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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ohren. Sie zitterte wie in einem Krampf, preßte die Lider zusammen und wurde steif wie eine Puppe. Schmitz setzte die Membrane auf Sapas Herz und sah Lakta an. Erst zuckte es über ihr Gesicht, dann riß sie die Augen auf, beugte sich über ihre Mutter und begriff plötzlich, daß sie durch das Teufelsgerät den Herzschlag ihrer Mutter hörte. Ganz deutlich, wie ein dumpfes, rhythmisches Trommeln. Sie hob die Membrane ab. Stille. Sie drückte sie wieder auf das Herz. Das Klopfen des Lebens. So ungeheuerlich war das für sie, daß sie den Oberkörper im Takt des Herzschlags hin und her wiegte. Dann zog ein seliges Lächeln über ihr ganzes Gesicht, sie sagte zu Schmitz einige schnelle Worte, drückte die Membrane an ihre linke Brust, riß die Schläuche aus ihren Ohren und hielt sie Schmitz hin. Ich auch, hieß das. Ich auch. Hör mein Herz an …
    Schmitz steckte die Schläuche in die Ohren, aber dann zögerte er. Er preßte die Lippen zusammen und spürte, wie es plötzlich heiß durch seine Adern zog. Jetzt bist du ein Arzt, sagte er zu sich, du Vollidiot, nichts anderes als Arzt. Denk, in deiner Praxis sitzt dir ein farbiges Mädchen gegenüber, der du das Herz abhorchen mußt. Eine Patientin, sonst nichts. Und wenn sie noch so schöne Brüste hat – es sind die Brüste einer Patientin. Spielst du dann immer verrückt? Dann such dir einen anderen Beruf aus, aber lauf davon, so schnell du kannst, gib den Arztberuf auf, dem du nicht gewachsen bist.
    Schmitz beugte sich vor und korrigierte den Sitz der Membrane. Dabei mußte er Laktas linke Brust etwas anheben. Wie ein Schlag fuhr es durch ihn, als er Lakta berührte, seine Hand unter ihre Brust schob und ihre leichte Schwere spürte. Er hörte, wie Laktas Herz schlug. Schnell, sehr schnell, ein dauerndes rasendes Hämmern. Ein Gewitter von Schlägen, ein Niederprasseln aus stürmischer Hingabesehnsucht. Ein klopfendes Rauschen, das in seinem Herzen widerklang.
    Schmitz setzte das Stethoskop ab und ließ Laktas Brust los. In ihren Augen lag ein Fieberglanz, der ihm den Atem nahm.
    Sie nahm ihm das Stethoskop aus der Hand, knöpfte sein Hemd auf, drückte die Membrane an sein Herz und steckte sich die Schläuche in die Ohren. Mit geschlossenen Augen hörte sie seinen wilden Herzschlag, begann sich wieder im Takt zu wiegen, aber jetzt war es kein Schwingen mehr wie bei ihrer Mutter, sondern mehr ein ruckartiges Zucken, schneller und immer schneller.
    »Ja, das ist mein Herz, Lakta«, sagte er und war jetzt froh, daß sie seine Sprache nicht verstand. »Ja, so schlägt es, wenn ich dich ansehe, wenn ich dich berühre, wenn ich dir sagen möchte: ›Ich liebe dich.‹ Jeder Schlag ist ein Ruf: ›Komm zu mir, komm, laß mich dich fühlen …‹ Lakta, ich bin verrückt.«
    Als sich sein Herz wieder beruhigte und in einen normalen Schlag überging, öffnete Lakta die Augen, nahm die Membrane von seiner Brust und tastete mit ihr über sein Gesicht. Sie drückte das Stethoskop auf seinen Mund, und er küßte es. Der fremde Laut ließ sie zusammenschrecken, und sie starrte ihn verwundert an.
    »Ich liebe dich, Lakta«, flüsterte er. »O Gott, wie liebe ich dich …« Sie verstand es natürlich nicht, aber sie fühlte, daß er etwas Zärtliches sagte, etwas Schönes, etwas, was nur für sie bestimmt war. Sie riß den Hörbügel aus ihren Ohren, warf Schmitz das Stethoskop zu, schnellte aus den Knien hoch und lief aus dem Haus.
    Auch sie hat Menschenfleisch gegessen, durchfuhr es ihn. Ich liebe eine Kannibalin – wäre das nicht ein Grund, verrückt zu werden?
    Diese Stunde behielt Schmitz für sich, vergrub sie tief in seinem Herzen und erzählte auch Leonora nichts davon. Ein Mensch kann sich in die Geheimnisse seiner Liebe einhüllen wie in einen wärmenden Mantel – es ist die Geborgenheit des Glücks, die man nur teilen kann mit dem einzigen Menschen, den man liebt.
    So saß denn Schmitz jetzt auf einem Baumstamm am Rande des kleinen Bergbaches und dachte an Lakta, gefangen in der Erkenntnis, daß diese Liebe sinnlos war und unglücklich enden würde. Auch wenn er sich gegen diese bittere Wahrheit sträubte, wenn sein Gefühl ihn überwältigte, sagte ihm doch sein Verstand, daß zwei Welten nicht zusammenzufügen waren, ohne daß eine von ihnen zerbrach. Es genügte nicht, einfach nur ein Mensch zu sein, so wie ein Vogel ein Vogel ist oder ein Hund ein Hund. Ein Mensch ist komplizierter, er trägt so viel mit sich herum.
    Lakta, warum mußte ich dich sehen? Das

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