Tal der Traeume
zusammengefasst wurden. Sie lebten noch immer an seinen Ufern und weigerten sich, die Herrschaft der Weißen anzuerkennen. Er hatte jedoch nie damit gerechnet, ihnen zu begegnen, schon gar nicht als ihr Gefangener. Bis jetzt hatte es ihn nicht weiter gekümmert, von seinen eigenen Leuten gefangen zu werden, da er keine wirkliche Gefahr durch sie sah, doch nun schien man ihn dem Lager des Gegners zuzurechnen. Sie würden sich keinen Deut um ihn scheren, er war nicht mehr wert als die Pferde. Er hatte Recht. Die Geiselnehmer genossen ein ausgiebiges Mahl aus den Vorräten des Weißen, Bohnen und Pfirsiche in Dosen, Cornedbeef, Brot, Melasse, Kartoffeln und Koteletts, dazu noch Tabak. Dann legte Mimimiadie den nächsten Schritt dar. Es war ganz einfach: Numinga sollte nach Pine Creek zur Polizei gehen und dort verkünden, Schwarze hätten einen weißen Mann gefangen genommen. Falls Boomi nicht zu ihm zurückkehre, würden sie den Weißen töten und einen weiteren Gefangenen machen. Numinga sollte den Austausch organisieren. Danach würde Frieden herrschen. »Was ist mit dem anderen Schwarzen?«, erkundigte sich Garradji. »Er hat keinen Nutzen für uns.« »Das stimmt«, sagte Mimimiadie leichthin. »Du gehst morgen früh los, Numinga.« »Sie werden mich sofort ins Gefängnis stecken, ich bin ein gesuchter Mann. Und dann? Ihr werdet ewig hier sitzen.« Da er seine Rolle bereits erahnt hatte, hielt Numinga einen anderen Plan bereit. »Ich schlage vor, wir schicken Yorkey.« »Damit er Polizei und berittene Truppen holen kann«, höhnte Garradji. »Und seinen Freund dem Tod überantworten? Das glaube ich nicht.« Nach endlosem Hin und Her schickte man Numinga zu Yorkey, um ihm zu erklären, was von ihm verlangt wurde. Zu seiner Überraschung hob Yorkey die Hand und deutete auf Mimimiadie. »Er ist der Boss. Ich spreche nur mit ihm.« »Aber er kann kein Englisch.« »Er wird es schon verstehen. Du übersetzt.« Der schlaue alte Garradji grinste breit und sagte etwas zu Mimimiadie, der daraufhin strahlend auf sich zeigte. »Ich bin der Boss!« »Stimmt, du bist der Häuptling«, sagte Yorkey. Vermutlich verstand der Kerl viel mehr Englisch, als er vorgab.
Yorkey gab in Zeichensprache noch einmal zu verstehen, dass Numinga übersetzen würde, was er dem Boss, der wichtig war und Respekt verdiente, zu sagen hatte. Und so begann die Unterhaltung über den entführten Sohn. Yorkey war entsetzt und sehr traurig. Dann erfuhr er, dass die Frau des Anführers, die Mutter des gestohlenen Kindes, von Weißen ermordet und verstümmelt worden war. Yorkey empfand aufrichtiges Mitleid für den Mann und sagte ihm das auch. Kein Wunder, dass der arme Kerl um sein Kind kämpfte. Er bot seine Hilfe an und erklärte, sein eigener Vater sei von Weißen gehängt worden. Mimimiadie glaubte ihm, doch der Älteste wirkte misstrauisch. »Er will wissen, warum du so lebst wie sie«, sagte Numinga. »Weil ich, ohne von meiner Traumzeit zu erfahren, bei ihnen aufgewachsen bin. Genau das wird auch mit Boomi geschehen, wenn wir ihn nicht befreien.« Dies nahm Garradji die letzten Argumente, und Yorkey fuhr fort: »Ich will euch helfen. Ich verrate niemandem, wo ihr seid, aber lasst den weißen Mann mit mir gehen. Er ist sehr bedeutend. Wenn ihr ihn bittet, wird er Boomi befreien.« Das war zu viel für Numinga, der der Gruppe bereits erzählt hatte, William sei nur ein Viehhüter. Wütend brüllte er Yorkey an, er mache einen Narren aus ihm und bringe sie alle in Gefahr. Mimimiadie ärgerte sich über die Unterbrechung der Diskussion und rief: »Ich bin der Boss!« Er schlug Numinga ins Gesicht, so dass der Dolmetscher zu Boden stürzte. Nun war die Ordnung wiederhergestellt. Niemand kümmerte sich um Numinga, dem das Blut vom Mund tropfte, und Yorkey wandte sich unmittelbar an den Anführer. Er sprach langsam, damit Numinga übersetzen konnte, sah Mimimiadie fest ins Gesicht, und erklärte, er habe gelogen, weil sie nicht erfahren sollten, dass ihnen ein wichtiger Mann ins Netz gegangen war. Doch nun, da er die Situation verstehe, würde ihnen Williams Stellung von ungeheurem Nutzen sein. »Er ist ein großer Boss. Ihm gehören mehrere Viehstationen. Kennt ihr Warrawee? Und Millford weiter südlich? Kennt ihr diese Orte?« Sie nickten. »Wie heißt er?«, fragte Garradji. »William Oatley.« Bei diesen Worten grinste Mimimiadie und sagte etwas zu Garradji. »Wir haben einen großen Fisch gefangen«, übersetzte Numinga.
Nichts konnte sie dazu
Weitere Kostenlose Bücher