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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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Tote gegeben!«
    »Es reicht auch so«, sagte Claudi unter Tränen.
    Wie zur Bestätigung beendete die Kanzlerin ihre Ansprache, und der Nachrichtensprecher verlas eine vorläufige Opferbilanz. Weitere Tote außer der jungen Türkin und Kobner gab es nicht, aber es waren mehr als zweihundert Menschen verletzt in Kliniken eingewiesen worden, und davon waren einige in kritischem Zustand. Die Sachschäden wurden auf über hundert Millionen Euro geschätzt. Am schlimmsten hatte es das Rathaus getroffen, das an mehreren Stellen in Brand gesteckt worden war. Der Kulturreferent der Stadt lag im künstlichen Koma, und es war fraglich, ob er je wieder auf die Beine kommen würde.
    Schließlich mochte Torsten keine Einzelheiten mehr hören, und er schaltete den Fernsehapparat aus.
    »Ich muss zum Klo«, sagte Jürgen.
    »Die Tür rechts im Flur«, erklärte Torsten und wandte sich dann an Claudi, die haltlos vor sich hinschluchzte.
    »Komm, Mädchen, es ist ja gut.«
    »Nichts ist gut!« Claudi schlug die Hände vors Gesicht und weinte noch lauter.
    Jürgen stand bereits in der Tür, wandte sich aber noch einmal um. »Was willst du? Wir sind doch gut davongekommen. Es hätte auch anders ausgehen können.«
    »Ich bin an allem schuld!«, heulte das Mädchen. »Wenn ich nicht gewesen wäre, würde die Türkin noch leben und es wäre nichts passiert.«

    Ihr Freund tippte sich an die Stirn. »Du hast doch nicht geschossen!«
    »Das nicht, aber ich habe den Schützen angerempelt, sonst hätte er die Frau nicht getroffen.«
    »Dafür aber Torsten! Ich muss sagen, da ist es mir schon lieber, eine Schwarzkopffrau geht drauf als einer von uns.«
    »Du wolltest doch zur Toilette gehen, Jürgen!« Torsten hatte seine eigene Meinung über die Sache, behielt diese aber für sich. Jetzt war es erst einmal wichtig, Claudi zu beruhigen. Er setzte sich neben sie auf die Couch und legte den Arm um sie.
    »Du darfst dich nicht so fertigmachen, Mädchen. Wäre es nicht da passiert, hätten Feilings Bluthunde an anderer Stelle zugeschlagen. Oder glaubst du, dieser Möchtegernführer hat seine Rabauken nur nach München gerufen, um friedlich zu demonstrieren?«
    Claudi schniefte und sah ihn dann mit großen Augen an. »Meinst du das wirklich?«
    »Ich kenne die Kerle! Sie hätten auf jeden Fall Stunk gemacht. Vielleicht war es sogar besser, wie es jetzt gelaufen ist, denn so wurden die Menschen wachgerüttelt.«
    »Dann wäre wenigstens etwas gewonnen.« Claudis Stimme klang dünn, doch es hörte sich so an, als wäre sie von dem Virus der Rechtslastigkeit geheilt. Jürgen hingegen schien noch an seiner alten Gesinnung zu hängen. Torsten hörte die Toilettenspülung rauschen und überlegte, was er dem Burschen sagen sollte, als Claudi den Fernseher wieder einschaltete.
    Ein größeres Rudel von Journalisten interviewte gerade einige Organisatoren des islamischen Protests. Diese bemühten sich verzweifelt, die Anklagen, die ihnen aus jeder Reporterfrage entgegenprasselten, zu widerlegen, und schoben die Schuld an den Ausschreitungen nicht allein auf den
Mord an Fadile Sözer, sondern auch auf die vielen Provokationen durch die Neonazis.
    »Aber das entschuldigt nicht, dass ein japanisches Touristenpaar von euren Leuten krankenhausreif geschlagen worden ist!«, trumpfte ein Reporter auf.
    »Wäre es der Polizei nicht unter Aufbietung aller Kräfte gelungen, den Hauptbahnhof abzuriegeln, hätte es dort zu einer Massenpanik und vielen weiteren Opfern kommen können«, setzte ein anderer Journalist hinzu.
    Torsten hörte eine Weile zu, dann wandte er sich angewidert ab. »Nach dem wahren Schuldigen, nämlich nach Rudi Feiling, fragt keiner.«
    »Hältst du das vielleicht für gut, was die Schwarzköpfe heute gemacht haben?«, fragte Jürgen bissig, der eben von der Toilette zurückkam.
    »Sehe ich so aus? Jeder vernünftige Mensch hätte sich ausrechnen können, dass es nicht bei einem friedlichen Protest bleiben würde. Der Oberbürgermeister war ein Idiot, diese Aktion auf dem Marienplatz zu genehmigen. Man hätte den islamischen Verbänden ein geeignetes Gelände im freien Feld zur Verfügung stellen sollen. Dort hätte die Polizei ihnen das braune Gesindel vom Hals halten können.«
    Claudi sah ihn neugierig an. »Warum bist du so hinter den Neonazis her?«
    »Ich habe einen Menschen erschossen und einige andere verletzt, um einen von Feilings engsten Vertrauten zu retten. «
    »War das hier in Deutschland?«, fragte Jürgen.
    Torsten schüttelte

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