviert wurde. Sie wagten nicht, es abzulehnen. »Was für ein Festmahl!«, rief Christy, als Billy Chinn in der Tür erschien. »Wahrhaft köstlich! Eine Delikatesse!« Alle waren zufrieden. Als Christy gegangen war, ließ sich Harriet erleichtert in einen Sessel sinken. Sie hatte zu viel getrunken und fühlte sich leicht beschwipst, doch der freundliche Mann hatte sie vor einer völligen Katastrophe gerettet. Sie hatte ihm das auch ausdrücklich gesagt. »Danken Sie nicht mir. Ich habe mich prächtig amüsiert. Ich fürchte, ich kann es mir nicht verkneifen, den Cochranes zu erzählen, was ihnen entgangen ist.« Harriet gefiel das. Den ganzen Abend hatte sie sich gefragt, ob Mrs. Cochrane wirklich krank war oder dies nur als Ausrede vorgeschoben hatte. Sie würde es schon herausfinden, dachte sie finster. Am nächsten Morgen schickte sie Tom Ling mit einer hübsch verpackten Keksdose zu Mrs. Cochrane und wünschte ihr baldige Genesung. »Wenn du da bist, sprichst du mit den Dienstboten. Du musst herausfinden, ob sie wirklich krank ist oder nur nicht herkommen wollte.« »Ha! Sie tut so was?«, grollte Tom. »Ich weiß es nicht, das sollst du herausfinden.« »Ha! Ja, Missy, ich finde heraus.« Die Antwort war unerfreulich für Mrs. Cochrane, bedeutete aber einen Trost für Harriet. Die Dame lag tatsächlich mit Fieber zu Bett. William kehrte sorgenvoll heim. Pop war noch schwach, hatte sich aber rundweg geweigert, die Station zu verlassen. Er wollte weder ins Krankenhaus nach Darwin, das ohnehin keinen allzu guten Ruf genoss, noch zu William nach Hause, wo er immerhin einen Arzt in ständiger Rufnähe hätte. »Wenn ich schon
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