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Tal der Traeume

Titel: Tal der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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gesenkten Hörnern ab und ritt durch die Büsche davon, wobei er die Felsformation, die hoch über die Baumwipfel ragte, ständig im Auge behielt.
     
    Numinga sah die beiden Pferde kommen. Sie näherten sich auf einem Weg, nicht mehr als ein schwaches Band aus roter Erde, das sich kaum von der Farbe des Busches abhob. Eines der Pferde war ohne Reiter. Es musste Yorkey sein, der ein Ersatztier für Oatley mitbrachte. Aber hatte er auch Mimimiadies Jungen bei sich? Hoffentlich. Numinga hatte bereits gefürchtet, die weißen Männer hätten Yorkey windelweich geprügelt und Mimimiadies Aufenthaltsort aus ihm herausgepresst. Niemand interessierte sich für das Schicksal schwarzer Kinder. Er kletterte hinunter. Beim Näherkommen erkannte er Yorkey, den Jungen vor sich im Sattel, und führte einen Freudentanz auf. Am liebsten hätte er ihm einen Willkommensgruß entgegengerufen, doch das musste warten. Es war denkbar, dass Yorkey und der Junge als Köder dienten, Mimimiadie hatte es ihm eingeschärft. Möglicherweise wurden sie mit oder ohne Yorkeys Wissen von Weißen verfolgt. Zögernd stieg er wieder hinauf und zündete ein Feuer an. Als es brannte, legte er feuchtes Laub auf und schützte es mit einem Stück Rinde vor dem Wind. Dann lehnte er sich zufrieden zurück und sah zu, wie sich die Rauchspirale träge emporkräuselte. Auch die anderen würden Wache halten und das Signal bemerken. Und sie würden wissen, dass er gute Kunde brachte, denn das ununterbrochene Rauchzeichen bedeutete Frieden.
     
    Myles war nach zwei Jahren guten Lebens nicht mehr in Form, obwohl er noch die schlanke Figur des Landbewohners besaß. Während er früher ganze Tage im Sattel verbracht hatte, wenn die Herden aufgetrieben wurden, stieg er nun steifbeinig vom Pferd und litt Schmerzen, obgleich er nur achtzig Meilen, verteilt auf mehrere Tage, zurückgelegt hatte. Er fühlte sich wie eines jener Greenhorns, über die er auf den Stationen immer gelacht hatte. Der Aufstieg bei vierzig Grad im Schatten ging an die Substanz. Er schwitzte übermäßig und fand zum Glück in flachen Felsvertiefungen Wasser. In dieser Hitze konnte ein Mensch sehr schnell austrocknen. Er füllte seine Feldflasche und blieb in regelmäßigen Abständen stehen, um zu trinken. Der Aufstieg war nicht sonderlich schwer, man musste nur die größten Felsbrocken umgehen. William hatte gesagt, dies seien vermutlich die Überreste eines vorzeitlichen Vulkans, was die Größe der Felsbrocken erklären würde, von denen manche hoch wie Hütten waren. Auch war es hier heiß wie im Inneren eines Vulkans. Hoffentlich würde sein Vater zu schätzen wissen, welche Mühen er auf sich nahm, um ihn zu retten. Er war beinahe oben angelangt, als er Yorkey entdeckte, der weit unter ihm nach Osten ritt, nicht auf die Schlucht zu, sondern nach Norden auf der Umgehungsstraße. »Teufel noch mal!«, rief Myles, »ich habe das Schwein verpasst.« Wo wollte er bloß hin? Und warum mied er die Schlucht? Es hatte noch nicht genügend geregnet, um sie unpassierbar zu machen. Oder doch? Das Plateau galt als Auffangbecken, vielleicht waren die Fluten über die Ränder gestürzt. Doch woher hätte Yorkey das wissen sollen? Er schien jedenfalls einer geplanten Route zu folgen, und plötzlich erkannte Myles, dass er seinem Ziel näher als erwartet war. Seine Entschlusskraft kehrte zurück. Er würde Yorkey folgen und zusehen, was geschah. Die Abos besaßen keine Schusswaffen, er hingegen schon. Und er würde den richtigen Zeitpunkt zum Eingreifen abwarten. Natürlich würde er Mimimiadie fangen, tot oder lebendig. Das wäre eine Sensation! Selbst wenn sein Vater noch am Leben war, gab es keinen Grund, seinen Entführer zu schonen. Als er sich umdrehte, um hinabzusteigen, sah er über sich Rauch. Von einem Lagerfeuer? Nein.
    Myles hatte sein Leben lang engen Kontakt zu Aborigines gehabt und wusste genau, worum es sich handelte. Rauchzeichen. Wer aber schickte sie, und wohin? Es musste einer von ihnen sein, ein Ausguck, den die weißen Buschleute als Kakadu bezeichneten. Leise ergriff er das Gewehr und lud. Dann entledigte er sich der Feldflasche, seiner Stiefel und seines Hutes und glitt mühelos nach oben. Hinter den letzten Felsbrocken entdeckte er einen Schwarzen, der im Schneidersitz mit dem Rücken zu ihm dasaß. Er legte ein Stück Rinde ins Feuer, ließ es zu Asche verbrennen, dann war das Signal beendet. Myles spielte mit dem Gedanken, den Kerl niederzuschlagen, doch mit einem geladenen Gewehr

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