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Tal der Träume

Tal der Träume

Titel: Tal der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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von Entschuldigungen vor. Manchmal gab er Lucys schlechter Laune die Schuld, was sein Vater mit dem Vorschlag, ein ehrliches Gespräch sei die beste Lösung, abtat.
    Wir alle könnten ein ehrliches Gespräch gebrauchen, dachte Harriet, aber wer soll den Anfang machen? Einmal hatte Myles vorgeschlagen, die Leitung der Millford Station zu übernehmen, die ursprünglich den Eltern seiner Mutter gehört hatte. Sobald er sich eingelebt hatte, sollte Harriet William verlassen und zu ihm ziehen. Sie könnten im Busch ihr eigenes Leben führen.
    »Gehört Millford denn nicht deinem Vater?«, hatte ihn Harriet erinnert.
    Es hatte keinen Sinn, weiter darüber zu reden. Die Tatsache, dass Myles ohne seinen Vater mittellos dastand, war unumstößlich. Mit seinem Vater, Lucy und Pop im Rücken wäre er hingegen mehrfacher Millionär.
    Harriets Hände waren feucht. Sicher, Myles’ Liebe war grenzenlos, doch wie lange konnte sie sich gegen diese Widrigkeiten behaupten? Sie wünschte, sie könnten einfach weglaufen, nicht nach Millford, sondern nach London. In die Kälte, hin zu den Kaminfeuern und fremden Menschen, wo ihre Liebe ihnen Schutz bot.
    Sie ging niedergeschlagen zu Bett und überließ die Männer ihrem Schachspiel. Oder einem anderen Spiel, in dem sie letztendlich die Verliererin sein würde, so war ihr jedenfalls zu Mute. Aber sie liebte Myles zu sehr, um in die Zukunft zu blicken.
     
    Der Umschlag trug die Aufschrift PERSÖNLICH , daher hatte Leo ihn ungeöffnet auf Williams Schreibtisch gelegt. Sein Chef schlitzte den Brief in aller Ruhe auf, während sein Blick noch auf der Liste interessanter Pferde ruhte, die bei der bevorstehenden Jährlingsschau zu verkaufen waren. Er rechnete mit einer weiteren Einladung zu den unzähligen Feiern, die von örtlichen Geschäftsleuten am Jahresende organisiert wurden: langweilige Angelegenheiten, immer dieselben Gäste bei öden Essen mit reichlich Alkohol, die oft im Streit endeten. In diesem Jahr hatte er schon einige Einladungen abgesagt. Doch es war keine Einladung. Sein Gesicht lief rot an, als er die ersten Worte las.
    Lieber William,
     
    ich schreibe dies nur, weil ich denke, du solltest über die Angelegenheit Bescheid wissen. Ich kann es dir einfach nicht persönlich sagen, es regt mich zu sehr auf. Offen gesagt, ich glaube, dass deine Frau und dein Sohn ein Verhältnis miteinander haben. Du solltest wissen, dass auch andere Leute bereits diesen Verdacht geäußert haben. Ich denke, dies betrifft auch mich, da meine Nichte davon betroffen ist und unter dem Verhalten deines Sohnes leidet …
    Er konnte nicht weiterlesen. Traurig zerriss er den Brief und warf ihn in den Papierkorb. Dann schaute er aus dem Fenster, ohne etwas wahrzunehmen.
    »Ich weiß, Maudie, ich weiß es doch«, flüsterte er unglücklich. »Ich hatte nur gehofft, dass es niemand außer mir merkt.«
    Er wusste es schon länger. Wie hatte er sich überhaupt einen Moment lang täuschen können? Zuerst hatte er sich eingeredet, er sei ein eifersüchtiger alter Mann. Sie sollten schließlich Freunde werden, er hatte sie zusammengebracht, alles war seine Schuld. Doch was hätte er tun sollen? Nie hätte er damit gerechnet. Er liebte beide so sehr, und sie hatten ihn betrogen. Myles war von Anfang an gegen die Heirat eingestellt gewesen, vielleicht hatte er Harriet mit voller Absicht verführt. Doch er schüttelte den Kopf. Dazu gehörten immer zwei. Er war auch nicht sicher, wie weit die Affäre schon gediehen war. Flirteten sie nur, oder war es schon mehr als das?
    Tief im Herzen kannte William die Antwort. Er hatte die Zärtlichkeiten gesehen, die verstohlenen Blicke, das ganze Balztheater, das zu einer Affäre gehörte. Und er hatte begonnen, die Diener zu beobachten. Ihr Verhalten Harriet und Myles gegenüber grenzte an Feindseligkeit, die sie nur unzureichend hinter ihren lächelnden Gesichtern und dem fröhlichen Geplapper verbargen. Sie wahrten wegen ihm den Schein, aus einem Gefühl der Loyalität heraus, wie auch er den Schein wahrte, während sich der Zorn in ihm anstaute. »Verdammt!«, schrie er schließlich, froh, dass Leo das Büro verlassen hatte. »Verdammte undankbare Narren!«
    Die ganze Zeit hatte er sich unter Kontrolle gehalten, Zorn und Enttäuschung verborgen, gehofft, dass er sich irre, dass die Sache im Sande verlaufen werde, während sie ihm in Wahrheit das Herz brachen. Das war das Schlimmste daran. Lucy mochte zwar leiden, doch sie war jung und würde darüber hinwegkommen. Er

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