Tal der Träume
schon herzlose Menschen.«
William lag in seinem eigenen Bett in seinem eigenen Haus und fühlte sich dank Billy Chinns Suppe und der leichten, schmackhaften Mahlzeiten schon viel besser. Auch Billy schonte seinen Magen, aber auf weitaus fantasievollere Weise als der Koch im Krankenhaus. Hier konnte William die Pflege genießen.
Auch der Regen tat gut, der auf das Blechdach trommelte. Nicht nur er fühlte sich wohler, auch das Land da draußen erwachte zu neuem Leben.
Sibell Hamilton besuchte ihn als Erste und war erfreut, als sie ihn in seinem bequemen Lehnstuhl antraf. Sie umarmte und küsste ihren alten Freund stürmisch. »William, wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht. Ich dachte, der Schuft würde dich niemals gehen lassen, selbst wenn Boomi zu ihm zurückkehrte.«
»Es ist ja überstanden, aber wie geht es dir?«
»Gut. Im Augenblick gibt es bei uns eine Menge Aufregung. Christy Cornford hat um Lucys Hand angehalten.«
»Christy!« William war es peinlich; eigentlich hätte sein Sohn diesen Antrag machen sollen.
»Ja. Zack ist nicht sonderlich begeistert. Sie wollen auf der Station leben, und dafür ist Christy nicht gerade der ideale Mann. Ich glaube, er ahnt nicht, wie dieses Leben wirklich aussieht.«
»Er kann gut reiten. Außerdem hast du auch nicht gewusst, worauf du dich bei deiner Heirat eingelassen hast. Und damals war das Leben für Frauen weitaus härter als heute.«
Plötzlich wirkte sie bedrückt, und William erkannte, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte.
»Wie sehen deine Pläne aus?«, fragte er vorsichtig.
»Meine Pläne …«, sagte sie geistesabwesend. »Ja. Willst du Zack nach wie vor verlassen?«
»Sag das bitte nicht, William, es geht nicht um Zack. Ich kann dieses Leben einfach nicht mehr ertragen, ich habe die ganzen Krisen satt. Sie nehmen kein Ende. Zuerst wird Zack überfallen und schwer verwundet, dann entführen dich Schwarze und töten dich um ein Haar …«
»Ach, Sibell, so etwas kommt doch selten vor.«
»Genau das hat Zack auch bei der Mäuseplage gesagt, bei den Dürrekatastrophen, den Unfällen, bei denen Leute ertranken, den tückischen Augenkrankheiten. Hör zu, ich bin seine Tagebücher für die Station durchgegangen und habe die Krisen nur eines einzigen Jahres aufgelistet … Tod und Verderben und dieses unerträgliche Klima …«
»Stellst du auch Listen der guten Dinge auf?«
»Jetzt fang nicht an zu predigen. Ich habe meine Entscheidung getroffen und dachte, wenigstens du würdest mich verstehen. Immerhin bist du nicht mit Harriet in den Busch gezogen. Ich war erst neunzehn, als ich Zack heiratete, und ebenfalls gerade erst aus Perth angekommen. Frisch aus England, um genau zu sein. Aber ich habe es in Kauf genommen …«
»Weil du Zack liebtest und dieses Leben genossen hast, so hart es auch sein mochte.«
»Ich bestreite nicht, dass ich das einmal gesagt habe, aber es ist vorbei. Ich habe es satt. Alles, was ich mir wünsche, ist ein angenehmeres Leben. Ich will kein Vieh mehr sehen und keine Klagen mehr darüber hören, so lange ich lebe.«
»Und was ist mit Zack?«
»Er bleibt natürlich. Black Wattle bedeutet ihm alles.«
»Tut mir Leid, das zu hören.«
»Nun, um auf etwas anderes zu kommen: Zack hat im Moment noch weitere Probleme. Dieser schreckliche Walters verlangt, dass man ihn wegen Boomis Entführung vor Gericht stellt. Eigentlich war ich genauso daran beteiligt wie er, doch das scheint niemanden zu interessieren.«
»Was meint Cavendish dazu?«
»Er würde die ganze Sache lieber ad acta legen, da deine Rettung von größter Dringlichkeit war, aber Walters hängt an ihm wie eine Klette und hat an unseren geliebten Residenten nach Adelaide telegrafiert.«
»Und hat er Mollards Unterstützung?«
»Natürlich. Du bist nicht gerade Mollards bester Freund.«
»Verdammt. Und wie lautet die Anklage?«
»Wohl auf Behinderung der polizeilichen Ermittlungen.«
»Können wir den Reverend nicht mit Geld ruhig stellen? Sag ihm, ich hätte meine Meinung wegen des Kirchenbaus nebenan geändert.«
»Das dürfte keinen Sinn mehr haben. Es wird keine Kirche geben, sein Bischof hat Walters angewiesen, den Kauf rückgängig zu machen.«
»So ein verdammtes Pech! Bitte, bleib doch zum Essen.«
»Gern.«
Sibell war dankbar für die Einladung. Noch immer hatten sie weder Harriet noch Myles erwähnt. Sie musste William dazu bringen, mit ihr über dieses Thema zu sprechen, denn sie schien die Einzige zu sein, der er sich
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