Tal der Traeume
teil das Wasser mit deinem Dad. Und halte ihn im Schatten.« Die Straße war trocken und rissig, der Schlamm festgebacken, so dass Yorkey vorsichtig laufen musste. Er konnte sich keinen verstauchten Knöchel leisten. Dennoch kam er trotz seiner schmerzenden Beine und wunden Füße schnell voran, da er allein war und auf niemanden Rücksicht nehmen musste. Er fragte sich, ob er das schon früher hätte tun sollen, doch die Logik befahl ihm, die Männer so nahe wie möglich an die Stadt zu bringen, bevor er sie allein ließ. Er musste es auch ohne ein Pferd schaffen, das kurz vor dem Zusammenbruch stand. Die Sonne brannte auf ihn nieder, und erneut betete er um Regen. Immer wieder hielt er Ausschau nach Hängen und Felsen, die ihn zum Wasser führen würden, doch das dürre Land wirkte hoffnungslos. Ein alter Hase hatte ihm einmal geraten, Kieselsteine zu lutschen, wenn sein Mund trocken war, doch bei ihm schien es nicht zu wirken, und er spuckte sie wieder aus. Und die verdammte Straße verlief jetzt schnurgerade, was kein gutes Zeichen war, sie neckte ihn mit Luftspiegelungen in schimmerndem Silber, die seinen Augen wehtaten. Er rief sich in Erinnerung, dass er noch Kraft für den Rückweg brauchte, und wurde langsamer, verfiel in Trab, suchte die Ebene mit ihren mageren, nutzlosen Bäumen mit den Augen ab. Dann erspähten ihn zwei Emus und liefen neben ihm her, als wollten sie ein Wettrennen veranstalten. Ihre großen Füße klatschten im Gleichschritt mit seinen auf den Boden, bis sie an Tempo zulegten und das traurige Exemplar eines menschlichen Läufers weit hinter sich ließen. »Haut doch ab, ihr Idioten!«, schrie er ihnen hinterher, als er merkte, dass er ihretwegen sein Tempo gesteigert und dabei kostbare Energie verschwendet hatte. Yorkey brach unter einem Baum zusammen und griff nach einem Eukalyptusblatt, das seinem trockenen Mund mehr nützte als die Kiesel. Er nahm noch eins und kaute darauf, während er zu seiner Feindin, der Sonne, emporsah. Es war Mittag, die schlimmste Zeit des Tages, doch er konnte nicht rasten. Die letzten Stunden der Nacht war er mit Myles und William marschiert und hatte sie bei Tagesanbruch verlassen. Er verdrängte die Geschichten von Männern, die im Territorium gestorben waren, Opfer der Sonne auf langen, einsamen Pfaden, und fragte sich, ob er sich in diesen Glutofen wagen sollte. Die Erfahrung riet ihm davon ab. Die Sorge um die hilflosen Männer, die er zurückgelassen hatte, trieb ihn voran. Er schloss mit sich einen Kompromiss. Er würde sich eine Viertelstunde ausruhen und danach umso schneller laufen.
Jemand rüttelte an seiner Schulter. Er schaute hoch. Ein dunkles Gesicht blickte ihn an, die Züge verschwammen zunächst im Sonnenlicht. »Junge, was tust du hier?« Jetzt konnte er erkennen, dass es sich um eine Aborigine-Frau mit grauen Strähnen im schwarzen Haar handelte. Die Anwesenheit dieses menschlichen Wesens verwirrte ihn. »Bist du krank?« »Hast du Wasser?«, stieß er hervor. Sie sah ihn fassungslos an. »Hast du keins? Verdammt dumm von dir.« Sie legte einen Finger an die Zähne und stieß einen schrillen Pfiff aus. Die Gruppe, die plötzlich auftauchte, bestand aus vierzehn Leuten, Frauen, Männern und sechs Kindern, die gemeinsam auf Wanderung gegangen waren. Entsetzt hörten sie von seinen Schwierigkeiten, verstanden nicht ganz, worum es ging, wollten aber bereitwillig helfen. Yorkey war ihnen so dankbar, dass er sinnloses Zeug plapperte. Das Wasser und die Nahrung versetzten ihn in eine derartige Euphorie, dass er sich für die mangelnde Beherrschung ihrer Sprache entschuldigte, worauf sie in Gelächter ausbrachen. Sie lebten normalerweise auf einer Station und sprachen Englisch beinahe so gut wie ihre Muttersprache. Er brach gemeinsam mit der Frau, die ihn gefunden hatte, und den vier Männern voll neuer Energie und Zuversicht bei Einbruch der Dunkelheit auf und führte sie zu dem Lager, in dem William und Myles in Mitleid erregendem Zustand auf sie warteten. Sie hielten die Luft an und murmelten leise vor sich hin, als sie die Verfassung der Weißen erkannten. Dann machten sie sich an die Arbeit, während Yorkey nur noch zusehen konnte. Die Frau richtete William auf, nahm ihn in ihre kräftigen Arme und sprach auf ihn ein, tastete seinen Körper ab, nickte verständnisvoll und legte ihn sanft wieder hin. »Schon gut, Boss, Bauch ist leer. Sind mager, aber in Ordnung, Boss.« Mit Myles sah es anders aus. Die Männer zogen ihm behutsam die
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