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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zynaker ergriff sie wieder, ihre Sehnsucht nach seinen Händen, seinen Lippen, seinen Worten. »Es gibt so etwas. Aber es ist selten, so selten.« Sie warf den Kopf hoch und sah ihn voll an. »Pepau, ich kann dir keinen Rat geben, du mußt allein da durch. Es wird ein verdammt steiniger Weg sein.«
    »Unsere Liebe wird ihn schaffen.« Er holte tief Atem und blickte zu dem abendgrauen Himmel hinauf. »Sie lieben Donald doch auch …«
    »Was sagst du da?« Sie fuhr herum, als habe man sie geschlagen. »Wie kannst du so etwas behaupten?«
    »Wenn die anderen blind sind, Pater Lucius und ich wissen es.«
    »Ihr wißt gar nichts!«
    »Vor drei Tagen – Sie hatten Nachtwache bei Sapa – kam ich gegen zwei Uhr morgens ins Haus, um Sie abzulösen. Sie lagen auf den Matten und schliefen fest.«
    »Pepau, das bleibt unter uns, nicht wahr?«
    Er nickte und fuhr fort: »Sie schliefen nicht nur fest, Sie träumten auch. Und Sie sprachen im Traum. Ganz deutlich. Sie sagten: ›Wie ruhig bin ich in deinen Armen!‹«
    »Das ist nicht wahr!«
    »Und Sie sagten weiter: ›Mein Schatz, ich habe noch nie so geliebt …‹«
    Ihre Worte … Jedes einzelne kannte sie, sagte es immer wieder, lebte mit ihnen, als seien sie ein Teil ihrer Seele. »Ein Alptraum!« sagte sie mit harter Stimme. »Pepau, das war ein Alptraum.«
    »Ich hätte es geglaubt, wenn nicht der Name Donald gefallen wäre.«
    »Ich habe niemals ›Donald‹ gesagt!«
    »Doch. Sie sagten: ›Donald, mein Liebling …‹ Und das ganz klar.«
    Leonora schwieg und ging dann weiter.
    Schmitz blieb an ihrer Seite. »Natürlich ist Zynaker kein Kannibale«, sagte er. »Er ist in einer anderen Zeit geboren, aber er ist ein Mensch wie Lakta. Sie wird nie wieder Menschenfleisch essen.«
    »Das glaubst du?«
    »Ich weiß es. Sie hat doch nichts anderes gekannt, sie ist aufgewachsen damit. Wir schlachten auch Kühe, Kälber und Schweine, schießen Rehe und Hirsche, fangen Fische und schmeißen die Hummer lebend ins kochende Wasser, damit sie schön rot werden. Lebend ins kochende Wasser! Sind wir besser als Kannibalen? Töten wir nicht milliardenfach, um zu leben? Wir schlürfen das zuckende Fleisch der Austern und nennen es Genuß! Wir sieden Schnecken und reißen den Fröschen die Schenkel aus! Wir essen, was nur eßbar ist, und der Unterschied ist der, daß die Uma ihre Speisenkarte um Menschenwaden und Schulterbraten erweitert haben – eben weil das eßbar ist. Wer hat sie unsere Moralbegriffe gelehrt? Wer hat ihnen gesagt: ›Ihr dürft alles essen, vom süßen Ferkelchen bis zum niedlichen Lämmchen, nur einander dürft ihr nicht essen‹? In ein paar Wochen werden sie es hören, wenn Pater Lucius es ihnen predigt. Und sie werden staunen, wenn man ihnen sagt: ›Ihr dürft kein Geschöpf Gottes essen!‹ Sind ein Reh oder ein Fasan nicht Geschöpfe Gottes? Weil sie mich liebt, wird Lakta die erste sein, die von Pater Lucius bekehrt und getauft wird. Nur eine Frage dazu: Ist sie dadurch ein anderer Mensch geworden? Nur durch ›Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes‹ und ein bißchen Wasserspritzen? Sie hat die gleiche Haut, den gleichen Körper, die gleichen Lippen, die gleiche Liebe, das gleiche Herz.«
    »Bist du fertig, Pepau?« fragte Leonora.
    Schmitz holte tief Luft. Er hatte sich in Erregung geredet. »Für heute ja.«
    »Willst du es den anderen sagen?«
    »Noch nicht.«
    »Also doch Hemmungen?« Sie lächelte ihn an. »Ich habe es dir gesagt: Es wird ein steiniger Weg. Aber du schaffst es.«
    »Bestimmt. Helfen Sie mir dabei, Chefin?«
    »So gut ich kann, Pepau.«
    Das alles lag nun wochenlang zurück.
    Pater Lucius hatte seine Kirche mit einem Gottesdienst eingeweiht, bei dem die Weißen allein waren mit Ausnahme von Dai Puino, der voller Neugier, in seinem Flugzeugsessel sitzend, den zwei seiner Söhne ihm überallhin nachtragen mußten, zusah, wie der Pater vor einem Kreuz betete, wie er Hostie und Wein weihte und Samuel, im Lendenschurz der Uma, das Weihrauchkesselchen schwenkte und mit einem silbernen, hellklingenden Glöckchen bimmelte. Die Predigt, die Pater Lucius unter dem Motto ›Herr, Deine Güte währet ewiglich‹ hielt, war kurz und bedeutungsvoll. Er sagte: »Herr, sieh hernieder auf Dein neues Haus, gebaut und geweiht im noch unerforschten Land. Blicke gütig auf uns herab, denn bald werden hier vor Dir Menschenkinder knien, die nicht wußten, daß es Dich gibt, und die nun voll Glauben an Deine Liebe ihre Seelen

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