Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tal der Traeume

Titel: Tal der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
Vom Netzwerk:
nicht unbekleidet in der Nähe des Wohnhauses zeigen durften. Doch er fand keine Fußspuren im Busch. Die Stationen war riesig, die hier lebenden Schwarzen konnten überall sein. Es schien zu gefährlich, offen nach ihnen Ausschau zu halten. Die Alternative war der Diebstahl von einer Wäscheleine. Ganz einfach. Es wäre nicht das erste Mal. Numinga grinste. Ihm fiel ein, wie er einmal ein Hemd von einer Wäscheleine geklaut und später festgestellt hatte, dass es von einer Frau stammte. Er hatte bereits die Wäscherei und die langen Wäscheleinen hinter dem Schlafquartier der Männer ausgespäht. Es war eine Sache von einer Minute. Leider musste er bei Tageslicht hinlaufen, da man abends die Kleider hereinholte, aber daran ließ sich nichts ändern. Am günstigsten schien die Mittagszeit, wenn die Männer beim Essen waren. Numinga hielt immer noch Abstand und stieg auf einen Baum, von dem aus er einer Waschfrau bei der Arbeit zusehen konnte. Gierig betrachtete er die Wäsche, die sie aufhängte, Kleidungsstücke, die für ihn so kostbar waren wie ein dicker, fetter Buschtruthahn. Numinga konnte auch nicht wissen, dass Matong einen weißen Boss verletzt hatte. Er konnte nicht wissen, dass auf allen Viehstationen im Bezirk höchste Alarmbereitschaft herrschte und man nach einem abtrünnigen Schwarzen mit Mordgelüsten Ausschau hielt. Und er konnte nicht wissen, dass während seines Rundgangs ein hungriger Dingo eben diese Mittagsstunde ausnutzen würde, um in einen Hühnerstall einzudringen und alle Tiere in Hysterie zu versetzen.
    Von allen Seiten kamen Männer herbeigelaufen, Männer mit Gewehren, die wild feuerten und ihm den Weg abschnitten. Der Dingo konnte mit einem entsetzten Jaulen entweichen, Numinga nicht. Sie prügelten und traten ihn und stießen ihn umher, bis der Boss kam und ihn unter Bewachung und ohne Wasser und Brot in einen Schuppen sperrte. Er hörte draußen das Gemurmel der Männer, die überlegten, den schwarzen Mistkerl zu hängen, doch ihr Boss, wer immer er auch sein mochte, duldete das nicht. Numinga erkannte, dass ihm noch ein wenig Zeit blieb; das gab ihm Auftrieb, und der Schwindel in seinem verletzten Kopf legte sich ein bisschen. Zwar konnte er nicht aufstehen, bemerkte aber Spalten in den Holzwänden, durch die Sonnenlicht hereindrang, und kratzte mit seinen starken Fingern neben der Wand über den Boden. Falls ihm genügend Zeit blieb, könnte er sich einen Fluchtweg graben. Doch die Zeit war gegen ihn.
    Er war verblüfft über das rasche Eintreffen der Polizei. Man zerrte ihn kurz nach der Morgendämmerung aus dem Schuppen und stieß ihn dem Boss vor die Füße. Dieser wandte sich an die beiden Polizisten: »Ich glaube, wir haben Ihren Mann gefunden.« Sie fragten nach seinem Namen, und er murmelte etwas wie Mooboola, wobei ihm noch immer Blut aus dem Mund tropfte. Sie warfen ihm vor, er habe einen weißen Mann mit seinem Speer verletzt. »Ist nicht wahr, Boss«, rief er zur Überraschung aller, die ihn für einen Schwarzen aus dem Busch gehalten hatten. »So was hab ich nie getan.« Er versuchte zu erklären, dass er nur nach Kleidung gesucht habe, doch sie lachten ihn aus. »Was willst du mit Kleidern?« »Ich bin Viehhüter, Boss. Bin nur gewandert. Ohne Hosen krieg ich keine Arbeit. Hab niemand getötet.« Die Polizisten schlugen ihn noch einmal, brüllten ihn an, und Numinga brüllte zurück, weigerte sich nachzugeben und blieb so hartnäckig bei seiner Geschichte, dass dem Boss der Station Zweifel kamen. »Vielleicht sagt er die Wahrheit.« »Von wegen. Zack sagt, ein einzelner Schwarzer hätte ihn angegriffen. Hoch gewachsen und mager wie der hier, ohne Kriegsbemalung. Kam aus dem Busch. Er ist schon der Richtige. Wir sollten ihn auf der Stelle hängen, Schluss, aus.« Doch Numinga kannte das Gesetz. »Lassen Sie das nicht zu, Boss. Die Missus Königin sagt, keine Schwarzen mehr hängen.« Er schrie: »Sie sind Boss. Müssen mich retten. Hab nichts getan.« Der Boss wirkte unschlüssig. »Ich sage Ihnen was. Setzen Sie den Kerl auf ein Pferd. Dann finden wir schnell heraus, ob er Viehhüter ist oder nicht.« »Die Hunde können nicht reiten«, sagte der jüngere Polizist, doch der andere hielt es für eine amüsante Idee. »Ja, probieren wir es, und wenn er runterfällt und sich den Hals bricht, sparen wir uns viel Ärger. Holen Sie uns eine wilde Stute, Pop.« Numinga wandte sich dankbar zum Boss der Station, einem alten Mann, der auf einen Stock gestützt ging. Er wirkte

Weitere Kostenlose Bücher