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Talk Talk

Talk Talk

Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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gegrillten Käse mit Pommes und einen Salat mit einem Klecks sehr altem Dressing) hatten sie nicht mal gehalten, um eine Cola zu kaufen, sondern waren gefahren und gefahren, um es endlich hinter sich zu haben, als wäre diese Reise ein Titelkampf, als taumelten sie angeschlagen durch den Ring und warteten auf den erlösenden Gong am Ende der fünfzehnten Runde. Bridger hörte sich sagen: »Ja, stimmt, aber machen Sie sich keine Umstände.«
    »Ach was, Umstände«, sagte sie und griff nach dem Telefon auf dem Tischchen neben dem Sofa. »Ich rufe einfach bei Aldo an und laß was raufbringen. Sie essen doch Fleisch, oder?« fragte sie Bridger, wandte sich aber, ohne eine Antwort abzuwarten, an Dana. »Ist Osso buco in Ordnung? Das hat dir immer so gut geschmeckt.«
    Dana gab keine Antwort – sie sah nicht mal auf.
    »Und Suppe. Will jemand Suppe? Sie haben eine gute Pavese. Wollen Sie Suppe, Bridger? Salat? Irgendeine Vorspeise? Crostini vielleicht oder Calamari?«
    Sie aßen von schweren Porzellantellern, die sie auf den Knien balancierten, und tranken dazu einen Wein, den Danas Mutter als »sehr anständigen Bardolino« bezeichnete. Danach machte Dana sich daran, das Geschirr in die Küche zu bringen und abzuspülen. Bridger hatte, in einem halbherzigen Versuch, ihr zu helfen, gebärdet: Laß mich das machen , doch Dana ignorierte ihn, und ihre Mutter rief: »Nein, nein, Sie bleiben schön da sitzen – ich will mit Ihnen reden.« Und mit kokettem Gesichtsausdruck fügte sie hinzu: »Damit wir uns besser kennenlernen. Einverstanden? Sie haben doch nichts dagegen? Daß wir uns besser kennenlernen, meine ich?« Sie stand auf und schenkte ihm nach. »Und trinken Sie noch etwas Wein. Der tut Ihnen gut. Ist gut fürs Herz.«
    Als erstes machte sie ihn mit den entmutigenden Statistiken vertraut: Er wußte doch sicher, daß neunzig Prozent der Gehörlosen einen Partner unter ihresgleichen fanden und daß von den anderen zehn Prozent der Ehen neunzig Prozent mit einer Scheidung endeten?
    »Ja«, sagte er, lehnte sich im Sessel zurück und trank einen Schluck Wein, »das war so ungefähr das erste, was Dana zu mir gesagt hat, nachdem wir uns kennengelernt haben. Als wir wir angefangen haben, miteinander auszugehen, meine ich.«
    »Das sind keine schönen Zahlen.«
    »Nein.« Er hatte bereits zuviel getrunken. Der Bardolino war ihm in die Beine gefahren, und er fühlte sich von der Hüfte abwärts wie gelähmt. Nicht daß ihm unbehaglich zumute gewesen wäre – jetzt nicht mehr. Oder jedenfalls nicht besonders. Es begann ihm hier zu gefallen – auch Danas Mutter begann ihm zu gefallen. Das Essen war gut, wenn nicht hervorragend gewesen, noch heiß, als sie eine Portion nach der anderen geschickt aus der Styroporverpackung auf die Teller hatte gleiten lassen, und der Wein flüsterte ihm seine Geheimnisse zu und ließ die Strapazen der Reise verblassen.
    Danas Mutter beugte sich vor, beide Ellbogen auf die Knie gestützt. »Dann sind Sie also keiner von denen, die sich leicht abschrecken lassen – und Sie lieben sie. Sie lieben meine Tochter. Oder irre ich mich?«
    Er spürte den Wein durch den Körper in sein Gesicht steigen, das plötzlich ganz heiß war, in seine Stirn, die in Flammen stand. »Ja«, sagte er, »ich meine, nein, Sie irren sich nicht«, und er hob das Glas zum Mund und trank es aus.
    »Denn«, fuhr sie fort, als hätte sie ihn nicht gehört, »so schön und selbständig und intelligent sie auch ist – und ich hoffe, Ihnen ist klar, daß sie tatsächlich hochintelligent ist –, es gibt doch immer Probleme, kleine Frustrationen, die sich addieren, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Ihre Augen hatten die gleiche Form wie Danas, sie waren eher rund als oval und hatten diesen warmen Farbton, irgendwo zwischen braun und golden. Als er ihren Blick erwiderte, stand Dana so deutlich vor ihm, als hätte er sie soeben auf seinem Bildschirm erschaffen. Von irgendwo unten hörte man das entfernte Blöken einer Sirene. »Sie kann sehr dickköpfig sein«, sagte sie.
    Zur Küche mußte man durch zwei Zimmer und den ganzen Flur gehen, und von dort hinten ertönten dumpfe, klappernde Geräusche, ein unvermitteltes Klirren und ein Fluch. »Was?« sagte er abgelenkt. Und betrunken. Betrunken war er auf jeden Fall.
    »Sie kann sehr dickköpfig sein. Aber das wissen Sie ja schon.«
    Er zuckte die Schultern. Es war weder der rechte Ort noch der rechte Zeitpunkt für irgendwelche Kritik.
    Vera – sollte er sie wirklich Vera

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