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Talivan (German Edition)

Talivan (German Edition)

Titel: Talivan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Tillmanns
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… Sorkan, es ist mir nichts geschehen! Sie kann es nicht sein!“ Er starrte den Zauberer hilflos an.
    „Aber, mein lieber Egodow“, säuselte dieser hämisch, „hast du etwa wirklich das Märchen geglaubt, das ich dir au f getischt habe? Wer um alles in der Welt sollte denn schon ein Interesse daran gehabt haben, ausgerechnet dich zu verfl u chen, der du doch immer so wahnsinnig nett zu deinen Mitmenschen warst? Da wirst du wohl etwas falsch ve r standen haben. Nein, ich war derjenige, dem der Fluch galt; ich wurde gewarnt, deine Frau würde ein Balg mit den gleichen merkwürdigen Fähigkeiten gebären, und z u sammen hätten sie die Macht, mich zu töten, und würden es auch tun – und dennoch hast du, ohne zu zögern, deine s ü ße kleine Tochter ausgesetzt …“
    Der Mann schien einer Ohnmacht nahe, als er zu verstehen begann, wie ihn der Zauberer betrogen hatte. Das Schwert entglitt seinen Händen und fiel zu Boden, ohne dass er es merkte.
    „Aber warum?“, stammelte er, „Warum hast du uns das a n getan? Und ich habe dir wirklich geglaubt, dass du uns he l fen wolltest!“
    Sinja hatte sich schneller beruhigt. Ihre rechte Hand b e rührte das Messer unter ihrem Wams und sie stürzte sich voll blinder Wut mit gezückter Klinge auf den Zauberer. Er fe g te sie mit einer lässigen Handbewegung zu Boden, das Messer entglitt ihr.
    „Oho“, grinste er mit gespielter Bewunderung, „es scheint ja wirklich zu stimmen, was ich von dir hörte, dass die Magie dir nicht viel antun kann! Aber das wird nicht au s reichen, um mich zu töten, dazu bräuchte es schon zwei von deiner Art, und die zweite – nun ja, sagen wir, sie war ei n mal deine Mutter, aber du würdest sie heute wohl nicht mehr wiede r erkennen. Außerdem könnte auch sie dir nicht mehr helfen. Ich fürchte, ich sehe mich gezwungen, euch eine kleine Lektion zu erteilen, die ihr zeit eures Lebens nicht mehr ve r gessen werdet – was, zugegeben, nicht sehr viel heißt …“
    Egodow sank auf seine Knie, wohl um den Zauberer um Gnade zu bitten, vielleicht auch aus Schwäche. Sinja wusste, dass sie sein Schwert nicht mehr rechtzeitig e r reichen konnte, außerdem würde sie auch mit einer anderen Waffe nichts gegen den Zauberer ausrichten können. Und plöt z lich begriff sie, was der Magier eben gesagt hatte. Sie hörte sich selber verzweifelt „Talivan!“ schreien, sah die Waffe durch die Luft geradewegs in ihre Hand fliegen, sprang vor und durchbohrte den Leib des in ohnmächtigem Schreck erstarrten Zauberers, dessen verzweifelte Sprüche und Ge s ten keinerlei Wirkung mehr zeigten und dessen Miene noch im Tod von seiner Angst kündete. Schnell zog sie die Kli n ge aus dem Leichnam, legte sie behutsam zu Boden und wandte sich ihrem Vater zu, der noch immer bleich und verstört auf dem Boden kniete.
    Als sie ihn beruhigend in den Arm nehmen wollte, weiteten sich Egodows Augen plötzlich, er stand, wie in Trance, auf und ging zu Talivan hinüber. Mit Sorkans Tod hatte auch seine Magie ihre Wirkung verloren. Auf dem Boden lag e i ne nackte Frau, wohl ein wenig jünger als Egodow, die sich mühsam zu erheben versuchte. Sinja holte sofort eine D e cke, und gemeinsam brachten sie Talivan, die sich kaum auf den Beinen halten konnte, in ihr Bett.
    Vater und Tochter saßen in dieser Nacht noch lange am Bett ihrer Ehefrau und Mutter. Als auch Sinja sich schlie ß lich zur Ruhe legen wollte, gab sie Egodow nach kurzem Zögern einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Sein za g haftes Lächeln war Belohnung genug für die lange Reise.
     
     
     
    Schwestern
     
    Sie kam herein mit dem Wind, der sich seinen Weg durch die nun geöffnete Tür des Gasthauses bahnte und an den Haaren der Frauen und wenigen Männer zerrte, die über Wein oder Wasser still berieten. Sie nahm an der Theke Platz, überhörte das Schweigen der anderen, schon g e wohnt an die ihr zugedachte Rolle, die der Auße n stehenden, Gemiedenen, nicht nur au f grund ihrer eher maskulinen Art und der in langen Jahren des Reisens en t standenen Mauer, die sie fast sichtbar von der Welt a b schirmte.
    Nicht nur deshalb. Nicht aus diesen Gründen hatte sie ihr Heimatdorf verlassen. Als der Wirt nach ihren Wü n schen fragte, deutete sie stumm auf das staubige Bierfässchen. Er sah sie verwundert an, bevor er kop f schüttelnd ein Glas mit dem braunen Getränk füllte. Sie hatte nicht vor, sich zu b e trinken, wusste sie doch nur zu gut, wie es Frauen ihrer Art an unbekannten Orten zu ergehen

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